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Frauen al dente. (German Edition)

Frauen al dente. (German Edition)

Titel: Frauen al dente. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marte Cormann
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Verantwortung bedeutet. Du mit deinen Karriereplänen bist einem Kind überhaupt nicht gewachsen. Genieß dein Leben. So gut wie du hab' ich es nie gehabt.« Soweit der Kommentar der eigenen Mutter.
    Was blieb dem hinzuzufügen? Jedenfalls auf keinen Fall, daß Marlen seit dem Wochenende Mutter einer dreimonatigen Tochter war und verzweifelt nach einer Tagesmutter oder ähnlichem suchte.
    »Rufst du noch mal an, bevor du fliegst?« fragte Marlen mit belegter Zunge. Dieser verflixte Kloß in ihrem Hals wollte einfach nicht rutschen. War das Panik, nackte Verzweiflung oder überwältigendes Selbstmitleid?
    Erst als sie aufgelegt hatte, bemerkte sie die feuchte Kragenspur. Unbemerkt hatte Lisa ihr auf den Jil-Sander-Blazer gespuckt, eins der wenigen wirklich teuren Kleidungsstücke, die sie besaß. »Was hab' ich bloß verbrochen?« murmelte sie verzweifelt.
    »Ich weiß nicht, was du verbrochen hast, aber wenn ich einen Vorschlag machen darf…?« Tanja hatte natürlich gelauscht. Mit vollem Recht, wie sie glaubte. Immerhin war sie es gewesen, die Lisa stundenlang durch die Redaktion geschuckelt hatte.
    »Meine Cousine Karin hat vor kurzem ihr Abi gebaut.
    Jetzt sucht sie dringend noch 'n Job bis zum Beginn des nächsten Sommersemesters. Ich hab' schon mit ihr telefoniert. Rein vorsorglich, versteht sich. Wenn du Lust hast, kommt sie morgen gegen neun bei dir vorbei, und versucht es. Was hältst du davon?«
    Marlen schwankte zwischen Hoffnung und schlimmsten Befürchtungen. »Hat sie Erfahrung, ich meine, kennt sie sich mit Babys aus?« erkundigte sie sich mißtrauisch.
    Tanja grinste breit. »Besser als wir beide zusammen. Sie hat schon auf ihre drei Geschwister aufgepaßt. Die bringt so rasch nichts aus der Ruhe.«
    »Morgen um neun, also gut.« Endlich Land in Sicht. Marlen hoffte inständig, daß Karin die Lösung ihrer Probleme bedeutete. Hauptsache, sie versorgte Lisa gut. Alles andere würde sich finden. Wer glaubte heutzutage noch an Mary Poppins?
    Abermals laut aufseufzend, bettete Marlen Lisa in die Tragetasche. Feierabend, auch wenn ihr Schreibtisch sie Lügen strafte.
    »Na, Frau Sommer, wie hat es Ihrer Kleinen heute in der Redaktion gefallen?« Rabuske an der Pforte, neugierig wie immer.
    »Großartig, Herr Rabuske, ganz großartig. Sie saugt den Journalismus mit der Muttermilch auf. Wird sicherlich einmal ein ganz großes Tier bei der Zeitung.« Bei Rabuske verlegte Marlen sich regelmäßig aufs Hachsen.
    »Freut mich zu hören, daß Sie für uns den Nachwuchs heranziehen. Wollen Sie mich der Kleinen nicht vorstellen?« Nein, eigentlich nicht, viel lieber wäre Marlen jetzt sofort im Erdboden versunken. Die Weigold und neben ihr Peer Sanders. Ihr blieb aber auch wirklich nichts erspart.
    »Aber gerne, Frau Weigold. Das ist Lisa, sie wohnt vorübergehend bei mir.« Marlen setzte ihr verbindlichstes Lächeln auf, abwechselnd wurde ihr heiß und kalt.
    »Sie wohnt vorübergehend bei Ihnen? Darf ich fragen – rein privat – wie lange sie bei Ihnen wohnen wird?« Die Augen der Weigold sprühten Eiskristalle.
    Marlens Zunge gefror am Gaumen. Ein Königreich für eine gute Ausrede. Erst letzte Woche hatte sie der Weigold hoch und heilig und dazu noch ungefragt versichert, daß Kinder für sie so ziemlich das Allerletzte waren, was sie sich fürs Leben wünschte. Prompt wurde sie mit bäuerchenverschmiertem Jil-Sander-Blazer und einer zahnlos grinsenden Lisa der Lüge überführt. Ein Hoch auf ihre Glaubwürdigkeit.
    Ach was, raus mit der Wahrheit. »Sie werden nicht glauben, was mir passiert ist…« Was für ein blöder Beginn. »Ich habe das Baby geerbt …« Die Fortsetzung klang auch nicht viel besser.
    Der Gesichtsausdruck der Weigold sprach Bände. Sie schätzte es nicht, veralbert zu werden, schon gar nicht von einer Mitarbeiterin.
    »Ersparen Sie uns weitere Einzelheiten, im Augenblick sind wir in Eile. Doch wir werden mit Sicherheit bald Gelegenheit haben, uns noch einmal eingehender über das Thema zu unterhalten.« Sie bedachte Marlen mit einem knappen Kopfnicken und rauschte hinaus.
    Peer Sanders, der dem Gespräch bisher nur schweigend gefolgt war, reichte Marlen die Hand. »Wenn ich die Lage richtig beurteile, brauche ich in Ihrem Fall etwas mehr Zeit, um Sie kennenzulernen. Sie scheinen für einige Überraschungen gut zu sein. Bis demnächst also!« Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr und dann zum Ausgang. Es wäre unhöflich, die Weigold lange warten zu lassen. »Kann ich Sie irgendwo

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