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Frauenbataillon

Frauenbataillon

Titel: Frauenbataillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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über die weibliche Sondereinheit übernommen, sich vor den neugierigen Frauen aufgebaut und mit lauter Stimme verkündet hatte:
    »Das Büro für politische Schulung begrüßt euch! Es genügt nicht allein, Kimme und Korn zu finden, sondern jeder Schuß muß auch von der Liebe zur Heimat beseelt sein! Mut ohne kommunistische Begeisterung ist wie Limonade, der der Zucker fehlt! Und was ist das? Fades Wasser! Wollt ihr fades Wasser sein? Ich bin gekommen, um euch für den Kampf zu begeistern.«
    »Oje!« sagte damals der Kapitän Bajda. »Was haben wir da an den Rock geklebt bekommen! Seht euch das Männchen an. Und der soll uns begeistern – so ein räudiger Mäuserich!«
    Es ist ja schon gesagt worden: Miranski hätte diese Weiber liebend gern mit der gleichen Anzahl Teufel ausgetauscht und hätte sich dabei wohler gefühlt. Was immer geschah, wo immer sie sich gerade aufhielten, ob in der Etappe, ob an der Front, ob in Stalingrad oder jetzt in der Steppe am Don – immer kam es Miranski vor, als renne er gegen eine Gummiwand, wenn er mit Soja Valentinowna zu tun hatte. Und er hatte mit ihr zu tun, täglich, stündlich, immer … Wenn er nur den Mund aufmachte, sah Kapitän Bajda ihn an, als spucke er Sonnenblumenkerne gegen ihre Brust.
    Heute nun hatte aber auch Soja schwere Bedenken. Die beiden Gefangenen wurden in den Bunker des II. Zuges getragen und dort auf den Boden gelegt. Man nahm ihnen die Helme ab und öffnete die Uniformen über der Brust. Sie waren noch besinnungslos und sahen aus, als schliefen sie – zwei junge Burschen mit schwarzen Locken und kindlichen Gesichtern.
    »Morgen früh, wenn der Genosse Kommissar erwacht, müssen sie weg sein!« sagte Soja Valentinowna gepreßt. »Ihr wart tapfer, habt eure Aufgabe hervorragend erfüllt, habt bewiesen, daß nichts euch aufhalten kann! Damit ist die Prüfung beendet.«
    Sie nickte kurz, warf noch einen Blick auf die beiden Ohnmächtigen und verließ dann den Bunker. Draußen stand Leutnant Ugarow in der schneidenden Kälte und rang die Hände.
    »Sie müssen gleich nach hinten!« sagte er aufgeregt. »Sofort! Je schneller, desto besser. Bringt sie zum Troß – dann sind wir sie los.«
    »Es kommen heute keine Schlitten mehr.« Soja wandte den Kopf und starrte in die weite Steppe. »Erst morgen wieder …«
    »Das gibt eine Katastrophe! Wir können die beiden doch nicht einen Tag lang verstecken!«
    »Nein. Das geht nicht.« Die Bajda schob die Unterlippe vor. Auf der Pelzmütze, die ihr Gesicht umrahmte, glitzerten winzige Kristalle. Der Frost hatte ihr Antlitz gerötet, die leicht schräg gestellten Augen sahen Ugarow an. In ihrem Blick lagen Zärtlichkeit und Kälte. Victor Iwanowitsch hätte sich für diese Frau zerreißen lassen.
    »Was wird aus ihnen?« fragte Ugarow ziemlich hilflos.
    »Weiß ich es?« Soja Valentinowna legte den Arm um ihn und nickte zu ihrem Bunker hin. »Gehen wir, mein Bärchen …«
    Ugarow stemmte die Beine in den vereisten Schnee. Aus dem Unterstand der Gruppe II schallte helles Lachen, in das sich plötzlich die Töne der Bajan, einer kleinen Knopfharmonika, mischten. Es war ein flottes Lied, das Ugarow zufällig kannte. Man sang es in den langen, kalten Winternächten, wenn man am knisternden gemauerten Ofen oder am Tisch in der Zimmerecke saß, wo sich die heiße Luft staute. Ein Lied, das an den Frühling erinnerte, an die ersten Blumen, das frische Wasser der Wildbäche, die ersehnte Wärme der Sonne. »Mädchen, heb dein Röcklein hoch – tanz mit nackten Beinen – bist so lustig wie ein Falter – der die ersten Blüten küßt …«
    »Was ist denn das?« stotterte Ugarow. »Sind sie jetzt völlig verrückt geworden?«
    »Es ist Marianka«, sagte die Bajda und legte Ugarow die Hand auf die Schulter. »Komm endlich. Es ist kalt.«
    »Spielen sie den Gefangenen ein Liedchen vor?«
    »Was kümmert's mich?«
    »Morgen früh müssen sie weg sein!« schrie Ugarow und schüttelte Sojas Hand ab. »Miranski wird auch mich zur Meldung bringen!«
    Diese Meldungen nach hinten zum Regiment und zur Division waren gefürchtet. Man wurde zum Rapport bestellt, große Diskussionen gab es nicht. Alle Verstöße gegen die Norm waren Anschläge auf die Kampfmoral und wurden in die Papiere eingetragen. Man konnte auch degradiert werden oder in Gebiete versetzt, die weniger ruhig waren. Oder man erhielt zur Bewährung den Auftrag, sich hinter den feindlichen Linien im Gebiet von Orscha-Mogilew-Gomel den Partisanen anzuschließen und den

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