FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter
verfehlte Bennos Bauch nur um einen Fingerbreit!
In diesem Moment krachte die flache Seite einer Streitaxt auf den Kopf des Schlaksigen. Der Mann verdrehte die Augen, knickte in den Knien ein und schlug schwer zu Boden.
»Ich hasse diese Messerschlitzer!«, sagte Hans Münkoff. Dann bückte er sich seelenruhig, nahm den Dolch, schnitt die Jacke des Schlaksigen in Streifen und band ihm damit Hände und Füße zusammen.
»Mann, war das ein Schlag!«
Michi und Conrad blickten zur Tür herein.
»Hat den Kerl gleich von den Füßen gerissen«, nickte der Sohn des Stadtschreibers.
»Bindet mich denn keiner los?«, ließ sich Rosa vernehmen.
»Einen Augenblick, Kindchen«, antwortete ihr Vater, »zuerst muss man den Feind schachmatt setzen, damit er keinen Ärger machen kann.«
Er verschnürte weiter den Bewusstlosen, ohne aufzublicken.
»Wir machen das«, rief Michi und lief mit seinem Freund zum Tisch, um Rosa loszubinden.
»Wir haben versprochen, dich zu beschützen – wir, die Wächter der Jungfrau von Magdeburg!«, sagte Conrad, während er versuchte, die strammgezogenen Knoten zu öffnen.
»Ja, wir haben die beiden bösen Männer belauscht und sofort deinen Vater und deinen Freund geholt«, erklärte Michi.
»Danke, ihr beiden!«, sagte Rosa erschöpft und versuchte zu lächeln. »Danke, denn ohne euch wäre ich tot.«
»Du hast mich gerettet, und wir haben dich gerettet«, erwiderte Conrad Friese.
»Ihr seid meine Helden, das werde ich euch nie vergessen. – Was ist mit Benno?«
Rosa versuchte den Kopf zu heben.
Conrad blickte sich um: »Der? Ach, der steht da hinten stumm und starr in der Ecke.«
»Ist er verletzt?«, fragte Rosa ängstlich.
»Nö!« Michi schüttelte seinen Kopf. »Der ist nur ein bisschen blass um die Nase.«
»So, der ist nun gut verschnürt, bis ihn der Büttel holt«, sagte Hans Münkoff, stand auf und betrachtete zufrieden sein Werk. Dann ging er zu seiner Tochter hinüber, um sie loszuschneiden.
Benno stand immer noch geschockt im Raum. Beinahe hätte der Mann seinen Bauch aufgeschlitzt! Was das bedeutete, war Benno klar. Vor seinem inneren Auge sah er das handbreit aufgeschnittene Fleischstück im Hof der Stetters. So hätte nun sein Bauch ausgesehen!
Seine Knie zitterten und sein Mund war so trocken, dass er kein Wort herausbringen konnte.
Rosa kam mit unsicheren Schritten auf ihn zu. Ihr Vater führte sie am Arm. Benno ließ sein Schwert achtlos fallen und schloss sie in seine Arme, presste sie fest an sich.
»Ein Glück, dass du gekommen bist. Das war Rettung in letzter Minute!«, sagte Rosa und schmiegte sich an ihn. »Er wollte mich tausend Tode sterben lassen. Ich habe schreckliche Angst gehabt. Schreckliche Angst!«
»Was?«, schimpfte der Gerbermeister. »Dieser Halunke wollte meine Tochter foltern? Dir werde ich wie einem räudigen Hund das Fell abziehen.«
Dann trat er dem Schlaksigen derb in die Seite, sodass dieser trotz seiner Bewusstlosigkeit aufstöhnte.
»Ich habe mir Sorgen um dich gemacht, Rosa, weil du nicht am Dom warst«, konnte Benno nun herausbringen. Seine Stimme klang rau und belegt. »Ich dachte schon, du wärst tot.«
Er küsste sie zart auf die Wange.
»Ich sollte dich nicht mehr aus den Augen lassen.«
»Ja, es war dumm von mir, auf eigene Faust zu handeln«, gab Rosa zu, »aber das Jagdfieber hatte mich so sehr gepackt, dass ich nicht an die Gefahr gedacht habe.«
»Kommt, lasst uns wieder an die frische Luft gehen«, schlug Hans Münkoff vor, »dann geht es euch beiden gleich besser. Hier unten ist es nicht gerade gemütlich.«
Er hob Bennos Schwert auf und schob es ihm in die Scheide zurück. Dann hielt er die Tür auf und ließ Conrad, Michi und die beiden vorangehen. Er blickte noch einmal auf den am Boden liegenden Mann zurück, der sich gerade zu regen begann.
»Na warte, Bürschchen«, rief er ihm zu. »Mit dir habe ich noch ein Hühnchen zu rupfen. Aber das machen wir später.«
Draußen setzten sich Rosa und Benno auf einen Mauerrest des zerstörten Hauses. Der Morgen dämmerte gerade, und der Himmel färbte sich im Osten rot. Die Vögel waren schon wach und begannen mit ihrem Morgengesang. Alles wirkte nach dem tagelangen Kanonenfeuer so ruhig und friedlich.
»Es ist die Stille vor dem Sturm«, sagte Rosa, »heute Morgen werden Tillys Söldner in die Stadt einfallen.«
»Was?«, fragte Benno erschrocken.
»Woher weißt du das, Töchterchen?«, wollte auch Hans Münkoff wissen.
»Bernhard von Absberg und dieses
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