Frauen rächen besser: Roman (German Edition)
hin.
Schon bei der zweiten Kurve jedoch, als ich seitlich überzukippen drohte und nichts mehr sehen konnte, weil mir das Wasser in die Augen spritzte, gab die Angst dann kräftige Lebenszeichen von sich.
Und bei der dritten Kurve hatte ich den Opa bereits vollkommen vergessen, denn ich merkte, wie ich mich langsam zu drehen begann, und mein Albtraum hatte mich wieder. Bis ich unten ankam, war auch mein Wachkoma wieder perfekt, und ich weiß nicht mehr, wie ich im Wasser landete und auch nicht, wie ich wieder hochgekommen bin. Aber irgendwie muss ich es dann doch geschafft haben, und das Erste, woran ich mich wieder erinnern kann, war, dass ich dort, wo die Rutsche ins Becken mündet, im Wasser stand und dass Roxie und Jo und Isa – die war inzwischen auch schon da – mir irgendetwas zuriefen. Ich hatte eine Menge Wasser in den Ohren und konnte sie nicht verstehen, aber als ich dann auch den Bademeister gestikulieren sah, kapierte ich. Ich stand genau dort, wo die Leute aus der Rutsche herausgeschossen kamen, und der Bademeister hatte den Wasserzulauf gestoppt, damit niemand mehr herunterkam. Und jetzt warteten alle bloß darauf, dass ich zur Seite ging.
Okay, das konnten sie haben.
Ich war unheimlich stolz auf mich, weil ich es geschafft hatte. Ich war aus freien Stücken gerutscht und auch wieder aus dem Wasser hoch gekommen, und ich hatte noch alles beisammen.
Fast alles.
Denn es ist schon seltsam: Wenn man im Wasser steht und alles nass ist, die Haare, die Haut und auch der Bikini, und alles die gleiche Temperatur hat, dann ist es doch seltsam, dass man es sofort spürt, wenn ein Teil davon fehlt. Das Höschen zum Beispiel. Wenn das weg ist, fühlt es sich so an, als wäre es da unten kühler, obwohl das natürlich vollkommener Quatsch ist.
Und doch ist es so.
Und als ich jetzt ein Gefühl hatte, als hätte da unten irgendwer das Fenster offen gelassen, ahnte ich sogleich das Schlimmste, und ein schneller Griff bestätigte, was ich befürchtet hatte. Mein Bikinihöschen hatte sich bei der Landung verabschiedet, und das Peinliche daran war, dass der Bademeister den Wasserzulauf der Rutsche abgeschaltet hatte. Denn das ist auch so eine Sache bei diesen Becken: Wenn da nichts nachfließt, wird das Wasser ruhig, sprich glatter Wasserspiegel. Das wiederum hat zur Folge, dass jeder, der am Beckenrand steht, sitzt oder liegt, mit absoluter Deutlichkeit alles sehen kann, was sich unter der Wasseroberfläche befindet.
Meinen nackten Unterbau zum Beispiel.
Und als ich Isa und Roxie zu verstehen gab, was für ein Problem ich hatte, wurde es noch unangenehmer. Denn sowie die Leute mitbekamen, dass mir mein Höschen abhanden gekommen war, ging eine Welle der Hilfsbereitschaft durch die Menge – vor allem durch die männliche –, und alle wollten helfen, indem sie aufsprangen und zum Beckenrand stürzten und sich die Augen nach meinem Bikinihöschen ausstarrten.
Mir war diese übertriebene Hilfsbereitschaft natürlich peinlich, und ich war heilfroh, als Roxie endlich rief: »Ich hab’s gefunden!« Sie stand ein paar Meter von mir entfernt und schwenkte mein Höschen in der Luft. Ein Raunen ging durch die Menge, das ich nicht so richtig deuten konnte, und einige suchten weiter, obwohl schon alles gefunden war, und dann schaltete der Bademeister den Wasserzulauf wieder ein, weil ich inzwischen ja von der gefährlichen Stelle weg war.
»Los, wirf rüber!«, rief ich Roxie zu.
Zwischen uns befand sich die Mündung der Rutsche, sodass ich nicht zu ihr kommen konnte und sie nicht zu mir.
»Okay, pass auf!«, rief sie zurück, dann holte sie aus und warf.
An dieser Stelle muss ich erwähnen, dass Roxie ein sportlicher Mensch ist, und auch bei den Wurfdisziplinen in der Schule kann sie nicht die Schlechteste gewesen sein. Denn so, wie sie mir mein Bikinihöschen zuwarf, hätte alles gepasst, da hätte kein Ballistiker der Welt eine bessere Flugbahn errechnen können, und ich streckte in froher Erwartung meine Hände hoch, um es aufzufangen. Ob ich es dann auch tatsächlich erwischt hätte, werden wir nie erfahren, denn als das Höschen nur noch einen knappen Meter von meinen Händen entfernt war und ich schon dachte, ich hätte es, kam etwas dazwischen, womit keiner von uns gerechnet hatte: Opas Kopf.
Der kam nämlich genau in diesem Moment die Rutsche heruntergebraust und übernahm geradewegs das kleine Stückchen Stoff, das eigentlich dazu gedacht war, meine Lenden zu bedecken. Und als er dann im Wasser stand
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