Frauen lügen
zur Firmenphilosophie. Wollen wir in mein Büro gehen? Und darf ich Ihnen etwas zum Trinken bestellen?«
»Danke. Ein schwarzer Tee wäre schön.«
»Darjeeling, Earl Grey oder Sylter Sonntagsmischung?«
»Gern Earl Grey.«
Ein leichtes Winken Albert Dornfeldts mit der Hand und schon eilt eine der Servicedamen herbei.
»Sibylle, eine Kanne Earl Grey und etwas Gebäck in mein Büro bitte. Würden Sie das veranlassen?«
»Selbstverständlich.«
Nachdenklich folgt Silja dem Manager durch einen breiten Korridor, der mit einem extraweichen Läufer ausgelegt ist. Der Sinn dieses Empfanges ist klar. Hier stimmt alles, soll er ihr vermitteln, wir haben Klasse und wir sind gut organisiert. Bei uns findet sich nichts Belastendes. Doch bei Silja schrillen die Alarmglocken. Weniger wäre mehr gewesen, denkt sie.
Wovon will Albert Dornfeldt ablenken?
In seinem Büro angekommen lässt sich Silja auf dem angebotenen Sessel nieder und schlägt elegant die Beine übereinander. Wenn der Hotelmanager unbedingt den Mann von Welt geben möchte, dann soll er doch. Dieses Spielchen kann sie problemlos mitspielen. Bereitwillig trägt die Kommissarin zu der Konversation bei, die Albert Dornfeldt beginnt. Das Wetter, der Sommer, die Immobilienpreise, die Hotellandschaft. Als der Tee serviert ist und die beiden silbernen Etageren mit süßem und salzigem Gebäck auf den Beistelltischen platziert sind, ist es der Hotelmanager, der von selbst auf den Grund ihres Besuches zu sprechen kommt.
»Sicher möchten Sie noch Einzelheiten zu der Brandnacht erfahren. Es gibt ja bestimmt neue Erkenntnisse.«
»Die gibt es tatsächlich, Herr Dornfeldt. Und ich fürchte, sie werden Ihnen nicht gefallen.«
Fragend hebt der Manager seine wohlgeformten Augenbrauen. Silja könnte schwören, dass eine Kosmetikerin für deren Schwung verantwortlich ist.
»Ich verstehe nicht.«
»Das werden Sie gleich. Es war nämlich kein Blitz, der das Feuer in Ihrem Speisesaal ausgelöst hat. Es war Brandstiftung.«
»Das kann nicht sein.« Albert Dornfeldt wird blass und fährt sich fahrig mit beiden Händen über die Oberschenkel. »Das würde ja bedeuten, dass wir uns Feinde gemacht haben.«
»Wer ist wir?«, erkundigt Silja sich interessiert.
»Wir, nun ja, damit meine ich das ganze Hotelpersonal – und seine Besitzer natürlich.«
»Dass der Täter oder die Täterin aus den eigenen Reihen kommen könnte, würden Sie ausschließen?«
»Ja selbstverständlich. Wir haben hier ein hochmotiviertes Team. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass jemand so etwas tun würde.«
»Gab es irgendwelche Personalwechsel in den letzten Wochen oder Monaten? Jemanden, der gekündigt hat, neu eingestellt wurde oder – und das wäre besonders interessant – jemanden, mit dem Sie nicht zufrieden waren und der deshalb gehen musste.«
»Nein, gab es nicht. Da bin ich ganz sicher. Wir sind ein Traditionsunternehmen, bereits in der zweiten Generation in Familienbesitz, da achtet man auf Kontinuität – auch beim Personal.«
»Verstehe. Dann sollten wir einen anderen Aspekt in den Blick nehmen. Waren oder sind irgendwelche wirtschaftlichen Veränderungen geplant, ein Verkauf etwa oder eine Umwandlung der Besitzstruktur?«
»Nein. Soweit ich weiß, ist Jonas, also Herr Michelsen ein konservativer Wirtschafter, der seinen Besitz mehrt und zusammenhält.«
Nachdenklich mustert Silja Blanck den Hotelmanager. Offenbar duzt er seinen Chef. Sie findet das bemerkenswert, aber vielleicht ist es auch üblich in der Branche.
»Wie lange arbeiten Sie schon in Ihrem Job?«
»Sie wollen mir jetzt aber nicht unterstellen, dass ich mein eigenes Hotel angesteckt habe, oder?«
Albert Dornfeldt klingt entschieden gekränkt, überhaupt wirkt er mit allem, was er sagt, aufrichtig, muss sich Silja eingestehen.
»Nein, natürlich nicht. Sie haben ja schließlich die Feuerwehr alarmiert.«
Die Kommissarin registriert sehr wohl, dass er sich geschickt um eine Antwort gedrückt hat. Er kann ja nicht ahnen, dass sie an der Auskunft überhaupt nicht interessiert war und die Frage nur der Ablenkung diente. Wer sich persönlich angegriffen fühlt, reagiert automatisch erleichtert, wenn das Gespräch sich anderen Bereichen zuwendet. Häufig sinkt dann auch die Vorsicht bei den Antworten. Also lächelt Silja Albert Dornfeldt jetzt besonders strahlend an und stellt die entscheidende Frage mit größtmöglicher Beiläufigkeit.
»Und das Ehepaar Michelsen ist auch keinen Anfeindungen
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