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Frauen fragen Feuerstein

Frauen fragen Feuerstein

Titel: Frauen fragen Feuerstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Feuerstein
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unruhig bin, über die Gelassenheit, die meine Neugier verhindert, und über die Keuschheit, zu der ich erst jetzt finde, zwangsweise, aus Altersgründen, da erfuhr ich etwas, was ich bisher noch nicht über Buddha wusste: Er hatte einen einziehbaren Penis, » Retractable «, sagte der Mönch, also wie beim Fahrwerk des Flugzeugs. Kraft seines Willens konnte er also geschlechtslos werden, frei von Begierde, über Jahre hinweg, solange er wollte. Beneidenswert, Wieso ist die katholische Kirche noch nicht auf diese Idee gekommen? Die ist ja auch sonst mit physischen Unmöglichkeiten nicht zimperlich.
    Gerade wollten wir in der kleinen Kneipe Platz nehmen, die Munthip für den Abschied von Sihanoukville ausgewählt hatte, als sich sechs Mädchen schreiend auf uns stürzten. Ob sie mich mit dem frommen Abt verwechselten?
    »Nein, das sind Beer girls «, klärte mich Munthip auf, sie haben die Aufgabe, für eine Provision von ein paar Cent ihre jeweilige Biermarke an den Mann zu bringen. Denn der Wettstreit unter den Brauereien ist heftig, sogar ein deutsches Lizenzbier ist darunter: »Mittweida« liest man im ganzen Land auf Reklametafeln, Und wenn ihr Werben erfolgreich war und das Bier seine Wirkung getan hat, bieten sich anschließend die Mädchen selber an.
    Munthip war sofort bereit, meine Unschuld mit seinem Leben zu verteidigen, aber das war gar nicht nötig, da in diesem Augenblick eine Männergruppe das Lokal betrat, auf die sich die wilden Mädchen schreiend stürzten. Mit Erfolg, wie ich über die nächste Stunde beobachten konnte. Denn Kambodscha ist nun mal ein Macholand, wie eigentlich ganz Südostasien. Männer gehen, wenn nicht gerade ein Familienfest gefeiert wird, grundsätzlich allein ins Lokal — aber nur selten allein wieder raus. Selbst im westlich orientierten Luxushotel scheint jeder Türsteher einen Nebenjob als Zuhälter zu haben, und bereits im Lift wird man vom Gepäckträger mit Angeboten überhäuft. Nicht mal die Ehefrau ist ein Hindernis — da wurde eben gelauert, bis ich mal allein über den Korridor schlurfte, Und in den einfacheren Hotels ist der Dienst am Körper durchorganisiert wie eine Minibar, in seinem Zimmer in Phnom Penh, so berichtete mir Munthip , klebte innen an der Tür eine umfangreiche Preisliste, samt telefonischer 24-Stunden-Hotline.
    Und es geht sogar noch ein paar Grade härter, wie jeder erfährt, der nachts eine Kneipe verlässt. Sofort wird man von Motorradtaxis umringt, die einen unbedingt nach Phum Thmey bringen wollen, der »Reeperbahn« von Sihanoukville , einem der wohl übelsten »Vergnügungsviertel« der Welt: eine am Hafenrand aufgeschüttete Mondlandschaft ohne jedes Grün, ein vermüllter Weg mit einer Elendshütte neben der anderen, davor im trüben Licht bunter Funzelbirnen und in gespenstischer Stille die Jammergestalten unzähliger Mädchen. Zwangs- und Armutsprostitution der allerschlimmsten Sorte.
    Das war dann auch unser Gesprächsthema auf der Rückfahrt am nächsten Tag über die geradezu langweilig ausgebaute Schnellstraße Nr. 4: die Korruption in Politik und Militär, oft durch dieselben Leute, die schon in der Pol-Pot-Ära an der Macht gewesen waren, Wann immer wir an gesperrten Stränden, prunkvollen Villen und größeren Plantagen vorbeifuhren, klärte mich Munthip über die Besitzverhältnisse auf: Das gehört diesem Politiker, das jenem General. Und sie können nicht genug kriegen, das weiß er aus eigener Erfahrung. Denn zu Hause wehrt er sich gerade mit zweihundert anderen Familien gegen die Enteignung von Land und Häusern, weil ein hoher Politiker der Meinung ist, dass dort ein Hotel viel besser hinpassen würde. 10
    Auf halbem Weg, auf der Passhöhe, wo hunderte von Geisterhäuschen aufgestellt wurden, um sich von freundlichen Dämonen vor Unfällen schützen zu lassen, stand vor der kleinen Buddha-Statue, an der man Räucherstäbchen opfert und im kurzen Gebet verweilt, unter den Überlandlastern und Motorrädern auch ein nagelneuer Mercedes einer Ausstattungsklasse, für die man auch bei uns einen sechsstelligen Euro-Betrag opfern müsste. Ohne Nummernschild. Munthip seufzte: »Muss ein Verwandter unserer Präsidenten sein«, murmelte er.
    Stephan Rahn, der mir beim Umsteigen in Siem Reap über den Weg gelaufen war, hatte mich für die Stunden bis zum Abflug von Phnom Penh zum Besuch in der Musikakademie eingeladen. Natürlich habe ich keinen Musentempel mit Konzertsaal und schalldichten Probenräumen erwartet, aber die

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