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Frauen al dente. (German Edition)

Frauen al dente. (German Edition)

Titel: Frauen al dente. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marte Cormann
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verrückt. Sie mußte eingreifen.
    »Wir warten noch ein wenig mit der Hochzeit. Die Hauptsache ist doch, daß wir zusammengehören. Nicht wahr, mein Schatz?« Wieder strahlte sie ihn an. Diesmal jedoch mit Bedacht.
    »Wie du meinst, Liebling!« Martin tätschelte ihre Hand. Eine Spur zu fest, wie Marlen fand.
    »Für Lisa wird es sicherlich das Beste sein, wenn Sie sich so rasch wie möglich eine ruhigere Wohnung suchen. Man soll im allgemeinen ja nicht unbedingt vom ersten Eindruck schließen, aber hier scheint es mir doch sehr lebhaft zuzugehen …«
    »… eine Anhäufung unglücklicher Umstände«, versicherte Marlen hastig.
    »Teilen Sie uns bitte Ihre neue Adresse für die Unterlagen mit…« Frau Müller stockte, als es abermals klingelte.
    »Hier geht es zu wie im Taubenschlag«, murmelte sie mit schmalen Lippen. Ihre Geduld neigte sich dem Ende zu.
    Hella kam aus ihrem Zimmer und lief an ihnen vorbei zur Tür. Sie hatte den von Marlen verhängten Stubenarrest dazu benutzt, sich umzuziehen und frisch zu stylen. In ihrem schwarzen Shift-Kleid und dem von Barbara geliehenen Wonderbra darunter, wirkte sie zu allem bereit. Doch zu ihrer Enttäuschung stand nicht wie erwartet Jens Ebert vor der Tür.
    »Störe ich?« fragte Peer Sanders.
    Enttäuscht trat sie einen Schritt beiseite, um ihn hereinzulassen. »Wir haben nur noch Stehplätze zu vergeben,« antwortete Hella ihm unwirsch.
    Erstaunt suchte er ihren Blick, doch sie wich ihm aus. Statt dessen konzentrierte sie sich auf das Paar, das gerade die Treppe hinaufstieg und ebenfalls ihre Wohnung ansteuerte.
    »Wir möchten zu Frau Koch«, sagte die Dame. Sie wirkte auf Hella, als sei sie soeben dem Gesellschaftsteil von
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entstiegen. Perfekt gestylt und gewandet. Edelklasse.
    »Haben Sie einen Termin?« rutschte es Hella heraus. Angesichts von soviel Glanz flüchtete sie sich instinktiv in ihren Geschäftston, was ihrem Gegenüber die Augenbrauen in die Höhe trieb.
    »Barbara, Besuch für dich«, rief Hella ungerührt in die Wohnung hinein.
    Peinlich berührt zuckte Marlen zusammen. Weshalb mußte Hella unbedingt durch die ganze Wohnung brüllen? Wo hatte sie ihre guten Manieren gelassen?
    Und wie, im Himmels willen, sollte sie mit Frau Müller ein sachliches, vernünftiges Gespräch führen, wenn alle anderen in dieser Wohnung verrückt spielten?
    »Gehen wir in mein Zimmer. Dort können wir in Ruhe reden«, wagte sie einen letzten Versuch.
    Doch Frau Müller schüttelte den Kopf. »Danke, doch ich bin sicher, ich weiß bereits alles, was ich wissen muß. Ich werde meinen Bericht an das Jugendamt weiterleiten, das auf dieser Grundlage seine Empfehlung an das Vormundschaftsgericht abgeben wird.«
    Absolut bedrohliche Worte in Marlens Ohren. So wie der Nachmittag verlaufen war, konnte sie sich das Ergebnis lebhaft vorstellen: Unzureichende Wohnverhältnisse, chaotische und zum Teil befremdliche Mitbewohnerinnen, diebische Kinderbetreuung. Nie im Leben würde das Gericht ihr die Vormundschaft für Lisa übertragen.
    Ein Adrenalinschub jagte den nächsten. Gab es denn keine Chance mehr, das Ruder herumzureißen?
    Nur noch eine letzte: Sie mußte sich vor Frau Müller in den Staub werfen und den Kotau wagen. Auch wenn ihr verdammter Stolz sich dagegen aufbäumte. Sie folgte ihr ins Treppenhaus.
    »Bei uns geht es nicht immer so verrückt zu, glauben Sie mir das bitte. Und demnächst wird sowieso alles anders. Mein Verlobter und ich, wir suchen mit Lisa eine eigene Wohnung, und ich reduziere meine Arbeitszeit.« Vorsichtshalber verschwieg sie, daß sie bei
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bereits gekündigt hatte. Sonst wurde ihr dies noch als Leichtfertigkeit ausgelegt. »Ich werde alles für Lisa tun, damit sie glücklich wird. Das bin ich ihrer Mutter einfach schuldig.«
    »Die Entscheidung trifft einzig und allein das Gericht«, entgegnete Frau Müller freundlich, aber bestimmt. Sie reichte Marlen die Hand. »Sie erhalten Nachricht. Einen schönen Abend noch.«
    Während Marlen den Händedruck erwiderte, überlegte sie fieberhaft, was sie noch tun könnte. Vor ihr auf die Knie sinken und die Füße küssen? Doch ein Blick in die nun sehr dienstlich-distanzierte Miene genügte, um den Gedanken sofort wieder fallen zu lassen. Frau Müller war nicht bestechlich. Weder mit Pflaumenkuchen, noch mit schönen Worten und Gesten. Sie konnte sich weitere Demutsbezeugungen sparen.
    Langsam und wie mit Bleiplatten beschwert stieg Marlen die Stufen hinauf. So mußten sich Marathonläufer an

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