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Frederikes Hoellenfahrt

Frederikes Hoellenfahrt

Titel: Frederikes Hoellenfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henner Kotte
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Vater telefonierte. Ehrlicher begriff, dass sein Sohn ihm immer fremder geworden war. Was wusste er noch von ihm? Die obligatorischen Anrufe jede Woche montags 18 Uhr 15. Zwei-, dreimal im Jahr traf man sich. Ehrlicher verbrachte die Weihnachtsfeiertage bei ihm und half ihm dann an der Theke beim Bier zapfen. Gesa …
    »Was ist mit dir?«
    Wenn er jetzt antwortete, er liege im Krankenhaus, machte sich Tommi nur unnötige Sorgen. »Im Fernsehen, sagst du? Ich schalt gleich mal ein.« Ein Fernsehapparat hing an der Wand gegenüber. Seine rote Lampe leuchtete, Ehrlicher musste nur drücken.
    »Alle Nachrichtenkanäle schalten immer wieder auf die Verfolgung. Luftbilder und Reportagen. Sitzen wirklich Frederike und Kain in dem Wagen?«
    Frederike und Kain! »Ich weiß nicht. Ich bin nicht dabei.«
    »Dich müssen die Journalisten doch erst recht angerufen haben! Wenn sie meine Nummer schon haben. Papa, was ist passiert?«
    Sein Sohn sorgte sich um ihn. Aber Ehrlicher konnte jetzt nicht das gesamte Ausmaß der Katastrophe schildern. Tommi würde in Dresden alles stehen und liegen lassen und sich sofort auf den Weg zu ihm machen. Ehrlicher drückte den An-Knopf auf der Fernbedienung. Das Bild flackerte. Er suchte nach dem richtigen Programm. Kinderprogramm. Kinderprogramm. Hafencops. Krankenhausserie, Mein Gott! Kinderprogramm. Nachrichten. Breaking News: Geiselnahme in Leipzig. Er sah unscharfe Bilder aus einem Hubschrauber, und er sah den roten VW. Er hatte das Geld auf den Beifahrersitz gelegt. Saßen wirklich Frederike und Kain in diesem Auto? Frederike und Kain!
    »Tommi, mir geht es gut. Mach dir keine Sorgen. Alles okay.«
    »Aber du musst doch wissen, was mit Frederike passiert ist. Kain war dein Kollege! Papa!«
    »Ich versuche, Frederike zu helfen, Tommi. Mir ist nichts passiert. Ich melde mich, wenn der Trouble vorbei ist. Weißte, die Kollegen brauchen wirklich meinen Rat, meine Hilfe. Tommi, ich melde mich, wenn es ruhiger ist. Jetzt …«
    Frederike und Kain! Ehrlicher sah den VW. Er sah die Autobahn. Wälder. Das Ziel der Geiselnehmer ist unbekannt. Nach unseren Informationen haben die Täter zwei Geiseln in ihrem Auto, nachdem sie neunzehn andere freiließen. Nach unbestätigten Meldungen wurde mindestens eine Million Euro an Lösegeld gezahlt. Die Täter werden mit einem Mordfall in Verbindung gebracht. Die Polizei ermittelt in den Kreisen der organisierten Kriminalität. Leipzig, die sächsische Metropole macht seit Monaten Schlagzeilen … Der rasende VW wurde ausgeblendet der Sprecher kam ins Bild und ordnete seine Papiere. Meine Damen und Herren, wir unterbrechen unser Programm aus aktuellem Anlass. Gestern Abend kam es in der Leipziger Innenstadt …
    »Papa? Bist du noch dran?«
    »Ja. Tommi, ich melde mich. Versprochen.«
    »Du kannst jetzt nicht einfach auflegen, Papa!«
    »Du, Tommi, ich muss!« Und Ehrlicher beendete das Gespräch. Er fühlte sich ertappt, wie ein Fünftklässler beim Aktfoto-Tausch, und schob das Handy neben sich unter die Krankenhausdecke. Die Schwester brachte ihm einen Pott Kaffee. Ehrlicher versuchte zu lächeln. Auf dem Bildschirm stand jetzt eine Reporterin vor der Fassade des Waschsalons und fraß gleich ihr Mikro. Hier im Gebäude hinter mir … Die Reporterin wedelte mit dem Arm … begann gestern Abend gegen 22 Uhr …
    »Aber den schalten wir aus!« Die Schwester drückte den roten Knopf am Apparat. »Sie brauchen Ruhe!«
    »Die brauche ich nicht! Schalten Sie sofort wieder ein!« Ehrlicher vergaß seine Schmerzen und sprang aus dem Bett. »Was bilden Sie sich denn ein!« Der Ständer mit dem Ringer-Acetat kippte.
    »Legen Sie sich hin! Sie sind krank! Ich rufe den Arzt!«
    »Ich bin nicht krank!«
    »O doch, Herr Ehrlicher, das sind Sie. Auch Ihr Verhalten macht das sehr deutlich.« Die Schwester nahm Ehrlicher bei den Schultern und drückte ihn mit Gewalt auf das Bett. »Und was ist denn das!« Sie hielt ihm triumphierend das Handy entgegen. Das begann wieder zu klingeln. Frederike und Kain!
    »Geben Sie her!« Ehrlicher versuchte, ihr das Handy zu entreißen. Es gelang nicht, die Schwester hatte ihn mit einer Drehung aufs Bett verfrachtet und das Handy in ihre Kitteltasche gesteckt. »Geben Sie her!«
    »Herr Ehrlicher, ich hole den Arzt!«
    »Da kann er gleich meine Entlassungspapiere unterschreiben.«
    »Ich bitte Sie!«
    »Ich entlasse mich selbst. Holen Sie Ihren Arzt. Ich packe derweil meine Sachen. Darf ich Sie ums Handy bitten!«
    Es läutete noch

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