Freche Mädchen... 08: Rosen, Chaos, Hochzeitsparty
werden?«
Ich ziehe es vor, auf diese Frage gar nicht zu antworten, sondern funkle Nicki wütend an, der einen Schokoriegel in der Hand hält und mich schon wieder anpatscht. »Buh!«, mache ich. »Ich bin ein Gespenst und wenn du nicht sofort brav bist, fresse ich dich mitsamt deinem Schokoriegel auf!« Vermutlich wäre es klüger gewesen, nichts zu sagen. Das Monsterkind fängt nämlich prompt an zu plärren, deutet auf mich und heult auf: »Die ist böse!«
Carlotta, der Kinderschreck! Gladys wirft mir einen unwilligen Blick zu und übersetzt für Alessandro, während Nicki herzzerreißend schluchzt. Ich glaube nicht, dass es eine gute Idee war, Gladys mit ihrer Familie zur Hochzeit einzuladen. Ich jedenfalls werde mich weigern, beim Essen neben diesem Teufelsbraten zu sitzen.
»Zum Ärgern ist dieser Tag viel zu schade«, sagt Rolf, der vor mir sitzt, und zwinkert mir zu. »Wir sollten uns lieber über diese wunderschöne Hochzeit heute freuen.« Liebevoll legt er den Arm um Jenny. »Wenn zwei Menschen einander lieben, ist das Leben einfach schöner.«
Ja, denke ich, Rolf hat recht. Einen Moment lang werde ich sehr traurig, weil mir einfällt, wie ich mir bei Chris alles verdorben habe. Aber dann bin ich wieder abgelenkt durch Nicki. Aus der Handtasche seiner Mutter hat er unbemerkt einen Lippenstift geholt, den er triumphierend aufschraubt. Mit seiner Beute in der Hand klettert er nach hinten durch, nicht ohne mir noch einmal die Zunge rauszustrecken. Ich grinse bloß und beschließe, Nicki ab sofort zu ignorieren.
Eine ganze Weile später, als wir an einer Ampel halten, drehe ich mich dann aber doch um und erstarre. Nicht weil Nicki mit stiller Begeisterung Lippenstift auf der Heckscheibe verschmiert, sondern weil …
»Sekunde!«, brülle ich und springe aus dem Auto, ohne auf den Verkehr zu achten. »Bin gleich wieder da!«
»Komm zurück! Was soll der Quatsch?«, ruft Papa mir nach, aber ich winke nur ab und renne die Straße zurück. Um mich herum wird wie wild gehupt und ich rette mich mit einem Sprung auf den Bürgersteig. Gerade eben noch habe ich Chris auf dem Fahrrad gesehen. Nur: Wo könnte er jetzt sein? Ratlos schaue ich mich um, renne bis zur nächsten Seitenstraße, dann wieder zurück.
Inzwischen hat das riesige Auto gewendet und fährt laut hupend auf der anderen Straßenseite an mir vorbei. Natascha ruft mir durch das geöffnete Fenster aufgeregt etwas zu, aber bei dem Straßenlärm verstehe ich natürlich kein Wort. Doch ich kann mir auch so vorstellen, was sie meint, denn in genau einer Viertelstunde beginnt die Trauung. Ich bin schon fast bereit, wieder zum Auto zurückzurennen, da entdecke ich Chris und sprinte los. Er hat einen gewaltigen Vorsprung, aber ich hole auf. Am Eingang eines kleinen Gemüseladens erwische ich ihn, als er gerade sein Fahrrad abstellt. In letzter Sekunde sozusagen, ich kann keinen Meter mehr, ich bin völlig fertig.
Dieses Mal sinke ich in seine Arme.
»Bist du verrückt?«, fragt er und lächelt mich dabei so lieb an, dass mir fast schwindlig wird.
Ich brauche eine Weile, bis ich antworten kann. »Nein, bloß verliebt.«
Wir schaffen es noch rechtzeitig zum Standesamt, sozusagen mit Vollgas in die Ehe, wie Lorraine meint. Ich halte die ganze Zeit über mit Chris Händchen und als Papa und Natascha einander das Jawort geben, kann ich einfach nicht mehr anders, ich muss einfach losheulen. Glücklicherweise bin ich nicht die Einzige, auch Natascha hat Tränen in den Augen, als ich ihr und Papa um den Hals falle und ihnen alles Glück der Welt wünsche.
»Mit einer braven Tochter wäre ich auch schon ganz zufrieden«, flüstert mir mein Vater zu und ich nicke. Zumindest werde ich mich bemühen, nehme ich mir ernsthaft vor, aber jetzt findet erst einmal die Hochzeitsparty statt. Und wir staunen nicht schlecht, als wir Minuten später vor dem Restaurant halten, wo bereits die anderen Gäste warten, mit Luftballons und bunten Fähnchen. Musik erklingt, als wir aussteigen, kiloweise wird Reis geworfen, und während die Kellner mit ihren Getränketabletts hin und her flitzen, treten Nataschas ehemalige Kollegen vom Theater auf, mit weiß gepuderten Perücken und in wunderschönen Barockkostümen, und tanzen ein Menuett.
»Tja«, sagt Lorraine neben mir zufrieden, »ich habe die künstlerische Leitung übernommen, damit die Hochzeitsparty auch wirklich ein großes Ereignis wird. Das ist jetzt mein Hochzeitsgeschenk für deine Eltern. Und das Programm kann
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