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Frauenbataillon

Frauenbataillon

Titel: Frauenbataillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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allein und sorge dafür, daß euch niemand stört.«
    Eine Stunde später belud Miranski einen Handwagen randvoll mit Köstlichkeiten. Der Magazinverwalter und Gulnara küßten sich innig, umarmten sich noch einmal und winkten einander, bis Miranski mit seiner Beute um die nächste Ecke gebogen war.
    All diese Ereignisse trugen dazu bei, daß die Gruppe Bajda erst am Abend wieder in ihre Stellung zurückkehrte – fröhlich schnatternd wie eine Herde Gänse und bepackt mit den Köstlichkeiten, die Miranski organisiert und Gulnara in einer Art Tauschgeschäft bezahlt hatte.
    »War das ein schöner Tag!« sagte Leutnant Ugarow und begrüßte Galina Ruslanowna. Die Ärztin war im Graben geblieben und hatte gemalt. Es war ihre Lieblingsbeschäftigung, vor einem Stück Leinwand zu sitzen und es mit Blumen oder Traumlandschaften oder einfach nur einem Rausch von Farben, in dem alle Formen durch einen inneren Rhythmus abgelöst wurden, zu bemalen.
    Die aufkeimende Liebe zwischen ihr und Ugarow war abgekühlt. Soja Valentinowna war Siegerin geblieben. »Du hast die Wahl«, hatte sie zu der Opalinskaja gesagt, als Ugarow, was niemandem verborgen bleiben konnte, der Ärztin wie ein Hündchen nachzulaufen begann. »Entweder, du läßt dich zu einer anderen Einheit versetzen, oder man wird dir und Victor Iwanowitsch den Schädel einschlagen! Er gehört mir, ich gebe ihn nicht mehr her, und wer ihn mir wegnehmen will, kann sich jetzt schon sein Grab aussuchen. Und teilen will ich ihn auch nicht, ganz abgesehen davon, daß er es ohnehin nicht aushalten würde! Was er hat, reicht gerade für mich. Muß ich noch deutlicher werden?«
    Die Opalinskaja schlich zwei Wochen herum wie ein Mörder, der an sein Opfer nicht herankommt. Aber dann siegte die Vernunft über die Sehnsucht. Sie fuhr eine Woche in Urlaub, und als sie zurückkam, hatte sie eine Reisestaffelei, Fettstifte, Aquarellfarben und Öltuben, Pinsel in allen Breiten und Längen und eine große Handpalette sowie Kreiden und Temperafarben dabei – kurzum: Aus ihrem Unterstand wurde ein Maleratelier. Und die erste, die Galina Ruslanowna Modell saß für ein schönes Porträt, war ausgerechnet Soja Valentinowna.
    Die Affäre Ugarow war somit für die Opalinskaja beendet. Victor Iwanowitsch blieb ein guter Freund, der sich von ihr sogar Heilsalbe holte, wenn die Bajda ihm wieder einmal in flammender Ekstase den ganzen Körper zerbissen hatte. Dann kühlte die Opalinskaja die vielen kleinen Blutergüsse, meldete sich darauf bei der Bajda im Befehlsbunker und sagte: »Schwesterchen, so geht das nicht. Du kannst Victor nicht auffressen, und wenn er noch so gut schmeckt. Die Rote Armee braucht diesen Leutnant noch.« Worauf beide in schallendes Gelächter ausbrachen. Es herrschte tatsächlich gute Eintracht zwischen ihnen.
    Heute nun, bei der Rückkehr von der Schulung, brachte Ugarow der Ärztin ein Geschenk mit: Eine große Flasche Terpentin zum Anrühren und Verdünnen der Farben und zur Pflege der Pinsel.
    »Wenn es nach dem Genossen Samsonow aus Moskau geht, haben wir den Krieg bereits gewonnen. Das hat er uns an der Karte bewiesen. Ein interessanter Vortrag, das muß man ihm lassen. Alles sehr logisch – man weiß bloß nicht, ob die Deutschen dieser Logik auch folgen werden.« Er blickte hinüber zum Donez. Das Abendrot leuchtete über das Land wie die Farben auf Galinas romantischen Gemälden.
    »Alles ruhig da drüben?«
    »Wie immer, man gewöhnt sich geradezu an diese trügerische Stille. Wie hört sich eine Kanone an? Wie klingt es, wenn eine Granate heranheult? Wir werden alle sehr erschrecken, wenn es plötzlich wieder knallt!«
    »Ist jemand im Dorf?«
    »Nur Schanna. Bei den Schafen.«
    »Noch nicht zurück?«
    »Sie ist den ganzen Tag draußen geblieben. Es war recht heiß. Sie wird in der Sonne gelegen haben, wie immer, nackt im Gras …«
    Ugarow nickte und vergaß Schanna Iwanowna im gleichen Augenblick. Sie wird bald zurückkommen, er hatte daran nicht den geringsten Zweifel.
    Aber Schanna kam nicht zurück. Nachdem ein feuriger Himmel den Tag verschluckt und die Nacht sich über die Steppe gelegt hatte, meldete sich Stella Antonowna bei Soja Valentinowna. Die Bajda saß mit Miranski und Ugarow vor einem Batterieradio und hörte aus Moskau die Oper ›Fürst Igor‹. Miranski legte den Finger auf die Lippen, zeigte dann neben sich auf die Pritsche und nickte Stella zu. Diese jedoch schüttelte den Kopf und blieb an der Tür stehen. »Schanna fehlt noch!«

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