Freche Mädchen... 09: Liebe, Chaos, Klassenfahrt
schluchzte erneut.
Gegen halb drei hatte sie sich so weit beruhigt, dass sie uns endlich halbwegs glaubte. Aber sie bestand darauf, mit uns zusammen zu Heike zu gehen und von ihr die ganze Geschichte bestätigen zu lassen. Heike schien nichts mehr erschüttern zu können. Sie nahm zum zweiten Mal in dieser Nacht unsere Geburtstagsglückwünsche entgegen und erzählte zum zweiten Mal von ihrer missglückten Fete. Diesmal schmückte sie die Geschichte ein bisschen mehr aus: Natascha habe eine dicke Schicht Nachtcreme im Gesicht gehabt und Olli habe sich deshalb so erschrocken, dass er einen Schrei ausstieß, der seinen Klassenlehrer überhaupt erst geweckt habe. Aber Tatsache war, dass die Fete gar nicht stattgefunden, Anke also nichts verpasst hatte.
Wir verabschiedeten uns von Heike, versprachen, heute Nacht nicht mehr bei ihr aufzutauchen und liefen im Gang Herrn Dannitzki in die Arme.
»Wenn ich heute Nacht noch irgendetwas sehe, was auch nur entfernt Ähnlichkeit mit einer meiner Schülerinnen hat, lasse ich mich vorzeitig pensionieren und züchte Schafe«, drohte er. »Die schwanken wenigstens nicht nachts durch Jugendherbergen.«
Den Rest dieser Nacht schlief ich kaum. Ich hatte mich in Jannis verliebt, so viel war mir klar. Und nicht nur so ein bisschen, dass ich ihn eben ganz nett fand, nein, ich war ungeheuer verliebt. Wenn ich die Augen schloss, sah ich sein Gesicht vor mir, die kleine Narbe am Kinn, den Wirbel rechts in seinen Haaren. Und die Augen: dunkelbraun mit einem ganz kleinen grünen Glitzern. Es war zum Verrücktwerden. Ich drehte mich hin und her und versuchte einzuschlafen, aber es war zwecklos.
Ich hörte, wie sich Anke im Bett unter mir ebenfalls bewegte. »Carlotta«, flüsterte sie, »bist du wach?«
Ich reagierte nicht. Mit Anke wollte ich im Moment lieber nicht reden. Ich konnte doch nichts dafür, dass ich mich ausgerechnet auch in Jannis verliebt hatte. Ich hatte Anke doch nur helfen wollen. Aber gegen Gefühle kann man nichts machen, sagte Jenny immer und ich wusste plötzlich, wie recht sie damit hatte. Andererseits, wenn ich jetzt zeigte, dass ich mich in Jannis verliebt hatte, dann konnte ich Anke als Freundin abschreiben.
Ich wälzte mich wieder auf die andere Seite.
Lieber Gott, sagte ich in Gedanken, ich mache dir einen Vorschlag. Ich verzichte zugunsten von Anke auf Jannis und du machst, dass Natascha auf Papa verzichtet oder umgekehrt. Jedenfalls müssen die beiden sich trennen. Ich bringe nämlich ein riesiges Opfer.
Ich schniefte noch ein bisschen ins Kissen. Dann fiel mir ein, dass das alles nur gelten sollte, wenn Papa und Natascha sich bald trennen würden – innerhalb der nächsten vierzehn Tage –, und dann fühlte ich mich besser und schlief ein.
»Ich hab mir überlegt, ich muss das Problem Jannis selbst lösen«, hörte ich Anke zu Stefanie sagen, als ich aufwachte. »Heute setze ich mich an seinen Tisch. Ich kann ja nicht warten, bis ich Großmutter werde.« Entschlossen knallte sie sich jede Menge hellblauen Lidschatten auf die Augendeckel und malte sich die Lippen mit ihrem pinkfarbenen Lippenstift an. »Und, wie seh ich aus?«
Stefanie zuckte mit den Schultern. »Weiß nicht. Ohne gefällst du mir besser.«
Anke wandte sich zu mir. »Und? Was meinst du?«
Ich schluckte. Anke sah ziemlich aufgetakelt aus, so, als ob sie zum Fasching ginge. Genauso musste ich gestern gewirkt haben.
»Jetzt sag schon. Wie findest du mich?«
Ich dachte daran, was ich mir heute Nacht vorgenommen hatte: Ich würde auf Jannis verzichten, zugunsten von Anke. Dann würden Papa und Natascha sich trennen und …
»Was starrst du denn so? Bist du krank?« Anke legte mir die Hand auf die Stirn. »Du hast bestimmt Fieber.«
»Quatsch. Ich hab überhaupt kein Fieber. Aber ich finde, Stefanie hat recht. Du bist wirklich zu stark geschminkt.«
Stefanie sah mich unsicher an. Dann schüttelte sie den Kopf. »Ich hab’s mir überlegt. Sieht doch nicht so schlecht aus.«
Anke strahlte sie an. »Na, siehst du. Soll ich dich irgendwann auch mal so schminken?«
Stefanie grinste verlegen und meinte, ja, irgendwann mal vielleicht, aber im Moment besser nicht und sie habe jetzt ziemlichen Hunger und könne ja schon mal mit mir in den Speisesaal gehen.
»Und was ist mit dir, Anke?«, fragte ich.
Anke bürstete ihre langen blonden Haare und warf sie dann mit einem Schwung nach hinten. »Mein Auftritt kommt ein bisschen später. Lasst mich nur machen«, sagte sie und schob uns aus dem
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