Frauen sind auch nur Männer (German Edition)
notfalls auch über die kalte Küche, und sei’s zum Zwiebelschneiden. Persönlich. Vom Zuhören, vom Gesagten ist noch keiner satt geworden. Also schreibt er, und da gibt’s kein Vertun: »Man muss ihn am Küchentisch erleben. Man muss erleben, wie er ein großes Essen vorbereitet!« Schwarz auf weiß ein Muss-Erlebnis, das hier geschildert wird, kein Botenbericht. Keine Mauerschau. In dem nachgeschmeckten, nachgelebten Essen gibt es ein einziges Diminutiv. Wie heißt es so schön? Das Diminutiv ist der Feind des Superlativs.
Es gibt bei Voßkuhle ein »Arbeitsweinchen« zum Arbeitsessen. »Weinchen« ist gut. Das Diminutiv als heimlicher Säufer-Superlativ. Als Verharmlosung, als Euphemismus. Wie das »Bierchen«. Wie: »Trinken wir noch ein Tröpfchen!« Wie der »wönzöge Schlock« aus der »Feuerzangenbowle«, das Schlückchen. Wie die Aufforderung: »Komm, mein Schatz, wir trinken ein Likörchen, und dann flüster ich dir leise was ins Öhrchen!« Vielleicht die Geschichte vom Süppchen, das sich Prantl selbst eingebrockt hat und selber auslöffeln muss. In Wien nennt man es das Arbeitsessen eines Adabeis.
11 . August 2012
Gedöns mit der Babypause
SPD -Chef Sigmar Gabriel übt sich als politische Supernanny – und läuft sich so für höhere Aufgaben heiß
Der Niedersachse Gerhard Schröder nannte es »Gedöns«, als er noch Kanzler in Berlin war. Gedöns war alles, was im Familienministerium angesiedelt war, Kinder, Küche, Gleichberechtigung, Quote, Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub und all solcher Krimskrams.
Gedöns ist niedersächsischer Sprachgebrauch und bezeichnet ein Hin-und-her-Gezerre um nichts, etwas Aufgeblähtes, das Adjektiv »gedunsen« ist damit verwandt. Mach kein solches Gedöns um die paar hundert Milliarden! »Krempel« kann es auch heißen. Alles das, was im Keller herumsteht und eigentlich zum Sperrmüll muss.
Heute ist Schröder altersweise geworden und kümmert sich brav um seine Tochter, um Schulbrot, Freizeit, Fahrradreparieren. Denn seine Frau Doris hat den Spieß umgedreht und ist in die Politik gegangen, während er sich, neben Gazprom, als Hausmann übt.
Damals, als er Gedöns noch Gedöns nannte, war Sigmar Gabriel, heute das am heftigsten mit den Hufen scharrende und die Nüstern blähende Pferd der Troika, auch zeitweise für ein Gedöns zuständig: Er war – erinnern Sie sich noch? – der Popmusik-Beauftragte der SPD . Echt! Also für das Gedröns im Gedöns, für den Lärm in der Kellerbar und im Rockstadion.
Heute ist er vom Saulus zum Frauenversteh-Paulus geworden. Er nimmt nach der Genossin Andrea Nahles eine Babypause. Vati gehört der Tochter, aber auch dabei hyperventiliert er und produziert politische Ideen am laufenden Band und »nervt« (so Nahles) die im Brandt-Haus mit seinen politisch atemlosen Aktivitäten, mitten im Sommerloch und im Vaterschaftshoch. Zuerst hatte er, ganz Familienmensch, beim Windeln in den Toilettenräumen gemerkt, dass es im Herrenklo keine Wickelmöglichkeiten gibt. Hier herrscht, wie der Politiker spricht, Nachholbedarf. Aber sonst mischt er sich in alles und zeigt seinen Mit-Troikisten den Stinkefinger, während die naiv echt Urlaub machen.
Reichensteuer, Europa-Schulden, Banken auf den Topf setzen, Volksentscheide anfordern – ein Sommerinterview jagt das andere, allerdings in schlabbernder Freizeitkleidung.
In Wirklichkeit und Wahrheit ist das ein perfider Trick gegen die Gleichstellungsbelange. Seht her, sagt der vollschlanke SPD -Zampano, das, worüber ihr Frauen im Babyjahr so ein Gedöns macht, das mache ich mit links. Mit dem kleinen Finger. Ich bin pausenfüllender Vater und laufe mich heiß fürs Vaterland! Das soll mir mal eine oder einer nachmachen!
18 . August 2012
»Der Sturm« im Wasserglas
Mord und Totschlag im Sommerloch – wie ein Schwedenkrimi für Aufregung in den großen deutschen Feuilletons sorgt
»Wissen S’, wer gestorben ist, Herr Direktor?«, soll in den fünfziger Jahren der Sekretär mit aufgesetzter Trauermiene den Wiener Burgtheaterdirektor Raoul Aslan gefragt haben. Worauf dieser antwortete: »Mir is jeder recht.« Eine schöne Pointe aus dem heiteren Bestiarium des Kulturbetriebs, die einem einfallen kann, wenn man die folgende Geschichte liest.
Vor zehn Tagen wusste ich noch nicht, dass in Kürze ein unter Pseudonym verfasster schwedischer Krimi (»Der Sturm«) erscheinen sollte, in dem der (Kultur-)Chefredakteur der sozusagen überregionalsten deutschen Tageszeitung auf
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