Freche Mädchen... 09: Liebe, Chaos, Klassenfahrt
willst du ?«, fragte die Frau an der Rezeption. Sie hatte einen ziemlich genervten Gesichtsausdruck. Sie wandte sich an den Lehrer: »Herr Jessing, können Sie bitte mal für Ruhe sorgen?«
Der Mann hob beschwichtigend die Hände. »Ihr dürft jetzt ein Video gucken«, schrie er gegen den Lärm an. Einen Moment lang war es tatsächlich ruhig, aber nur einen Moment lang. Dann ging die Diskussion darüber los, welches Video angeschaut werden sollte.
»Also, jetzt noch mal zu dir. Was möchtest du?«, fragte die Frau und bemühte sich um ein Lächeln.
»Ich will mich beschweren«, sagte Anke. »Über unser Zimmer. Ich finde, es ist eine Zumutung, wie wir untergebracht sind. Meine Freundin findet das auch.« Sie drehte sich nach mir um. Am liebsten wäre ich im Boden versunken, so peinlich war mir das Ganze.
Aber wenn ich erwartet hatte, von Anke jetzt nach vorne gezerrt zu werden, dann hatte ich mich getäuscht. Sie guckte zwar in meine Richtung, aber plötzlich wirkte sie sehr verunsichert.
»Beschweren?«, fragte die Frau. »Sag mal …«
Anke hatte einen knallroten Kopf bekommen. »Nein, es ist alles in Ordnung«, stotterte sie. »War nur ein Witz.«
Ohne mich zu beachten, rannte sie die Treppe hoch ins Obergeschoss, wahrscheinlich in unser Zimmer.
»Und du? Willst du dich auch beschweren?«, wandte sich die Frau an mich.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, gar nicht.« Dann rannte ich Anke hinterher.
»Was sollte denn das? Erst machst du einen furchtbaren Aufstand und dann …«
»Carlotta, es gibt noch Wunder. Ich wusste, heute ist mein Tag.« Anke tanzte wie wild um mich herum. »Du ahnst es nicht, du ahnst es nicht«, sang sie und schlang die Arme um mich.
»Aber du sagst es mir bestimmt gleich.«
»Weißt du, wer gerade direkt hinter dir stand? Das hältst du nicht aus! Der Junge aus der Bäckerei! Meinst du nicht, dass das ein Zeichen des Schicksals ist? Sag mal, hab ich sehr rumgestottert? Meinst du, er hat das mitgekriegt, mit dem Beschweren und so? Was soll ich denn jetzt bloß machen?« Anke biss auf einem ihrer hellblau lackierten Fingernägel herum.
»Na, geh doch hin und sag ihm, dass du ihn nett findest und dass du ihn kennenlernen möchtest«, schlug ich vor.
Anke schüttelte entschieden den Kopf. »Kann ich jetzt irgendwie nicht. Ich weiß auch nicht, weshalb. Eigentlich würde mir das rein theoretisch gar nichts ausmachen, aber im Moment geht es nicht.« Wütend betrachtete sie ihre Fingernägel. »Und ausgerechnet jetzt habe ich keinen blauen Nagellack dabei. Carlotta, sag doch was. Du hast doch immer so gute Ideen.« Sie sah mich an und ich hatte den Eindruck, sie würde gleich losheulen.
»Das ist doch super«, behauptete ich. »Wir wissen jetzt immerhin, dass er hier in der Jugendherberge ist. Da ist es doch sehr wahrscheinlich, dass er dir demnächst wieder über den Weg läuft, meinst du nicht?«
Anke schluckte. »Wahrscheinlich hast du recht. Und was mach ich dann?«
»Vielleicht nach der Uhrzeit fragen?«
Anke verzog das Gesicht. »Ich glaube nicht, dass Beziehungen so anfangen. Im Film vielleicht, aber in der Realität? Er sagt dann halb drei und geht weiter.«
Unsere Zimmertür wurde geöffnet und Stefanie kam herein. »Was macht ihr denn hier?«, fragte sie erstaunt.
Ich murmelte etwas vor mich hin, aber Stefanie interessierte sich nicht weiter dafür. Sie war ganz aus dem Häuschen. »Stellt euch vor, hinter dem Haus ist eine Wiese mit Pferden und zwei ganz süßen Fohlen und wir dürfen sogar reiten. Und heute machen wir einen Theaterabend.«
»Toll«, sagte Anke, aber es klang nicht sehr begeistert. »Ich denke, wir gucken heute Abend ein Video.«
Stefanie kicherte. »Die blöde Tina hat doch tatsächlich das Videogerät kaputt gemacht. Kein Wunder bei dem Film, den sie heute Morgen einlegen wollte. Irgendwas über den Minnesang von Walther von der Vogelweide oder wie der heißt. Da hat der Videoapparat natürlich gestreikt. Deshalb gibt es heute Abend eine Theatervorstellung. Natascha bereitet alles vor.«
»Ach ja?«, sagte ich. »Hat Natascha jetzt die Leitung hier übernommen und bestimmt, was wir machen?«
»Ich finde Natascha toll.« Stefanie sah mich freundlich an. »Dass sie dabei ist, das ist doch ein echter Glücksfall, oder?«
Ich zwang mich zu einem Lächeln, aber innerlich kochte ich. Was bildete sich Papas Neue eigentlich ein? Wenn sie hoffte, mit ihrer Schauspielerei die halbe Klasse und schließlich auch mich zu überzeugen, dann sollte sie sich
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