Frauen, die Geschichte machten
nicht imstande waren, in dieser Region Ruhe zu stiften. Denn die ansässigen Araber waren
nicht begierig, nachdem sie das türkische Joch abgeschüttelt hatten, sich unter der Verwaltung einer westlichen Macht wieder
zu finden. Am meisten aber machte den Briten die Dynamik der jüdischen Einwanderung zu schaffen. |236| Die Umbrüche in Osturopa nach dem Ende des Ersten Weltkrieges veranlassten Tausende von Juden, sich auf den Weg ins Heilige
Land zu machen. 1924 betrug der Anteil von Juden an der Bevölkerung Palästinas bereits 20 Prozent, Tendenz steigend. Verzweifelt
versuchte die britische Mandatsverwaltung, den Zustrom einzudämmen. Die Einwanderer wichen auf illegale Routen aus. Es kam
zu Unruhen und Aufständen der Einheimischen, die fürchteten, von den Juden aus ihrer Heimat verdrängt zu werden. Gegen den
arabischen Widerstand bildeten sich jüdische Selbstverteidigungsgruppen, die sich bald mit Terrorakten auch gegen die Briten
wandten.
Ohne beständigen Zufluss von Geldmitteln aus dem Ausland waren die jüdischen Gemeinden in Palästina verloren. Eine Organisation
namens Jewish Agency hielt die Verbindung zwischen dem Judentum in Palästina und dem in der übrigen Welt, der Diaspora, aufrecht.
Es wurde eine der Hauptaufgaben Golda Meirs, im Rahmen dieser Organisation Geld zu sammeln. Am lohnendsten war dies natürlich
in den USA. Als sie 1932 ihre Tochter zur Behandlung einer schweren Krankheit in die Staaten bringen musste, nutzte Golda
Meir den Aufenthalt, um sich dort zwei Jahre lang als Spendensammlerin zu betätigen. Nach ihrer Rückkehr ging es mit ihrer
Karriere steil bergauf: 1934 Eintritt ins Exekutivkomitee der Histadrut, 1946 Leiterin der politischen Abteilung der Jewish
Agency. Die Lage in Palästina hatte sich derweil immer mehr zugespitzt. Im Zweiten Weltkrieg hatten jüdische Verbände an der
Seite der Engländer gegen Hitler-Deutschland gekämpft. Sie konnten nicht begreifen, warum sie sich in Palästina noch weiter
mit der britischen Mandatsverwaltung auseinander setzen sollten. Bei Kriegsende waren die zahllosen Verbrechen an den Juden
ans Licht gekommen. Die Stimmung der Weltöffentlichkeit wandelte sich nun eindeutig zugunsten des jüdischen Siedlungsvorhabens.
Die Briten aber klammerten sich immer noch an ihr Mandat und kämpften gegen den Flüchtlingsstrom an, der in das Heilige Land
drängte.
Erst 1947 gaben sie auf. Nun sollten die inzwischen gegründeten Vereinten Nationen sich um die Sache kümmern. Resultat dieser
Bemühung war ein Teilungsplan, der Palästina in zwei ungefähr gleich große Staaten aufsplitten sollte. Die jüdische Seite
stimmte zu, die arabische lehnte ab. Am 15. Mai 1948 sollte das britische Mandat auslaufen. Die Juden beschlossen zu handeln.
Am 14. Mai 1948 riefen sie in Tel Aviv die Unabhängigkeit des Staates Israel aus. Zu den Unterzeichnern der Gründungsurkunde
gehörte auch Golda Meir. Ihre Hände zitterten, erzählt sie in ihren Memoiren, und ihre Augen füllten sich mit Tränen: »Wir
hatten es geschafft.«
Die Kriegserklärung der arabischen Nachbarn allerdings folgte auf dem Fuße. Truppen aus Syrien, dem Libanon, Irak, Jordanien
und Ägypten marschierten gegen die 650 000 Juden, die inzwischen in Palästina lebten. Den gefährlichsten Gegner, Jordanien, das über eine hoch gerüstete, von Briten
trainierte |237| Armee verfügte, hatte Golda Meir zuvor noch in einem bravourösen Alleingang zu neutralisieren versucht. Als Araberin verkleidet
ließ sie sich wenige Tage vor Kriegsausbruch zu König Abdullah von Jordanien bringen, um ihm die Teilnahme am Krieg auszureden,
doch der bedauerte: Er könne die arabische Koalition nicht verlassen. Golda Meir aber trug ihre mutige Aktion in der arabischen
Welt allgemeine Hochachtung ein.
Wieder war ihr Talent als Propagandistin und Einsammlerin von Spenden gefragt. Der junge Staat mochte genug Kämpfer haben,
aber Waffen hatte er nicht. Golda Meir wurde nach Amerika geschickt, wo sie in drei Monaten 50 Millionen Dollar auftrieb,
die für Waffenkäufe verwendet wurden. Wie nötig die Unterstützung aus Amerika für das Überleben des jungen Staates war, wird
aus den Worten des Präsidenten Ben-Gurion deutlich, mit denen er Golda bei ihrer Rückkehr begrüßte: »Eines Tages, wenn Geschichte
niedergeschrieben wird, wird es heißen, dass es eine jüdische Frau war, die das Geld beschaffte, um die Gründung unseres Staates
möglich zu
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