Frauen sind auch nur Männer (German Edition)
bestialische Weise ermordet und als grausam gerupfter und abgenagter Kadaver aufgefunden werden sollte. Diesen Tod soll er durchaus verdient haben. Whodunit? Wer hat es getan?
Dass ich davon nichts wusste, konnte dem Autor am wenigsten wurscht sein. Denn nicht etwa Millionen Leser sollten fiebrig vor Neugier gemacht werden, sondern alle üblichen Verdächtigen und Beteiligten des Kulturbetriebs. Also rief der Autor, Chef des anderen überregionalsten deutschen Tagesfeuilletons, einen Kollegen an, der, wie er, unter dem durch Rufmord jetzt gemeuchelten Kulturchef gelitten hatte und im Streit gegangen war: »Könntest du nicht eine autobahnbreite Spur legen, die zu meiner Autorschaft in der Mordgeschichte führt, dass ich unseren Ex-Chef genüsslich gemeuchelt und in aller Schandbarkeit als Leiche ausgebuddelt habe?«
Das tat der im dritten überregionalsten Feuilleton Tätige. Und ich, wie hundert andere Kulturkollegen, denen jeder recht ist, las es mit dem der Branche eigenen boshaften Vergnügen. Nun war wieder der Rufgemordete am Zug. In der Sache befragt, sagte er lakonisch: »Ich lese keine schwedischen Krimis.« Gut pariert, Löwe!
Alter Schwede!, konnte man da sagen, denn nun musste sich der Schreibtischtäter outen, aus seinem Pseudonym heraustreten und gestehen: Ich war es, aber der Ermordete, der selber schuld ist, war nicht gemeint! Nicht persönlich, höchstens ein Prototyp des Kulturbetriebs. Nach dem Motto: Mir ist jeder recht. So bleibt genug hängen, und haftbar gemacht werden kann man auch nicht.
Die Schreibtischtäter-Rache fiel ins Sommerloch, bekleckerte dabei aber sowohl das Opfer wie den Mörder. Wie es im Kulturbetrieb sein muss, ging es aus wie das Hornberger Schießen. Das Motiv der Geschichte ergibt sich aus dem Roda-Roda-Dialog, bei dem der Vorgesetzte seinen Stellvertreter fragt: »Leiden Sie auch so unter Blähungen?« Worauf der antwortet: »Nur unter Ihren!«
PS : Die Toten und Lebenden in der Reihenfolge ihres Auftretens: Frank Schirrmacher, Thomas Steinfeld, Richard Kämmerlings. Die Feuilletons in ebender Reihenfolge: » FAZ «, » SZ «, »Welt« – und für diese Glosse: »Hamburger Abendblatt«.
25 . August 2012
Die Wassermelone
Von der provenzalischen Hitze, einem hilfsbereiten Polizisten und der Frage: Was wäre, wenn wir die Welt nicht missverstehen würden?
Salernes wäre ein verträumter provenzalischer Marktflecken, wenn es die Sommertouristen und den daraus resultierenden Mangel an Parkplätzen nicht gäbe. Es liegt acht Kilometer vom Weingut meines Schwagers entfernt, ein Platz, der das Paradies auf Erden wäre, wenn es des Nachts keine Mücken, tagsüber keine Wespen und Tag und Nacht keine brütende Hitze gäbe.
Alles Verträumte und Paradiesische ist immer mit einem »wenn« verbunden, genauer: von einem »wenn nicht« eingeschränkt. Wäre es nicht so, könnte man es vor Glück auf Erden nicht aushalten. Ich komme zur Melone, zur Wassermelone, der köstlichsten Frucht bei 39 Grad Hitze und von großer Attraktivität als Mittagsmahl im Schatten für Mensch und Wespe. Eine summende, handwedelnde Idylle.
»Wollen Sie eine ganze?«, fragt der Gemüsehändler und zeigt auf einen grünen Riesenballon. »Eine halbe«, sagt meine Frau. »Eine ganze«, sage ich, mit dem Argument: »Bei der Hitze!«
Der Gemüsehändler schlägt mir vor, mit der Melone und den dicken Ofenkartoffeln vor dem Laden zu warten, während meine Frau das Auto holt.
Meine Frau, praktisch wie immer, schlägt mir vor, ich solle an der Hauptstraße warten. Ich schleppe die Kiste zur Ecke, warte zehn Minuten, da kommt auch schon meine Frau, hält mitten auf der Straße, ich stürze zum Kofferraum, der geht nicht auf, ein Polizist –
der
Polizist – beobachtet uns, kommt, sagt freundlich, während ich am Kofferraum rüttle, er werde meine Frau am Fenster verständigen, die hektisch versucht, im Mietwagen den Öffnerknopf für den Kofferraum zu finden. Sie sieht den Polizisten neben der Scheibe, denkt: »O Gott, ich halte im Halteverbot«, gibt Gas und rast davon. Ich stehe da mit meiner Riesenmelone.
Eine Viertelstunde später, der Polizist wartet mit mir, kommt sie auf Umwegen über das Einbahnstraßensystem wieder angefahren. Meine Frau sagt beim Losfahren, wegen des »Kack-Polizisten« habe sie nicht anhalten können. Sie fürchtete ein Strafmandat. Sie sagt wirklich »Kack-Polizisten«, was sie sonst nie sagt. Es ist sehr heiß.
Ich sage: »Das ist gar kein Kack-Polizist, der hat mir
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