Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frederikes Hoellenfahrt

Frederikes Hoellenfahrt

Titel: Frederikes Hoellenfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henner Kotte
Vom Netzwerk:
konnte sie ihn sich nicht vorstellen. Und er war sicher nicht Mike64. »Main Neffe. Vitali studiert chier Phisik, wie Bundeskanzlerin Merkel, die auch chat chier stuttiert. Gutte Uni in Leipzig.«
    Integration: Zusammen wachsen. Schabowski konnte ihre Frage nicht verhindern. »Sie kommen aus Russland?«
    »Ik deitsch, und Vitali auch deitsch. Ältern wohnen in Bernkastel-Kues. Er wollten chier in Leipzig studieren.« An Vera Kreuzpointners Nationalität hatte die Kommissarin gar nicht gezweifelt.
    »Rostow am Don, dort kommen wir her. Ich war zehn, als wir umzogen. Zwölf Jahre zurück liegt das jetzt.« Vitali hörte man seine Herkunft nicht an.
    Vera Kreuzpointner spülte das Kännchen, füllte es mit Kaffeepulver und Zucker, ließ Wasser darüber laufen und stellte es erneut auf den Herd.
    »Sie haben zu Protokoll gegeben, dass Sie glauben, einen der Täter schon einmal im BARocko gesehen zu haben.«
    »Nu, kann sain, kann nikt sain. Ik erinnneren nikt.«
    »War es der Mann mit den dicken Lippen, wo Sie den Herpes gesehen haben?«
    »Ik erinnere nikt.« Vera Kreuzpointner ließ den Kaffee mehrmals aufkochen. Mit ihr reden wollte sie augenscheinlich nicht mehr.
    »Bitte erinnern Sie sich, Frau Kreuzpointner, Sie würden uns damit sehr helfen.«
    »Mankmal saß ainer an Thäke, aber ob der nun … ik will niemand verdäktigen. Wissen Sie, Unrekt ist schnell getan. Und ik bin arme Frau.«
    Schabowski vermutete andere Gründe, die sie nicht reden ließen. Die Kommissarin war sich sicher, dass die Zeugin mehr zur Identität der Maske mit den roten Lippen sagen konnte. »Denken Sie in Ruhe darüber nach.« Und Schabowski entschied sich, noch eine Tasse des Gebräus zu nehmen. »Kann ich doch noch ein Tässchen haben? Es schmeckt sehr gut.« Vera Kreuzpointner lächelte, und Schabowski würde nicht eher gehen, bis sie den Eindruck hatte, dass diese Zeugin ihr alles gesagt hatte.
    Vera Kreuzpointner nickte und spülte den Satz aus der Tasse. Dann goss sie ihrem Neffen und Schabowski ein. »Muss ik noch ainmal kochen, Vitali wird glaich aufstehen müssen.« Vera Kreuzpointner seufzte und wiederholte die Prozedur. Schabowski hatte gedacht, dass Vitali gerade seine volle Tasse erhalten hatte. Aber sie schob es auf die Nervenanspannung der Zeugin. Sie trank den frischgebrühten Kaffee, noch süßer schien der zu schmecken. Vera Kreuzpointner war ganz mit dem Kochen der nächsten Runde beschäftigt. Die Turka pendelte von heiß zu kalt, von heiß zu kalt. Vitali lächelte ganz bezaubernd.
    »Kennen Sie auch das BARocko?«, wandte Schabowski sich an ihn.
    »Ich arbeite dort.«
    »Ach was!«, entfuhr es der Kommissarin.
    »Am Wochenende stehen wir zu zweit hinter der Theke. Der Zweite bin ich.«
    »Und warum waren Sie gestern nicht da?«
    Vitali lächelte. »Vor zwölf ist kein Betrieb. Das lohnt nicht, meinte der Chef. Ich hatte erst um zwölf Dienstbeginn, und da war ich da.«
    »Und sind wieder gegangen. Als ich später noch einmal mit Patti Thede sprach, habe ich Sie nicht gesehen.«
    »Ich habe meine Tante nach Hause begleitet. Sie war mit den Nerven ziemlich am Ende.«
    Das ließ Schabowski so stehen. »Können Sie sich vielleicht an den Mann erinnern, den Ihre Tante gerade beschrieb? Jung, größer als einsfünfundsiebzig, mit Pickel oder Herpes an der Lippe. Sie sagt, sie hätte ihn wahrscheinlich schon einmal im BARocko gesehen.«
    »Ich kann mich nicht erinnern. Viele Männer sind größer als einsfünfundsiebzig und haben Pickel. Wissen Sie, was manchmal los ist dort an der Bar? Da sind Sie ständig am Mixen und sind froh, wenn der Drink dann auch in die richtigen Hände gerät. Nein, tut mir leid, außerdem kenne ich nicht von allen Gästen die Namen.« Vitali lächelte entwaffnend.
    »Guten Morgen«, sagte kein Bass, sondern eher ein Countertenor. Schabowski blickte zur Tür. Da stand der Begleiter Vera Kreuzpointners vom gestrigen Abend. Sie gab ihm einen Kuss wie zuvor ihrem Neffen Vitali.
    »Kaffee ist glaich fertik, Vitali, nur zwai Minuten, setz dik doch bittä.«
    Vitali klemmte seinen Bauch auf den Hocker zwischen Kühlschrank und Fenster. Die Sonne vermochte noch immer nicht, diesen grauen Tag bunter zu färben. Schabowski hatte das Gefühl, in einer vollen Straßenbahn zu sitzen.
    Die Kommissarin fragte auch ihn. »Erinnern Sie sich an die Maske mit den roten Lippen?«
    Vitali nickte. Das Lächeln des zweiten Vitali schien festgetackert zu sein. »Ja, habe ich gesehen. Maska aus Filmen bekannt.« Die

Weitere Kostenlose Bücher