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Frauenbataillon

Frauenbataillon

Titel: Frauenbataillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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den Vortrag halten sollte, Fjodor Semjonowitsch Kubelkow hieß er, wurde von Durchfall geplagt, und so kam ich früher nach Hause. Damals habe ich gelacht über die Dummen, die da sangen und beteten … jetzt verspreche ich dir, du Gott, wenn es dich gibt, daß auch ich mich zwischen die Schafe knie und bete. Du brauchst mir nur diesen Teufel in die Hände zu schicken …
    Sie blieb am Waldrand liegen, lauschte auf neue Geräusche, aber außer dem Wind in den Bäumen und dem Ächzen der Zweige war nichts um sie herum, was die Stille der Nacht störte.
    Sie wälzte sich unter einen Busch junger Birkenheister, wo auch das Gras noch hochstand, sie verschwand völlig darin und fühlte sich ungemein sicher.
    Jetzt kommt es nur aufs Warten an, dachte sie. Warten und die Zeit nicht zählen. Wenn Sibirzew oder die anderen ihn nicht erwischen, wird er über kurz oder lang hier vorbeischleichen. Er wird zu mir kommen!
    Ihr Herz raste, und das Blut rauschte in ihrem Kopf. Als ein fremder Laut sie aufschreckte, zuckte sie zusammen.
    Sie erschrak vor dem eigenen Zähneknirschen.
    Die Blutspur, die Peter Hesslich hinterlassen hatte, brachte ihn in große Gefahr. Aber er hatte ganz bewußt eine Fährte gelegt, von der er hoffte, die furchtbare Blonde würde sie aufnehmen und ihr folgen – bis sie schließlich genau im Fadenkreuz seines Zielfernrohres auftauchte.
    Der Beerensammler war das letzte Opfer gewesen. Hesslich hatte alle anderen Ziele, die sich ihm noch im Laufe des Tages boten, verschmäht. Dabei waren es gute, leichte Ziele gewesen, Soldaten, die sorglos durch den Wald spazierten, sich am Waldrand niederhockten, im Gras lagen, selbstgedrehte Machorkazigaretten oder ein Pfeifchen rauchten. Warum sollten sie auch nicht? Hier war ja keine unmittelbare Front mehr. Natürlich, die deutsche Artillerie hätte das Land zerhämmern können, aber um Munition zu sparen, tat sie es nicht. So gesehen, war hier Etappe, ruhiges Hinterland, fast schon ein Stückchen Frieden, das man genießen sollte, bevor der heiße Sommer der Offensiven kommen würde.
    Hesslich, unter einer verfilzten Buschgruppe gut versteckt, sah in aller Ruhe zu. Einer der Soldaten saß fast greifbar nahe vor ihm auf einem Wurzelstock und schnitzte aus einem großen Stück Holz ein russisches Bauernhaus, und Hesslich war klar, daß alle Sehnsucht nach einem fernen Dorf in dieser Schnitzerei lag, unendliches Heimweh nach einem vertrauten Fleckchen Erde.
    Da sitzt du nun, dachte Hesslich, denkst an zu Hause, und deine Finger führen das kleine Taschenmesser und übertragen deine ganze Liebe auf dieses Stückchen Holz, aus dem sich nun dein windschiefes, strohgedecktes Haus formt. Weit weg bist du mit deinen Gedanken, und hinter dir liegt der Tod … Nur weil du eine andere Uniform trägst, darf ich dich töten! Ist das nicht ein Irrsinn!? Du bist ein Mensch, ich bin ein Mensch wir sollten immer und überall Brüder sein! Schulter an Schulter sollten wir versuchen, unser aller Leben schöner zu machen! Aber was tun wir wirklich? Wenn ich dich jetzt anrufe, wirst du herumwirbeln, und nur der Schnellere von uns wird überleben! Oder ich hebe ganz langsam und unhörbar mein Gewehr, ziele auf deinen Hinterkopf und ziehe den Zeigefinger durch. Und keiner wird sagen: Das war Mord! Niemand wird mich anbrüllen: Du Mörder! O nein, man wird mir gratulieren, wird mich auszeichnen und befördern, mich genauso wie dich, sowjetischer Bruder, falls du der Glücklichere sein solltest. Und das alles nur, weil da verschiedene politische Ideen sind, nationale Ziele, Eroberungsträume einzelner, wirtschaftliches Vormachtstreben und persönliche Machtgier.
    Wann wird sich endlich die Idee der Menschlichkeit durchsetzen? Wann wird der Mensch begreifen, daß er nur überleben kann, wenn er seinesgleichen wie seinen Bruder behandelt?
    Nach zwei Stunden trollte sich der junge Schnitzer und ging zurück zu seiner Truppe. Hesslich erhob sich, machte ein paar Kniebeugen, schlenkerte Beine und Arme in den Gelenken und schlich dann vorsichtig weiter durch den Wald, huschte von Baum zu Baum.
    Merkwürdige quietschende Laute veranlaßten ihn jedoch schon bald wieder, zum Waldrand zurückzukehren. Hinter einer dicken Birke stehend, im Schutz tiefer Abendschatten, beobachtete er belustigt, wie ein sowjetischer Unterleutnant sich unermüdlich mit einer dicklichen Bauersfrau beschäftigte. Sie hatte den Rock hochgeschlagen, er die Uniformhose heruntergelassen. Ineinander verkrallt hieben sie auf den

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