Frauenversteher
hinter das Geheimnis weiblicher Kommunikation kommen. Irgendwann, beim siebten oder achten Durchhören, fiel mir etwas auf. Ich will versuchen, das nun Folgende möglichst einfach, aber nicht zu trivial darzustellen, damit uns die ganze Pracht rein weiblicher Kommunikation erhalten bleibt. Nennen wir es einen populärkabarettistisch-wissenschaftlichen Ansatz.
Mir fiel auf, dass die meisten Frauen, immer wenn sie etwas sagen, immer wenn sie einen Gesprächsbeitrag leisten oder besser, wenn dieser endet, ziemlich abrupt ihre Stimmlage nach oben hin anheben. Das hört sich vielleicht kompliziert an, ist aber so. Zunächst startet die erste Frau mit einem irgendwie gearteten Satz in normaler Tonlage ohne auffallende Sprachmelodie. Wenn wir jetzt nur auf die Sprachmelodie und die Tonlage achten, die inhaltlichen Aspekte also zunächst völlig außer Acht lassen, dann wird deutlich, dass am Ende ihres Gesprächsbeitrages die Tonlage um mindestens eine halbe Oktave nach oben springt und die Melodie der Sprache kurz darauf ziemlich abrupt zu einem nicht fragenden, aber doch leicht auffordernden Ende kommt. Genau mit diesem oft mit einem inneren »!?« versehenen Satzende ist die subtextgenerierte Aufforderung an die anderen Gesprächsteilnehmer(innen) verbunden, nun bitte auf der Grundlage des bisher Gehörten eine interessierte Nachfrage zu formulieren. Bei den anderen Frauen löst dieses tonmediale Signal eine spracharchaische Reaktion aus, die innerhalb von Millisekunden die gewünschte und erwartete interessierte Nachfrage erfolgen lässt.
Ich muss es an dieser Stelle ganz deutlich betonen: Bei Frauen ist die »interessierte Nachfrage auf der Grundlage des bisher Gehörten« von außerordentlicher Bedeutung, darum drehen sich viele rein weibliche Gespräche, sie ist Zentrum und fast ständig formuliertes Mittel femininer Kommunikationsmuster. Ich möchte das anhand eines Beispielgespräches illustrieren. Eines dieser Gespräche unter Frauen, welches
ich aufgezeichnet habe, lief ungefähr in der folgenden Art und Weise ab (ich habe mir von den am Gespräch beteiligten Damen die schriftliche Erlaubnis zur Veröffentlichung geben lassen).
Die erste Frau startet das Gespräch mit einem, wie Sprachwissenschaftler es vielleicht nennen würden, »initiierenden Sprechakt« 35 , indem sie sagt: »Also, mir ist da vorhin etwas ganz Verrücktes passiert, hm!?«
Die zweite Frau in der Runde reagiert sofort mit der gewünschten und erwarteten interessierten Nachfrage: »Erzähl, was ist dir denn Verrücktes passiert!?« Auch die interessierte Nachfrage endet mit dem abrupten Anheben der Stimmlage, ein Signal für die erste Frau, dass die interessierte Nachfrage beendet ist.
Die erste Frau denkt: »Toll, da hört mir jemand zu, ist durchaus interessiert, da erzähle ich doch gerne weiter.« Was sie auch tut: »Also wisst ihr, ich war ja vorhin mit Beate auf dem Markt, ne!?«
Da auch diese Aussage mit einem abrupten Stimmlagenanstieg endet, klinkt sich nun die dritte Frau in das Gespräch ein. Denn bei diesem stimmlagenanhebenden Signal darf eigentlich jede Frau in das Gespräch einstimmen, Voraussetzung ist allerdings, dass die Frau schnell genug ist. In unserem Beispiel ist es die dritte Frau, die natürlich auch eine interessierte Nachfrage stellt: »Was, mit Beate warst du auf dem Markt? Etwa vom Sören die Beate!?«
Nun folgt die vierte Frau: »Vom Sören die Beate? Hör mal, Gabi, mit dem Sören warst du doch auch mal drei Monate zusammen, oder!?«
Endlich kommt auch die fünfte Frau zum Zuge: »Was, mit dem warst du zusammen?!«
Worauf sich abermals die dritte Frau zu Wort meldet, denn jede darf sich natürlich auch mehrmals am Gespräch beteiligen: »Hast du damals nicht Pickel von dem gekriegt!?« 36
Zusammenfassend können wir für typisch weibliche Kommunikation folgende Aspekte ausmachen:
1. Frauen zeigen nicht auf, bevor sie reden.
2. Das Thema des Gespräches wird nicht deutlich vorangestellt, es wird von den jeweils am Gespräch beteiligten Frauen »erfühlt« (ich vermute durch eine bisher nicht exakt nachweisbare Pheromonausschüttung).
3. Nahezu alle anwesenden Frauen beteiligen sich nach folgenden bestimmten Gesetzmäßigkeiten immer wieder neu am Gespräch:
– Beenden des Gesprächsbeitrages durch zügiges Anheben der eigenen Stimmlage in Erwartung einer interessierten Nachfrage.
– Aktives Zuhören durch interessierte Nachfragen, die ebenfalls mit dem Anheben der Stimmlage
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