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Frauenbataillon

Frauenbataillon

Titel: Frauenbataillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hoch, als wolle sie in die Sterne greifen und sich an ihnen festhalten, ihre Finger verkrampften sich. Dann brach sie zusammen und fiel auf das Gesicht.
    Mit weit aufgerissenen Augen verfolgte Stella Antonowna den grausamen Tod ihrer Kameradin. Schießen konnte sie nicht, da der Deutsche außerhalb ihres Schußfeldes lag. Aber sie wußte jetzt, wo sie ihn zu suchen hatte.
    Lautlos hetzte Hesslich auf seinen dicken Gummisohlen weiter, schlug einen Bogen und wartete in einer verbrannten Scheune auf das Mädchen, das den Warnschrei ausgestoßen hatte. Er zog seine Strickmütze tiefer ins Gesicht, obwohl der Lehmbrei es ohnehin schon zu einem undeutlichen Fleck verdunkelte, suchte sich im Gebälk eine Nische, von der aus sich ihm ein freies Blickfeld bot, und ging dort in Stellung.
    Stella Antonowna kümmerte sich nicht um Flora Victorowna. Sie wußte, daß hier nichts mehr zu helfen war, und daß sie jetzt mit einem ebenbürtigen Gegner allein war – ihr großer, geheimer Wunsch war in Erfüllung gegangen. Die Schüsse müssen gehört worden sein, dachte sie und blieb zunächst liegen. Vielleicht auch mein Schreien. Aber dann fiel ihr ein, daß alle gefeiert und zuviel getrunken hatten, und daß Soja Valentinowna und Leutnant Ugarow gar nicht mehr fähig waren, etwas zu hören oder irgendeinen Befehl zu erteilen. Alle, bis auf die Kameradinnen, die als Posten eingeteilt worden waren, lagen sie jetzt in ihren Unterständen und schliefen. Die nächste Ablösung sollte in vier Stunden erfolgen und bis dahin schliefen auch die Abkommandierten. Zwei einzelne Schüsse weckten sie nicht auf.
    Drei Posten standen vor dem Graben der Abteilung Bajda, und zwei von ihnen waren bereits tot. Es war logisch, daß jetzt auch die dritte Wachhabende kommen würde, um nachzusehen, was Flora oder Dunja veranlaßt hatte, zweimal zu schießen. Sie hatten keinen Alarm gegeben; was Besonderes konnte es also nicht gewesen sein.
    Peter Hesslich verdankte es wirklich nur dem Zufall, daß er den schnellen Schatten sah, der durch die Dorfruinen huschte. Die Art, wie sich das Mädchen bewegte, wie es jede Möglichkeit der Deckung und jeden tiefen Schatten ausnutzte, wie es nach jedem Sprung abtauchte und kein Ziel mehr bot, faszinierte ihn. Das sind wirklich Könnerinnen, dachte er. Dagegen bewegt sich ein deutscher Landser wie ein Nilpferd, das gerade an Land steigt. Diese Schnelligkeit, diese Grazie, diese vollkommene Anpassung an das Gelände – phantastisch!
    Schade, mein Mädchen, daß du heute ausgerechnet ins Visier eines Peter Hesslich läufst. Warst du auch dabei, als ihr meine zehn Kameraden abgeschlachtet habt?
    Marianka Stepanowna Dudowskaja, die zierliche Bäckerin aus Kaluga, wirkte ohne die Uniform noch etwas kindlich. Aber dieser erste Eindruck täuschte; schließlich war sie es, die Plötzerenke für sich beansprucht hatte und ihm das ›Bullengehänge‹ abschießen wollte, sobald sie ihm wieder begegnete. Sichernd blieb sie jetzt im tiefen Schatten einer Scheunenwand stehen. Hesslichs Vermutung stimmte: Marianka war bei der Liquidation der Maschinengewehrabteilung dabei gewesen und hatte zwei Deutsche in ihr Trefferbuch eintragen können. Sie konnte jetzt auf 32 Abschüsse verweisen und war Trägerin zweier Tapferkeitsmedaillen.
    Hesslich starrte auf die Schattenwand, in der das Mädchen verschwunden war. Sein Gewehr hielt er in den Händen, bereit, es sofort ans Auge zu reißen und abzudrücken. Das war eine Spezialität von ihm, die ihm keiner nachmachte: Er konnte mit dem bloßen Auge ein Ziel anfixieren, das Gewehr hochreißen, Blicklinie, Kimme und Korn stimmten im Bruchteil einer Sekunde überein, und dann peitschte auch schon der Schuß, um mit tödlicher Genauigkeit zu treffen.
    Stella Antonowna huschte lautlos durch die Gärten. Genau wie Hesslich schlug sie einen Bogen um die Stelle, an der sie den Gegner vermutete, und näherte sich ihm von einer anderen Seite. Allerdings täuschte sie sich dieses Mal – Hesslich war längst weitergerannt und kniete hinter einem Haufen Trümmerschutt, keine fünf Meter von der toten Dunja entfernt. Er hatte einen Kreis geschlagen und war nun fast an der gleichen Stelle angelangt, an der Stella sich bei seinem ersten Schuß in Deckung geworfen hatte. Sie lagen jetzt, ohne es zu wissen, erneut einander gegenüber, zwischen sich die Leichen von Dunja und Flora. Marianka verharrte noch immer im Schutz der Scheunenwand, außerhalb dieser Todeszone, und Hesslich glaubte noch immer, daß

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