Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frauenbataillon

Frauenbataillon

Titel: Frauenbataillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Und trug er keine Uniform?«
    »Nein! Ich … ich habe jedenfalls keine erkannt …«
    »Aha!« Ugarow grinste breit. »Genosse Sibirzew, ich werde Ihnen mit dem nächsten Nachschub eine gute Brille kommen lassen.«
    Zähneknirschend entfernte sich Sibirzew und schimpfte Ugarow einen ekelhaften Bettnässer.
    Schon drei Stunden später sah alles ganz anders aus.
    Am hellen Nachmittag wurden in einem Gärtchen des Dorfes Maria Petrowna und Amalja Fjedorowna erschossen. Im Graben hörte man die beiden trockenen Schüsse, doch als die Streifenposten herbeiliefen, kam jede Hilfe bereits zu spät. Mit Schüssen mitten durch die Stirn lagen die beiden Mädchen in den frisch geharkten Beeten.
    Starr vor Entsetzen betrachtete Soja Valentinowna die Toten. Sibirzew schielte hinüber zu Ugarow, der nervös an der Unterlippe kaute. Brauche ich nun eine Brille, he, dachte er triumphierend. Du hochnäsiger Offiziersaffe! Jetzt weißt du, was das für ein Fremder ist! Nein, eine Uniform trug er wirklich nicht, vielmehr so etwas wie eine blusenförmige Jacke, braun oder sogar blau, es ging alles so schnell … Auffallend war nur, daß er keinen richtigen Kopf besaß. Auf die Entfernung konnte ich den jedenfalls nicht erkennen. Aber wie erzählt man so etwas einem Ugarow? Ein Mann ohne Kopf! Ugarow war fähig, einen Antrag zu stellen, den Sergeanten Sibirzew auf Geisteskrankheit untersuchen zu lassen. Also Mund halten, Bairam Wadimowitsch. Schweigen ist Klugheit. Es kann sein, daß der Zufall dich liebt und dir den Mann noch einmal vor den Gewehrlauf bringt. Dann wirst du es ihnen zeigen, diesen blinden Maulwürfen, die so großmäulig daherreden!
    Am Abend fand man in einer Scheune Lydia Iwanowna. Sie lag da wie eine Schlafende, nur das kleine, blutumsäumte Loch in der Stirn paßte nicht zu dem friedlichen Bild, das sie bot. Die Scheune lag am anderen Ende des Abschnitts, den die Abteilung Bajda kontrollierte, wodurch bewiesen wurde, daß der Schütze seelenruhig vor dem Graben und allen Posten von links nach rechts gewandert war. Und niemand hatte ihn bemerkt.
    »Zu gut geht es euch!« schrie Soja Valentinowna ihre Unterführerinnen an, die Unteroffiziere und Gruppenführerinnen. »Es ist Krieg, aber ihr steht herum und träumt von Betten und Schwänzen! Schluß mit dem ruhigen Leben! Alarmstufe Angriff! Verstärkte Patrouillen bis zum Donez!«
    Sie tobte zwanzig Minuten lang, wobei sie ihre überlegenen Kenntnisse der gemeinsten Flüche und Schimpfwörter für jedermann hörbar unter Beweis stellte. Dann ging sie selbst hinaus ins Gelände, bewaffnet wie ihre Mädchen. Leutnant Ugarow blieb zusammen mit einer Funkerin und der Ärztin Galina Ruslanowna im Graben zurück. Und Galina sprach aus, was Ugarow nicht sagen wollte:
    »Glaubst du, es ist der Deutsche mit der Strickmütze?«
    »Ich weiß es nicht. Und wenn: nur keine Panik! Stella Antonowna und vierzig andere Rotarmistinnen sind genauso gut wie er, allenfalls noch besser! Außerdem wäre es Wahnsinn! Ein einzelner Mann! Was will er ausrichten?«
    »Er kann die Straße mit Toten pflastern … ist das nicht genug? Drei sind es schon! Und es herrscht Unruhe …«
    »Er hat die Überraschung auf seiner Seite! Jetzt wartet man auf ihn! Wir werden ihn finden und liquidieren …«
    So einfach, wie Ugarow sich das vorstellte, ließ sich die Bedrohung nicht beseitigen.
    In der Nacht geschah etwas Unvorstellbares: Zwischen der Abteilung Bajda und dem Bataillon, also hinter der Linie, wurden fünf Rotarmisten erschossen, die mit einem kleinen Lastwagen Material zu einer Artilleriestellung bringen wollten. Vier Stunden später starben, an völlig anderen Stellen, zwei Sowjets an sauberen Kopfschüssen. Sie kamen von einem Kameradenbesuch bei einer leichten Flakbatterie zurück. Im Morgengrauen erwischte es dann den Kopf des vorerst letzten Opfers. Es war ein Oberleutnant, der mit einem Motorrad über die Steppe zu seinem Bataillonsstab fuhr.
    Die Bajda saß vor Ugarow auf einem Hocker und starrte mit verzerrtem Gesicht gegen die Erdwand des Bunkers. Victor Iwanowitsch versuchte, sie zu trösten.
    »Er ist jetzt nicht mehr bei uns. Er zieht wie ein hungriger Wolf herum und fällt jeden an, dem er begegnet …«
    »Aber er ist von hier gekommen!« sagte die Bajda dumpf. »Er ist durch das Grabensystem hinter unserer Linie geschlichen, und keiner hat ihn gesehen! Wir haben ihn durchsickern lassen … wie soll ich das ertragen? Sag es mir! Es zerreißt mich! Hast du gehört, was der

Weitere Kostenlose Bücher