Frauen al dente. (German Edition)
wenigsten haben kann. Nach reiflicher Überlegung sah Hella nur eine einzige Möglichkeit, eine Familie zu gründen und trotzdem ihr Leben zu retten.
Und über diese Möglichkeit würde sie heute Abend mit Marlen sprechen.
Gegen fünf Uhr nachmittags lieferte Barbara sich einen erbitterten Kampf mit Frau Jungblut, der Sekretärin des Staatssekretärs, die sich weigerte, sie ohne Termin ins Allerheiligste vorzulassen.
»Legen Sie die Rede für den Radfahrertag dem Persönlichen Referenten auf den Tisch, der leitet sie dann weiter. Wie immer. Sie kennen das Verfahren doch, Frau Koch!« Die Sekretärin maß Barbara mit einem zutiefst ungehaltenen Blick.
Barbara wäre nichts anderes übrig geblieben, als nachzugeben, doch dank einer glücklichen Fügung erschien in diesem Augenblick Staatssekretär Maiersdorf mit offenem Mantel, ausgehbereit, ein Diktatband in der Hand.
»Das brauche ich morgen früh als erstes auf meinem Tisch. Sonst noch etwas Wichtiges?« Er wandte sich ausschließlich an Frau Jungblut. Barbara, deren Herz vor Aufregung heftig flatterte, nahm er mit keinem Blick wahr.
»Nein, nichts. Bloß Frau Koch. Es gibt ein Problem mit der Rede für den Radfahrertag.« Unverschämtheit, die Arroganz der Jungblut. Es war an der Zeit, sich bemerkbar zu machen.
»Ich würde gerne einige Punkte persönlich mit Ihnen besprechen, wenn Sie erlauben. Es dauert nur ein paar Minuten.« Barbara spürte, wie ihr unter Maierdorfs Blick heiß wurde. Mit einem Schlag fühlte sie sich geradezu tollkühn, die Jungblut würde es wahrscheinlich eher als dummdreist bezeichnen. Was hatte sie sich bloß eingebildet? Erwartete sie etwa im Ernst, daß er vor allerWelt freudestrahlend kundtat: Seht her, das ist das Mädel, mit dem ich irgendwann einmal eine Nacht verbracht habe?
Kurz und knubbelig, doch breitbeinig wie ein Feldherr vor der Entscheidungsschlacht, baute er sich vor ihr auf. Sie überragte ihn um Haupteslänge und instinktiv ging sie unmerklich in die Knie. Zwischen zusammengekniffenen Lidern warf er ihr einen prüfenden Blick zu. Ein kaum merkliches Aufblitzen in seinen Augen verriet ihr, daß er sie zumindest erkannte.
»Im Augenblick fehlt mir die Zeit. Aber wenn es sich um Details zum Termin selbst handelt, können wir uns auf der Fahrt dorthin darüber unterhalten. Frau Jungblut, bitte notieren Sie, daß Frau Koch mich begleiten wird.« Er geruhte nicht, Barbara vorher zu fragen.
»Aber der Termin ist am Samstag«, protestierte Frau Jungblut im Bestreben, ihren Chef vor schlechtem Einfluß zu bewahren. Und instinktiv rechnete sie die im schwarzen Lederkleid wieder einmal sehr auffällig herausgeputzte Barbara zu den schlechtesten Einflüssen, denen sich ein Mann überhaupt aussetzen konnte.
»Sehen Sie darin einen Hinderungsgrund?« wandte er sich nun schroff an Barbara.
Aber bestimmt nicht.
»Dann ist ja alles klar.« Sprach der Feldherr und entschwand. Auch Barbara zog es vor, so rasch es ging zu entschwinden. Ihr Triumph wollte in aller Stille genossen werden. Ein ganzer Tag mit Maiersdorf. Der Job entwickelte sich zunehmend vielversprechend.
»Hey, du Nachteule, hast du Lust auf einen Drink im ›Firenze‹?« Hanna und Ines, die beiden Kolleginnen von der Kosmetik, steckten strahlend ihre Köpfe in Marlens Büro. Durchgestylt und aufgemotzt schienen sie sich für den heutigen Abend allerhand vorgenommen zu haben. Doch zu ihrer Enttäuschung winkte Marlen nur müde ab.
»Heute nicht, Mädels«, gähnte sie. »Ich muß noch Material sichten, ein anderes Mal, vielleicht.«
»Seitdem du ein Kind hast, bist du irgendwie nicht mehr die Alte! Eines Tages überraschst du uns alle und reichst deinen Erziehungsurlaub ein!« Die beiden giffelten über ihren Scherz, doch Marlen fuhr der Schreck in die Glieder. Entsetzt blickte sie die beiden an. »Erzählt man sich das über mich?«
»Ach Quatsch, darauf darfst du nichts geben. Du weißt doch, wie es ist. Die Story von dem geerbten Baby ging natürlich wie ein Lauffeuer durchs Haus. Und als die Kranach das hörte, hat sie einfach laut herumgesponnen, von wegen Erziehungsurlaub, und daß du damit für die Nachfolge von Weber wohl nicht mehr in Frage kommst. Du kennst sie doch …« Ines zupfte Hanna am Ärmel. Sie hatte es plötzlich eilig, sich in Sicherheit zu bringen, bevor Marlens Entrüstungssturm losbrach. »Tschau!«
Es fehlte tatsächlich nicht mehr viel. Marlen stand kurz davor, vor Wut in die Schreibtischkante zu beißen. Diese dämliche Kranach,
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