Frauen al dente. (German Edition)
noch einen drauf: »Meine Freundinnen und Lisa – wir vier sind eine richtige Familie. Wir verstehen uns prächtig und leben sehr harmonisch miteinander. Wir streiten uns nie und gehen spätestens um zehn Uhr abends ins Bett.« Womit sie ausdrücken wollte, daß sie als Singles nicht zu den Frauen zählten, die die Nächte zum Tage machten, sondern ein sehr solides, sehr anständiges Leben führten. Doch es klang so geschraubt, daß Marlen unwillkürlich die Augen verdrehte.
Oje. Hella war meilenweit von ihrer Top-Form entfernt. Was war in sie gefahren? Wenn sie so weitermachte, schadete sie Marlen und Lisa mehr, als daß sie ihnen nützte. Marlen durfte gar nicht daran denken, ihr wegen Lisa bald reinen Wein einschenken zu müssen. Es würde endlose Auseinandersetzungen zur Folge haben. Wenn Hella sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, folgte sie ihrem Weg, bis es nicht mehr weiterging.
Was für Marlen einen Mehrfrontenkrieg bedeutete: neuer Job, neue Wohnung und dazu noch heftige Konflikte mit ihrer Freundin.
»Drei Frauen, Ihr Verlobter und das Baby in einer Vier-Zimmer-Wohnung. Die Wohnverhältnisse erscheinen mir doch ein wenig eng«, folgerte Frau Müller messerscharf.
»Mein Verlobter und ich sind schon so gut wie ausgezogen. Wir suchen bereits nach einer eigenen Wohnung«, beruhigte Marlen sofort. Wenn Frau Müller Erklärungen brauchte, konnte sie sie bekommen.
»Du willst ausziehen?« entfuhr es Hella, völlig überrascht. Und weshalb wußte sie nichts von Marlens Verlobung? Mit wem überhaupt?
Die Fragen standen ihr im Gesicht geschrieben. Marlen beschloß, Hella aus dem Verkehr zu ziehen.
Entschlossen zog sie sie am Ellenbogen mit sich fort.
»Ach, Hella, ich muß dich ja noch vorwarnen. In deinem Zimmer ist ein Wasserrohr geplatzt. Der Klempner war schon da, aber …« Sie senkte bedeutungsschwer die Stimme.
»Und das sagst du mir erst jetzt?«
»Ich bin gleich wieder da, Frau Müller!« Marlen verschwand mit Hella in ihrem Zimmer. »Keine Sorge, es ist alles in Ordnung. Aber tu mir den Gefallen und rühr dich nicht vom Heck. Ich erkläre dir alles später!«
So, nun zurück zu der Jugendamtstante.
»Wasserschäden sind entsetzlich. Vor Jahren ist bei mir im Bad ein Rohr geplatzt. Ich habe …« Marlen würde nie erfahren, was Frau Müller erlebt hatte, denn schon wieder klingelte es. Martin Bode. Das wurde ja auch Zeit.
»Wo steckst du denn?« zischte Marlen ihm zu. Laut sagte sie: »Darf ich Ihnen meinen Verlobten vorstellen? Herr Bode. Frau Müller vom Sozialen Dienst der Stadt Düsseldorf. Sie kommt wegen der Vormundschaft für Lisa.« Dabei trat sie Martin mit ihrem hohen, sehr spitzen Absatz auf die Zehen.
»Aua!« schrie er auf und konterte mit einem spontanen Vergeltungsschlag gegen Marlens Oberarm, Wütend preßte sie die Hand auf die Stelle. Kapierte dieser Trottel denn gar nicht, worum es ihr ging? Es fehlte noch, daß er in seiner anwaltlichen Rechtsschaffenheit ihr mühsam aufgebautes Erste-Hilfe-Lügen-Gebäude zum Einsturz brachte.
Entschlossen schmiegte Marlen sich an ihn. Er registrierte es überrascht, doch dann endlich schien er zu begreifen. Mit einer altmodisch ritterlichen Geste legte er den Arm um sie. Unwillkürlich rückte sie noch ein wenig näher an ihn heran. Kein schlechtes Gefühl. Der Mann besaß Beschützerqualitäten, ohne jeden Zweifel. Sie hob das Gesicht und lächelte ihn an.
Was himmelst du ihn an, Marlen? ereiferte sich prompt ihre innere Stimme. Reiß dich gefälligst zusammen und bring die Sache mit der Jugendamtstante zu Ende. Aber dalli.
Sie versuchte ihr Lächeln wie eine Taschenlampe auszuknipsen, doch ein zartes Nachglühen ließ sich nicht verhindern. Leicht verwirrt löste sie sich von ihm.
Frau Müller schien ehrlich erfreut, Martin zu sehen. Beinahe enthusiastisch schüttelte sie ihm die Hand. Auf sie mußte ein nüchterner Anwalt in dem ganzen Weiberchaos wie eine Lichtgestalt wirken.
»Wie schön, Sie kennenzulernen, Herr Bode. Ich war ja völlig überrascht zu hören, daß Sie und Frau Sommer ein Paar werden. Die Aktenlage gab das gar nicht her. Darf ich fragen, wann es soweit sein soll?« erkundigte sie sich strahlend.
Martin blinzelte auffallend heftig hinter den Brillengläsern. »Wie meinen Sie, bitte?« erkundigte er sich steif.
»Der Termin für Ihre Hochzeit. Wann ist es denn soweit?«
Marlen hing gebannt an seinen Lippen. Als erwartete sie, daß er tatsächlich einen Hochzeitstermin preisgab. Aber das war ja
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