Frauen lügen
eigentlich logisch. Wenn zwei Hotels gebrannt hätten, nur mal als Beispiel, dann hätte man denken können, es will sich jemand an den Michelsens rächen. Aber so? Den Bahnhof bevölkern alle möglichen Menschen, Touristen, Einheimische, Pendler … Das hat mit dem Hotelgewerbe gar nichts zu tun. Und mit der Familie Michelsen noch weniger.«
»Und mit dem Ausverkauf der Insel auch nicht«, fügt Sven Winterberg seufzend hinzu.
»Genau. Warum sollten irgendwelche politisch Aktiven ein Wartehäuschen an einer Bushaltestelle in Morsum anzünden? Das ergibt keinen Sinn.«
»Aber so weit waren wir schon mal, oder irre ich mich? Wir müssen etwas übersehen haben. Wie war dein Gespräch mit dieser Michelsen?«
»Verwirrend. Sie ist nett und wirkt zunächst auch ganz offen. Aber irgendetwas verbirgt sie, da bin ich ziemlich sicher. Ist nur die Frage, was.«
»Und ob es überhaupt etwas mit den Bränden zu tun hat.«
»Genau. Um das herauszubekommen, habe ich gleich darauf ihren Mann in Hamburg angerufen. Ich wollte nicht, dass sie sich absprechen können – falls sie das nicht ohnehin schon getan haben.«
»Und?«
»Es war ein kurzes Gespräch, irgendwie wirkte er, als stünde er unter Druck.«
»Vielleicht hättest du doch besser einen Kollegen von der Hamburger Kripo hingeschickt.«
»Hätte ich sonst ja auch, aber ich wollte eben schnell sein. Und eine Sache habe ich immerhin erfahren. Es betrifft die Alarmanlage im Ferienhaus der Michelsens hier auf der Insel. Die Hütte ist der reinste Hochsicherheitstrakt. Panzerglas, Bewegungsmelder, Kameras, das volle Programm. Michelsen behauptet, er habe das alles auf Wunsch seiner Frau installieren lassen. Sie allerdings hat mir erklärt, dass sie diese ganze Technik hasse, weil sie ihr den Aufenthalt in dem Ferienhaus verleide.«
»Die beiden haben also Angst.«
»Oder nur einer von ihnen hat Angst, will es aber nicht zugeben und schiebt darum die Verantwortung auf den anderen.«
»Hört sich gut an.«
»Hilft uns aber leider im Augenblick nicht weiter. Ich habe allerdings nachher noch einen Termin bei dem Hotelmanager, der den Brand entdeckt hat. Vielleicht erfahre ich dann mehr.«
»Vielleicht.« Nachdenklich trommelt Sven Winterberg mit den Fingern auf die Schreibtischplatte. »Was ist eigentlich mit der Feuerversicherung des Hotels? Vielleicht waren ja Umbauarbeiten geplant, die jetzt mit der Versicherungssumme bezahlt werden können.«
»Kannst du vergessen, das habe ich schon überprüft. Der Speisesaalkomplex war fast neu, erst vor zwei Jahren fertig geworden, da musste ganz bestimmt nichts umgebaut werden.«
»Also haben wir doch einen irren Brandstifter und müssen uns auf weitere Feuer gefasst machen.«
»Mal den Teufel nicht an die Wand, Sven.«
»Na ja, wenn ich es mir recht überlege: Bei weiteren Anschlägen bräuchten wir vielleicht eine Sonderkommission …«
»Mit Unterstützung aus Flensburg meinst du?«
»Genau. Es soll da einen besonders fähigen Hauptkommissar geben, wie hieß er noch gleich?«
Silja lacht.
»Irgendwas mit Kreuzer, glaube ich. Der ist allerdings bei der Mordkommission. Und Tote hat es bei den Bränden zum Glück noch nicht gegeben, was soll er also hier?«
Sven reibt sich nachdenklich das Kinn. »Wenn mich nicht alles täuscht, hat dieser überaus fähige Hauptkommissar seit zwei Jahren ein Verhältnis mit meiner Kollegin Silja Blanck. Falls demnächst jemand zu Tode kommen sollte, weiß ich jetzt schon, wen ich zuerst verhaften werde.«
»Und wen?«
»Dumme Frage. Dich natürlich. Du hast schließlich das beste Motiv von allen.«
»Liebe, genau. Es gibt nur noch ein einziges Motiv, das besser ist, Sven.«
»Und das wäre?«
»Hass.«
Dienstag, 16 . August, 18.00 Uhr,
Hotel
Friesenperle
, Rantum
Der Hotelmanager empfängt Silja bereits in der Halle. In teuer aussehenden Lederschuhen, einer jagdgrünen Baumwollhose und einem grünweiß gestreiften Hemd mit grellgelbem Polo-Reiter auf der Brust kommt er ihr federnden Schrittes entgegen.
»Guten Abend, Albert Dornfeldt ist mein Name, herzlich willkommen in der
Friesenperle
.«
»Oh, wahrscheinlich verwechseln Sie mich. Ich bin kein Gast. Silja Blanck, Kriminalpolizei. Wir hatten telefoniert.«
Silja ergreift die dargebotene Hand und ist erstaunt über den kräftigen Händedruck. Kurz, knapp, energisch, als habe dieser Dornfeldt extra dafür trainiert.
»Ich weiß, wer Sie sind. Aber für mich ist jeder, der unser Foyer betritt, mein Gast. Das gehört
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