Frauen wollen reden, Männer Sex: Wie verschieden sind wir wirklich, Herr Buschbaum? (German Edition)
drehte sich hundertfach um sich selbst. Zum Unmut einiger Putzfrauen versuchten meine Schwester und ich, unsere Gesangsqualitäten zu verbessern, indem wir uns mit Mikrophon und Euphorie bewaffneten. Binnen Sekunden trafen mich diese speziellen Nimm-dich-in-Acht-Blicke, die Frauen Männern wortlos zuwerfen und sie in die Knie zwingen. Sofort legte ich die Nummer eins der Wochencharts auf, um das Wohlwollen des ganzen Putzteams wieder zu erlangen. Einen Augenblick beobachtete ich noch erleichtert die gute Laune und die tanzenden Schürzen und Kopftücher, bevor ich mich auf geheime Schatzsuche begab. Ich wusste von früheren Aufenthalten, dass die nächtlichen Besucher des Clubs immer wieder einiges an Kleingeld aus ihren Hosentaschen verlieren. In gebückter Haltung suchte ich unter der Bar und bei den Geldspielautomaten nach Münzen. Ich roch den kalten Zigarettenrauch und das verschüttete Bier. Der Geruch von Geld war für meine Nase nicht viel anders, und schnell hatte ich einiges davon gefunden.
Meine Eltern wollten nicht, dass ich der Glücksspielsucht verfalle, und hatten mir verboten, an den Geldspielautomaten mein gefundenes Kleingeld in eine potentiell niedrige Chance auf einen Gewinn zu investieren. Wenn aber keiner zuschaute, gelang es mir doch ab und an, ein paar Münzen hineinzuwerfen und meine Schnelligkeit an den Tasten zu erproben. Ich begriff jedoch bald, dass es wesentlich spannender war, das Geld zu finden, als es sinnlos wieder zu verspielen, und erlebte dabei zum ersten Mal die Freude des Schenkens. Von meinem gefundenen Geld kaufte ich nämlich Blumen für jede Putzfrau. Nie hätte ich erwartet, welche Freude ich ihnen mit dieser kleinen Aufmerksamkeit machte und wie glücklich mich das selbst stimmte. Als ich ein paar Jahre älter war und in meinen eigenen vier Wänden wohnte, erinnerte ich mich gelegentlich an diese Glücksmomente, die zu teilen ein ganz besonderes Gefühl in mir hervorriefen.
Es war Muttertag. Als ich meine kleine Wohnsiedlung verließ, sah ich meine ältere Nachbarin im Garten wurschteln. Sie machte keinen sonderlich glücklichen Eindruck auf mich. Spontan fasste ich den Entschluss, ihr ein Muttertagsgeschenk zu machen. Nachdem ich einen schönen Blumenstrauß besorgt hatte, klopfte ich munter an ihre Balkontür. Sie öffnete verdutzt die Tür, denn viel Kontakt hatten wir bis dahin nicht gehabt. Ich küsste sie auf die Wange und übergab ihr meine Blümchen mit den Worten: »Heute ist Muttertag. Auch wenn Sie nicht meine Mutter sind, soll Sie trotzdem eine kleine Freude erreichen.« Die Freude der Frau über dieses unerwartete kleine Geschenk übertrug sich auf mich und füllte mich für einen Moment ganz aus. Es war ein magischer Moment – ein Orgasmus des Augenblicks.
Ich kann mich noch an eine weitere Situation erinnern. Meine damalige Freundin und ich wollten uns bei einer Bekannten für ein altes Klavier bedanken, das sie uns überlassen hatte. Wir besorgten einen großen Blumenstrauß, den die Floristin schön gebunden hatte, und verließen glücklich den Blumenladen. Als wir zu Fuß weitergingen, waren wir sehr ausgelassen, sprachen über Glück und wie einfach es manchmal ist, es weiterzugeben. Spontan schlug ich vor, dass wir der ersten Person, die lächelte, unseren Blumenstrauß überreichen sollten. Wir blieben also mitten auf dem Bürgersteig stehen, um die Menschen, die an uns vorbeizogen, anzusehen. Die meisten waren in Gedanken oder schauten mürrisch drein. In der Ferne sahen wir eine ältere Frau, die uns leicht humpelnd auf unserer Straßenseite entgegen kam. Als sie in unserer Nähe war, sahen wir, dass sie trotz ihrer Gehbehinderung lächelte. Wir hielten sie freundlich an und überreichten ihr den Blumenstrauß mit der Erklärung, dass sie als Einzige unter den vielen Menschen auf der Straße gelächelt habe. Neugierig fragten wir sie nach dem Grund. Sie antwortete, dass ihre Mutter heute Geburtstag habe und sie sich auf den Nachmittag mit ihr freue. Abgesehen davon sei es ein sonniger Tag, über den sie einfach gerne lächle. Jetzt freute sie sich noch mehr, weil sie den Blumenstrauß nicht für sich behalten, sondern ihn gleich an ihre Mutter weiterschenken wollte. Genau an dieser Stelle greift das Glücks- oder das Orgasmus-des-Augenblicks-Prinzip: Die Frau ging vermutlich freudestrahlend nach Hause, wird den Strauß ihrer Mutter überreicht haben, die sich ebenfalls freute und vermutlich dann auch ihre gute Laune weiterverbreitete. Ist es
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