Frauen al dente. (German Edition)
die dazugehörige Gruft. Möge sie in der ewigen Versenkung verschwinden.
»Äh …nein! Selbstverständlich nicht. Meine Freundin ist Schauspielerin. Sie probt für ihre nächste Rolle, so etwas ähnlichem wie dem ›Kleinen Buddha‹. Sie kennen den Film?« flunkerte Marlen auf gut Glück. Denn unter Garantie war es keine gute Idee, Barbara als die berüchtigte Geliebte des Staatssekretärs Maiersdorf zu outen. Die Zeitungen waren heute voll von der Story.
»Eine Frau als Buddha? Ist dies nicht sehr ungewöhnlich?« Der Terrier in Frau Müller setzte sich auf die Fährte.
»Äh … es ist auch eine außergewöhnliche Story. Eigentlich spielt sie eine Frau, die sich als Mann verkleidet …«
Frau Müllers Augen signalisierten Gefahr. Bis hier hin und nicht weiter. Geschichten, in denen Männer und Frauen beliebig das Geschlecht wechselten, lagen ihr nicht.
»Eigentlich handelt es sich eher um ein Märchen. Total harmlos. Fürs Kindertheater. Ja, meine Freundin ist Schauspielerin am Kindertheater.«
»Ein Stück über einen weiblichen Buddha für Kinder? Ist das nicht zu anspruchsvoll?«
»Eigentlich ist es auch eher ein Stück für ältere Kinder. Ein Modellversuch, um Jugendlichen Bildung beizubringen. Mit staatlicher Förderung und so«, log Marlen munter weiter. Langsam aber sicher kam sie in Fahrt.
Bogen sich bereits die Balken?
Frau Müller schien auch zufrieden zu sein. »Endlich werden Steuergelder mal für einen guten Zweck verwendet. Sie müssen mir unbedingt die Adresse des Theaters geben, an dem ihre Freundin arbeitet. Ich habe eine vierzehnjährige Nichte, der ein bißchen Bildung auch guttun wird.«
Logo.
»Eigentlich steht das Stück noch nicht auf dem Spielplan. Es wird vorerst nur vor ausgewählten Schulklassen aufgeführt. Andere haben da keine Chance.«
»Ach wie schade …«
Vom Treppenhaus her drang plötzlich Lärm in die Wohnung. Aufgeregte Stimmen. Babygeschrei. Die Wohnungstür wurde aufgestoßen. Hella stürmte herein. Mit Lisa auf dem Arm. Und mit Karin am Wickel.
»Jetzt seht euch das an! Sie hat mein Bogner-Tuch um den Hals! Ich habe doch gewußt, daß sie klaut!« Zornbebend zerrte Hella mit der freien Hand an ihrem Halstuch. Doch der Knoten saß fest. Marlen griff ein, bevor sie die Übeltäterin strangulierte.
»Ich klaue nicht, ich borge«, verteidigte Karin sich. »Es kann doch kein Verbrechen sein, mir mal 'ne Kleinigkeit von euch auszuleihen. Bisher habe ich noch alles wieder zurückgebracht. Zeigt euch doch mal solidarisch mit einer armen Studentin.«
»Gerne. Wenn du im Gegenzug Respekt vor Eigentum zeigst. Oder glaubst du, uns sind die Kleider und die Wohnung geschenkt worden? Ich mußte mir im Leben alles selbst erarbeiten. Und dies, obwohl ich eine berühmte Mutter hatte.« Hella schäumte vor Wut.
Marlen spürte Frau Müllers beobachtende Blicke im Nacken. Sicherlich erwartete sie nun energisches Einschreiten. Bei einem solchen Vorfall mußten selbstverständlich Konsequenzen gezogen werden. Immerhin fungierte Karin derzeit als Lisas Erzieherin und nahm maßgeblichen Einfluß auf ihre Charakterbildung.
»Karin, es tut mir leid. Aber ich kann dein Verhalten nicht tolerieren. Ich muß dich bitten, zu gehen. Deinen Lohn für den Monat schicke ich dir in den nächsten Tagen per Scheck.« Als sie Karins ungläubigen Blick auffing, fühlte sie sich widersinnigerweise höchst unwohl in ihrer Haut.
Trotzig warf das Mädchen die Haare zurück. Funkelnde Steine blitzten auf.
Auffordernd hielt Marlen die Hand auf. »Meine Ohrringe, bitte«, sagte sie eisig.
Karin zerrte sich die Anstecker von den Ohren und warf sie Marlen in die Hand. »Ihr seid ein absolut spießiger Haufen! Die arme Lisa, die in einer solchen Umgebung aufwachsen muß.«
Marlen nahm Lisa auf den Arm und drückte sie fest an sich. Augenblicklich beruhigten sie sich – beide.
»Der Zwischenfall tut mir leid«, entschuldigte Marlen sich.
»Mmmmh!« Frau Müller schlug ein neues Blatt in ihrer Kladde auf.
»Wohnen Sie auch hier?« interviewte sie Hella, die im selben Augenblick auf ein am Boden liegendes Spielzeug trat und mit dem rechten Fuß umknickte. Demonstrativ rieb sie sich den Knöchel, straffte sich jedoch sofort wieder. Frau Müller würde dem Jugendamt nie einen positiven Bericht erstatten, wenn sie nicht alle an einem Strang zogen und Verantwortungsbewußtsein, Harmonie und Geschlossenheit demonstrierten.
»Ja, ich wohne auch hier«, antwortete sie daher betont freundlich. Und setzte
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