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Frauen sind auch nur Männer (German Edition)

Frauen sind auch nur Männer (German Edition)

Titel: Frauen sind auch nur Männer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hellmuth Karasek
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sämtliche Vogelstimmen, also Amsel, Drossel, Fink und Star und die ganze Vogelschar, an ihrer Stimme erkennen konnte. Der Plural von »Vogel« war in einer Sendung für die ganze Familie ein gewisses Risiko, das Elstner zu vermeiden suchte. Was da alles schiefgehen konnte! Also sprach er statt von Vögeln von »unseren gefiederten Freunden«. Doch das Unterdrückte, Verdrängte, wir wissen es dank Freud, schlägt zurück. Ich dachte jedes Mal, wenn er wieder die gefiederten Freunde nannte: Warum spricht er nicht von Vögeln? Und seither konnte ich nie etwas von »gefiederten Freunden« hören, ohne schmutzige Gedanken zu haben.
    Es war dies ein unfreiwilliges Beispiel für Loriots Pannen- und Benimmregel-Humor, bei dem ein Staubsaugervertreter die Hausfrau mit dem Werbespruch gewinnt: »Es saugt und bläst der Heinzelmann, wo Mutti sonst nur saugen kann!« Der Heinzelmann, auch Karl-Heinz oder Heinzi genannt, war der Prototyp des Deutschen, gespiegelt in den Mainzelmännchen, die zwar giggern und gaggern, aber von Tuten und Blasen keinen Schimmer haben – und auch nicht von Amseln, Drosseln oder gar Vögeln. Damals sprach man, wenn überhaupt, vom Storch. Der sorgte für die geruhsame Nacht.

13 . Oktober 2012

Leise rieselt’s im Schnee
    Als Grass noch seinen Mann stand. Von Annerose, Aurora und allem, was nicht gesagt werden muss
    Anfang April veröffentlichte Günter Grass – Sie, geneigter Leser, werden sich erinnern – in der »Süddeutschen Zeitung« ein Gedicht, in dem er Israel vor einem Krieg gegen den Iran warnte. Die meisten fanden das Gedicht grottenschlecht bis unterirdisch, die Lage im Nahen Osten hat sich seit dieser Zeit nicht gebessert, im Gegenteil. Und das Gedicht versprach nur in einer Zeile Hoffnung, als der Autor fragte: »Warum sage ich erst jetzt, gealtert und mit letzter Tinte« … was gesagt werden muss?
    Leider war es nicht »die letzte Tinte«, der Autor ist weiterhin lyrisch inkontinent und tröpfelt im freien Versstrom vor sich hin. Er hat dem Unsäglichen, das er sagen zu müssen glaubte, einen Gedichtband »Eintagsfliegen« folgen lassen, in dem er Talkshows bedichtet, empfiehlt, den Bundespräsidenten durch einen Roboter wählen zu lassen (Achtung, Ironie!), und seinen Enkeln laut zuruft, den »Krempel, aus Sklavenarbeit gewonnen« (er meint Smartphones etc.), einfach wegzuwerfen.
    Auch von der Liebe, dem Harndrang einst und jetzt sowie dem Unterschied zwischen Jungsein und Prostata-Sorgen ist die lyrische Rede, aber wer denkt, das sei besser als die politische Stammtisch-Kannegießerei, merkt schnell: Da kommt Grass vom Regen in die Traufe und liefert auch im Wortgefäß eine Urinprobe.
    Hier also das Gedicht, das offenbar ein unverbesserlicher Stehpinkler verzapft hat: »In jungen Jahren konnte ich/mit strammem Strahl/die Namen der jeweils Geliebten,/selbst längere wie Annerose und Aurora,/in den Schnee pinkeln, sogar/mit zärtlichem Vorwort und Nachwort;/sobald es gegenwärtig schneit,/bin ich dankbar, wenn es gerad noch/zum Bekenntnis für Ute reicht.«
    Zur Erläuterung: Ute ist die Grass-Gattin. Man ahnt, dass sie hofft, dass es so bald nicht schneit und dass sie ihm die Bettpfanne unterschieben kann, bevor es zum Äußersten kommt.
    Das Gedicht speist sich aus zwei Quellen oder Blasen, wenn man so sagen darf. Einmal aus dem Ausspruch des großen Malers Max Liebermann, der beim Anblick eines Bildes eines schwachen Kollegen gemurmelt haben soll: »So wat piss ick Ihnen in den Schnee!« Nach einer anderen Version soll der großbürgerliche Impressionist, dessen Herz links schlug, gesagt haben, als man ihm vorschlug, den damaligen Reichspräsidenten Hindenburg zu malen, dass er den in den Schnee pinkeln könne.
    Die andere Quelle ist der galizische Witz aus der Zeit, als die Garnisonsoffiziere noch handschriftlich mit ihresgleichen und der Liebsten verkehrten: Da wird ein Offizier aus dem Kasino verbannt, weil er nachts in den frischgefallenen Schnee gepinkelt hat: »Natascha, ich liebe dich!« Und zwar unverkennbar – Natascha war die siebzehnjährige »federführende« Tochter des Regimentskommandeurs – in ihrer Handschrift. Was bei Tageslicht graphologisch offenbar wurde.
    Bei Günter Grass aber wird das zu einer Altherrenzote, die sich – »Ho! Ho! Alter Schwerenöter!« – erinnert, wie er sich in jungen Jahren seine Registerarie, von »Annerose bis Aurora«, stramm aus der Blase strunzte, wo er jetzt leider nur noch die letzte Tinte nicht halten kann.

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