Frauen und Bücher: Eine Leidenschaft mit Folgen (German Edition)
Radcliffe vertreten. Eingezwängt zwischen »George Aust, Esq.« und »Mrs Ayton« war schließlich eine gewisse »Miss J. Austen, Steventon« zu finden. Die Guinee für die Subskription hatte der zwanzigjährigen Jane Austen ihr Vater spendiert.
1795 war Jane Austen eine lebenslustige junge Frau, die Geselligkeit schätzte und möglichst keine Einladung zu einem Ball oder Abendessen ausschlug. Einem Flirt war sie selten abgeneigt und verwandte viel Zeit auf ihr Aussehen. »Ich habe mein ganzes Geld für eine pinkfarbene Persianerstola ausgegeben«, schrieb sie an Cassandra, ihre zwei Jahre ältere Schwester und lebenslange Vertraute. Deshalb hoffe sie nur, dass ihr Bruder Edward die Pelze, mit denen er sie bedenken wolle, nicht gekauft habe; »denn ich werde nicht in der Lage sein, ihn zu bezahlen«.
Als die Bände von Camilla im Juli 1796 in Steventon eintrafen, waren sie kartoniert und unaufgeschnitten. Wahrscheinlich hat Cassandra, in deren Besitz sie nach Jane Austens Tod übergingen, sie später mit einem Halbledereinband versehen. Trotz des gewaltigen fünfbändigen Umfangs hatten die beiden Schwestern die neue Burney im Nu verschlungen. Schon bald war Camilla ein beliebtes Thema in ihren Gesprächen und Briefen, auch weil sich das Buch wunderbar für Anspielungen und lästerliche Bemerkungen eignete, die insbesondere Jane so schätzte. Als sie im Sommer nach Rowling zu Freunden fuhr, gingen Briefe an die Schwester, in denen die Schreiberin ihre Situation dort mit Szenen verglich, die beide aus Burneys Roman kannten. Ihre Situation sei indes um einiges vorteilhafter als die von Camilla, schrieb sie: »denn ich bin glücklich hier«.
Obwohl Jane Austen ihre Bücher in Ehren hielt und Camilla selbst bei ihren zwei größeren Umzügen nicht veräußerte, konnte die begeisterte Romanleserin, die seit ihrem zwölften Lebensjahr anfangs kürzere literarische Texte, später auch erste Romane schrieb, nicht der Versuchung widerstehen, in den kostbaren Band etwas hineinzukritzeln. Auf dem ursprünglichen Einband hat sie notiert: »Seitdem dieses Werk in Druck ging, hat ein Umstand von einiger Bedeutung für das Glück von Camilla stattgefunden, nämlich Dr. Marchmont ist schließlich gestorben« (wobei das letzte Wort durch den späteren Einband verdeckt wird). Dr. Marchmont ist eine unsägliche Figur in Burneys Roman – ein Wichtigtuer, der sich in alles einmischt und über fünf lange Bände zum Haupthinderungsgrund dafür wird, dass Camilla ihren Edgar heiratet, obwohl beide sich lieben. Die spöttische Bemerkung der jungen Jane Austen zeigt, dass bereits sie selbst von jener Krankheit infiziert war, die alle »Janeiten« charakterisiert, wie sich die bedingungslosen Anhänger Jane Austens nach dem Titel einer Kurzgeschichte von Rudyard Kipling aus dem Jahr 1926 bis heute nennen: Sie können der Versuchung nicht widerstehen, sich mit den Romanfiguren ihrer verehrten Autorin über das Ende ihrer Bücher hinaus zu beschäftigen. Mittlerweile ist daraus unter dem Stichwort Fanfiction ein eigener Zweig der Literatur von Lesern geworden.
Im Fall von Camilla ging Jane Austens Identifikation eine Zeitlang so weit, dass sie die Meinung anderer zu dem Roman zu einem Prüfstein für deren Charakter machte. An einer Miss Fletcher, der sie auf einer Party begegnete, hob sie zwei sympathische Eigenschaften hervor: Sie nehme keine Sahne in den Tee und bewundere Camilla . Dumme oder unliebsame Menschen hingegen zeichneten sich dadurch aus, das Buch nicht zu mögen. In Die Abtei von Northanger , ihrem 1797 begonnenen Roman, der erst postum erscheint, wirbt ein John Thorpe um die Heldin Catherine Morland, die Romane nicht nur liebt, sondern auch die Erwartung hat, das Leben gleiche ihnen irgendwie. Thorpe, ein prahlerischer Student, dessen literarische Urteile wie auch seine sonstigen Ansichten voller Klischees und Vorurteile sind, bezeichnet Camilla als das »alberne Buch dieser Frau, mit der so viel Rummel gemacht wird, sie ist mit diesem französischen Emigranten verheiratet«.
»Sie meinen sicher Camilla «, hilft Catherine seinem Gedächtnis auf die Sprünge.
»Ja, das ist das Buch, so was Übertriebenes! Ein alter Mann, der auf der Wippe schaukelt! Ich habe in den ersten Band reingesehen und fand ihn unerträglich; ich konnte mir schon denken, was es für blödes Zeug sein musste, bevor ich das Buch sah. Sobald ich hörte, sie hat einen Emigranten geheiratet, war mir klar, ich würde es nie durchkriegen.«
»Ich habe
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