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Frauen, die Geschichte machten

Titel: Frauen, die Geschichte machten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Barth
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fundierten Analysen, die Albert selbst erarbeitete und zur Basis
     seiner Ratschläge machte. Sie wurden für Viktoria unentbehrlich, und sie ernannte ihren Mann vor den Geburten zum Regenten;
     Niederkünfte waren seinerzeit immer noch mit einem hohen Risiko behaftet. Ihre Wahl, aus Liebe getroffen, war auch staatspolitisch
     glücklich, denn anders als seine Frau beobachtete Albert die Verwandlung Großbritanniens während der sich beschleunigenden
     industriellen Revolution aufmerksam und verstand die Zeichen der Zeit zu deuten.
    Nicht dass er dadurch zu einem profilierten Sozialpolitiker geworden wäre, dafür fehlte ihm wie all den adligen Staatsmännern
     seiner Zeit der Kontakt zum dramatisch anwachsenden Elend der dramatisch anwachsenden Massen: Englands Bevölkerung verdoppelte
     sich während der Regierungszeit Viktorias von 15 auf über 30 Millionen. Nein, für die soziale Frage hatte auch Albert kein
     Gespür, aber was seinem oder besser dem Land seiner Frau nutzte, das erfasste er rasch. So war es vornehmlich seiner Initiative
     zu danken, dass 1851 in London die erste Weltausstellung stattfand. Staunend schaute die Menschheit auf die Großmacht England
     und ihre wirtschaftliche Potenz.
    Schließlich besann sich auch das britische Parlament auf die Anerkennung der Leistungen des königlichen Gemahls und verlieh
     ihm 1857 den Titel Prinzgemahl. Eine Genugtuung für Viktoria, für die Albert zum einzigen Leitstern geworden war. Ihrer Tochter
     Vicky in Berlin, mit der sie in fast täglichem Briefverkehr stand, schrieb sie im Jahr darauf: »Ich kann nie glauben oder
     zugeben, dass irgendein anderer Mensch vom Schicksal so gesegnet worden ist wie ich, mit einem solchen Mann, einem solch vollkommenen
     Mann. Papa war für mich alles und ist es auch heute noch … mein Vater, mein Beschützer, mein Führer, mein Ratgeber in allen
     Dingen. Ich möchte fast sagen, er war mir Mutter und Mann zugleich. Nichts kann sich so verändert haben wie ich mich dank |199| des wunderbaren Einflusses unseres lieben Papas. Sein Verhältnis zu mir ist von einer ganz besonderen Art. Ich bin wie gelähmt,
     wenn er nicht bei mir ist.«
    So kam es 1861. Albert hatte sich wie so oft übernommen mit Arbeit, dann waren noch Sorgen um den liederlichen Bertie und
     seine Affären hinzugekommen, und schließlich warf ihn eine Erkältung aufs Krankenlager. Es wurde zum Sterbebett des erst 42-Jährigen.
     Sein Lebenslicht erlosch am 14. Dezember, dem wohl schwärzesten Datum im Leben der Königin, die untröstlich war. Ein Jahrzehnt
     lebte sie völlig zurückgezogen, trug nur noch Trauerkleidung, schlief mit Alberts Nachthemden und verbot, dass irgendetwas
     in seinem Zimmer verändert wurde. Politisch trat sie so gut wie nicht mehr in Erscheinung und verlor rapide an Popularität.
     Das hatte seinen Grund auch darin, dass 1868 bis 1874 ein Mann Premierminister war, den sie nicht ausstehen konnte: William
     Gladstone, der prinzipienfeste Liberale, fand keinen Zugang zur Queen.
    Ganz anders sein konservativer Nachfolger Benjamin Disraeli, der sechs Jahre lang bis 1880 amtierte und das Herz der von Trauer
     niedergedrückten Viktoria dadurch gewann, dass er sie als Frau und erst in zweiter Linie als Staatsoberhaupt wahrnahm. Als
     »die Feenkönigin« bezeichnete er die rundlich gewordene, rapide gealterte Monarchin galant und schaffte es, zuweilen wieder
     einen Funken Interesse bei ihr für Staatsgeschäfte und für seine – imperialistische – Politik zu wecken. Gipfel seiner Huldigungen
     wurde 1876 die Ernennung Viktorias zur Kaiserin von Indien. Sie zog auf diese Weise gleich mit dem Kaiser von Österreich und
     dem des jungen Deutschen Reiches sowie mit dem russischen Zaren. Diese Aufwertung tat ihr gut und trug der Tatsache Rechnung,
     dass sie Herrin über das mächtigste Imperium war, das es je gegeben hatte. Es umfasste beinahe ein Viertel der gesamten irdischen
     Landmasse und die Weltmeere sowieso: »Rule Britannia, Britannia rule the waves …«
    Auch privat ging es wieder aufwärts, und daran war ebenfalls ein Mann entscheidend beteiligt: Alberts ergebener schottischer
     Diener John Brown. So nichtssagend der Name, so stattlich und aufmerksam, so zuverlässig und vertrauenswürdig der Mann, dem
     bald ein skandalöses Verhältnis, ja eine heimliche Ehe mit der Königin nachgesagt wurde. War »Mrs. Brown«, so die Menschen
     auf der Straße, in ihrer Trauer nicht auffällig oft und auffällig lange in Schottland

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