Freche Mädchen... 09: Liebe, Chaos, Klassenfahrt
Erdmannsweiler. Vermute ich wenigstens. Mensch, Carlotta, ich bin so wahnsinnig glücklich.«
»Toll«, sagte ich und fand im gleichen Moment, dass das ziemlich fade klang. »Und was machst du jetzt?«
»Ich will ihn natürlich wiedersehen, das ist doch klar. Bloß: Wie finde ich ihn? Ich hab mich erkundigt: Erdmannsweiler hat genau 5789 Einwohner.« Sie sah mich ratlos an.
Jenny behauptet von Papa immer, er habe einen Helfertick. Jedem bietet er gleich seine Hilfe an, und so hat er wahrscheinlich auch Natascha und alle anderen Freundinnen kennengelernt. Tatsache ist jedenfalls, dass ich das von ihm geerbt habe. Ich konnte einfach nicht anders, als zu sagen: »Anke, ich helf dir. Ist doch klar.«
»Wahnsinn«, freute sich Anke, »ich wusste, dass du das sagen würdest. Auf dich kann man sich wenigstens verlassen.«
»Wir müssen ja nicht alle Einwohner von Erdmannsweiler aufsuchen«, überlegte ich laut. »Wie alt ist denn der Typ ungefähr?«
»Vielleicht ein oder zwei Jahre älter als ich. Schätze ich wenigstens«, meinte Anke. »Ich war so hin und weg, ich konnte nicht auf solche Sachen achten.«
»Klar«, sagte ich und wünschte mir einen Moment lang auch, mich zu verlieben. »Das bedeutet also, dass er noch zur Schule gehen muss. Lass uns doch einfach mal ganz zufällig an der Schule vorbeispazieren und gucken.«
Anke fiel mir um den Hals. »Superidee. Du hast tausend Wünsche bei mir frei.«
»Prima«, sagte ich. »Den ersten sag ich dir gleich. Ich helf dir dabei, den Jungen kennenzulernen und du hilfst mir dabei, Natascha zu ärgern.«
Anke hatte
vor dem Einschlafen noch gemurmelt, dass sie ihren Wecker auf halb sieben gestellt habe. Wir müssten unbedingt noch einiges besprechen. Aber es war bereits Viertel nach neun, als jemand unsanft gegen unsere Tür bollerte und brüllte: »Aufstehen, ihr Schlafmützen. Ihr kriegt sonst kein Frühstück mehr!«
»Was soll das Geschrei?«, murmelte Anke und drückte wahllos irgendwelche Tasten an ihrem Wecker. »Ich versteh nicht, warum dieses blöde Ding nicht funktioniert.« Sie sah mich fragend an. »Oder hast du den Wecker vielleicht ausgestellt?«
Ich schüttelte den Kopf. »Wir sollten uns lieber beeilen, sonst gibt’s für uns wirklich kein Frühstück. Denkt bloß an das Abendessen gestern.«
Wir waren die Letzten, die im Speisesaal auftauchten. Alle anderen Tische waren bereits abgeräumt. Herr Dannitzki stand am Fenster und schaute trübsinnig in den Regen hinaus. »Na, habt ihr gestern Mittag eure Teller nicht leer gegessen oder warum haben wir heute schlechtes Wetter?«, begrüßte er uns. »Außerdem, wenn ich bitten darf, in Zukunft ein bisschen früher aufstehen. Das ist schließlich kein Hotel hier.«
»Vielleicht haben wir wegen der Luftveränderung verschlafen«, meinte ich und deutete unauffällig auf den Stapel Landkarten, der auf einem der Tische lag. »Wandern wir heute wieder?«
»Aber sicher!« Herr Dannitzki grinste. »Das Wetter kann nur besser werden und ihr sollt ja einiges von der Gegend sehen. Übrigens, ihr habt mich ja schön versetzt heute Morgen.«
Verflixt, die Vogelstimmen! »Entschuldigen Sie, Herr Dannitzki, aber …«, stotterte ich, aber Danni lachte nur.
»Ich versteh’s ja, ich war früher auch nicht anders. Aber gewandert wird heute.«
»Bei dem Mistwetter?« Anke verschluckte sich fast. »Können wir nicht lieber hierbleiben? Ich meine nicht in der Jugendherberge, sondern … Ja, wir könnten uns doch Erdmannsweiler genauer ansehen. Das soll so ein nettes Dorf sein und es wäre doch sicherlich schade, davon nichts mitbekommen zu haben.«
Unser Mathelehrer sah sie befremdet an. »Du willst dir Erdmannsweiler anschauen? Das erstaunt mich, meine liebe Anke. Hast du dich nicht beklagt, dass wir in ein Kuhnest und nicht nach Berlin fahren? Ist das jetzt Schnee von gestern?«
Anke lachte verlegen. »Tut mir leid, es ist wirklich Schnee von gestern. Ich denke, man sollte Erdmannsweiler eine Chance geben. Sie haben doch selber gesagt, dass diese sächsischen Dörfer einen eigenartigen Charme hätten und …«
»Na ja, dann guckt euch mal das Dorf an«, lachte Danni und schob seine Karten zusammen. »Irgendwann wird der Regen aufhören und dann wird gewandert, verstanden?«
Anke strahlte. »Los, Carlotta, gehen wir ins Dorf.«
Im ersten Moment wollte ich abwinken – ich hatte wirklich keine große Lust, bei dem Wetter draußen rumzulaufen, aber dann fiel mir rechtzeitig ein, warum Anke ins Dorf wollte. Ich
Weitere Kostenlose Bücher