Frauen al dente. (German Edition)
verkaufen. Übrigens auch eine unverwüstlicheUnterlage für den Kinderwagen. Wenn du magst, kannst du dir nachher eins für Lisa mitnehmen.«
»Wieso Schaffarm? Fühlst du dich als Verleger nicht ausgelastet?
Peer lachte dröhnend. »Nenn' es meinetwegen Midlife-Krise – aber ich habe einfach keine Lust mehr, jeden Tag in diese Tretmühle zurückzukehren. Zum Glück kann ich es mir leisten, kürzer zu treten. Ich verkaufe einfach ein paar Verlagsanteile und ziehe mich ein wenig zurück. Sollen sich andere den Kopf über Verkaufszahlen zerbrechen. Ich werde mir endlich meinen Traum vom bodenständigen Leben erfüllen.«
Vor Marlens geistigem Auge entwickelte sich das Bild, wie er frühmorgens in Gummistiefeln über die Weiden stapfte, um seine Schafherde zu inspizieren. Hunderte von Schafen. Schafe, soweit das Auge reichte. Bewacht von einem pechschwarzen Wolf in Schäferhundgestalt. Mit einem bißchen Glück durfte sie sofort wieder an den Frühstückstisch huschen, nachdem sie ihn begleitet hatte. Wenn sie allerdings Pech hatte, erwartete er, daß sie ihn in seiner Arbeit unterstützte. Sie konnte es sich lebhaft und in Farbe vorstellen. Sie im braunen Lodenumhang und mit Gummistiefeln auf einem Einbeinschemel mitten in der Herde. Während graue Nebel über die feuchten Wiesen waberten und schüchterne Sonnenstrahlen sich abmühten, ihre klammen Finger zu wärmen.
Allein bei dem Gedanken daran verstärkte sich die Spannung auf ihrer Oberlippe. Daran konnte nur ihre Frankfurter Schaf-Episode schuld sein. Damals hatte sie ihren Ekel vor der schlabberigen Zunge unterdrückt, um nicht als hysterisch zu gelten. Doch ihre Abneigung schien sich nun einen neuen Weg zu suchen.
Der Fall war klar und aussichtslos. Schafe und sie, sie und Schafe – ihre beiden Welten harmonierten einfach nicht. Gab es Hoffnung, Peer den Schaftick auszutreiben? Kaum. Es würde auch nicht lange gutgehen. Also blieb nur der Rückzug. Jammerschade. Doch besser jetzt als später unter Tränen und Getöse.
»Du willst schon gehen?« fragte Peer, als sie begann, ihre Sachen einzusammeln.
Zärtlich berührte sie seine Wange. »Sei nicht böse«, bat sie. »Du bist der tollste Mann, den ich mir vorstellen kann. Aber ich fürchte, auf Dauer komm' ich mit deinen Schafen nicht klar.«
Er lächelte. Ein wenig enttäuscht. »Schön zu hören, daß du im Prinzip an einer längeren Beziehung interessiert warst. Ich fürchtete schon, ich wäre für dich nur einer deiner Männer für eine Nacht.« In Marlens Ohren klang es schlimmer, als es vielleicht von ihm gemeint war.
Sie schämte sich. Nicht für ihren prä-mütterlichen Männerverschleiß. Sie hatte sich die Hörner abgestoßen. Na und? Weshalb sollten nur Männer dieses Privileg genießen? Aber plötzlich wurde ihr bewußt, daß sie Peer tatsächlich benutzen wollte, wie es so schön verwerflich hieß. Als Rettungsanker für unsichere Momente im Leben. Er imponierte ihr als Vorgesetzter, als Mann fand sie ihn umwerfend aufregend. Doch sie bezweifelte stark, daß ihre Gefühle über ein, zwei Nächte hinaus gereicht hätten. Er war nicht der Mann, mit dem sie alt und runzelig werden wollte. Ohne seine Schaffelle hätte sie es möglicherweise nicht so schnell begriffen.
Sie küßte ihn auf die Wange. »Freunde?« fragte sie.
»Freunde.«
Er reichte ihr das Hemd, das sie ihm erst vor wenigen Minuten vom Körper gerissen hatte, und half ihr hinein. »Sonst erkältest du dich noch. Deine Bluse ist ja immer noch naß.« Wortlos wartete er, bis sie fertig war. Enttäuschung hing in der Luft. Auch ein sauberer Schnitt hinterläßt eine Wunde.
»Denk noch mal über
Child
nach. Wenn du Interesse hast, sag mir Bescheid«, sagte Peer.
»Okay. Sehen wir uns morgen?«
»Wahrscheinlich nicht. Ich komme morgen nicht ins Haus.«
Sie reichten sich zum Abschied die Hand. Als besiegelten sie einen Pakt. Einen Freundschaftspakt. Dann setzte sie sich ins Auto und brauste davon.
Marlen legte den Weg nach Hause in Rekordgeschwindigkeit zurück. Doch wenige Straßen vor dem Ziel bog sie in eine freie Parklücke ein.
Das mit der Schafallergie war natürlich Pech gewesen. Doch auch sonst stimmte etwas nicht mit ihren Beziehungsgeschichten. Über einen handfesten One-Night-Stand war sie seit Jahren nicht mehr hinausgekommen. Vielleicht war sie nicht nur gegen Schafe, sondern auch gegen langfristige Beziehungen allergisch. Falls ja, lag das unter Garantie an Georg. Und an ihrer Mutter. Marlen hatte Georg kurz vor
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