FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter
Galgengesicht Kuno haben es gesagt.«
Und dann begann Rosa zu erzählen: Von ihrer Entdeckung im Dom, von Emmerich und ihrer Gefangenschaft bis zum Gespräch der Saboteure im Eiskeller der Brauerei. Ihr Vater und Benno blickten sie sprachlos an, und auch Michi und Conrad standen mit offenen Mündern da.
»Mann, o Mann, das hätte schiefgehen können!«, sagte Hans Münkoff schließlich. »So etwas machst du nicht noch einmal!«
Rosa schüttelte ihren Kopf: »Bestimmt nicht, das kann ich dir versprechen! Ich habe nicht geglaubt, dass ich noch einmal davonkommen werde.«
Benno blickte die beiden Jungen an: »Vielen Dank, ihr beiden, dass ihr euch die Nacht um die Ohren geschlagen habt, um uns zu suchen. Damit habt ihr Rosas Leben gerettet. Eure Eltern konnten diese Nacht sicherlich kein Auge zumachen, weil sie nicht wussten, wo ihr seid. Ihr solltet jetzt schleunigst nach Hause gehen.«
»Och«, sagte Michi, »meine Eltern haben bestimmt gar nicht bemerkt, dass ich nicht im Bett war. Die sind immer so mit sich beschäftigt.«
Conrad nickte: »Mein Vater war die ganze Nacht im Rathaus, um mit den anderen Herren dort zu quasseln, ob sie Tilly die Stadt übergeben sollen oder nicht.«
»Ihr habt aber gehört, was heute passieren wird. Die Kaiserlichen wollen die Stadt stürmen. Da gehört ihr nicht auf die Straße. Am besten wäre es, wenn ihr euch mit euren Eltern in den Dom flüchtet. Dort seid ihr sicher.«
»Wir wollen aber lieber bei euch bleiben«, maulte Michi.
»Das geht nicht«, sagte Rosa liebevoll, »ihr solltet wirklich auf Benno hören und eure Eltern warnen. Ich habe nun Angst um euch.«
Widerwillig verabschiedeten sich die beiden und trotteten die Straße hinunter, drehten sich jedoch immer wieder um und winkten den dreien zu.
»Ob wir sie jemals wiedersehen werden?«, fragte Rosa und winkte zurück.
»Es kommt darauf an, was wir machen«, erwiderte Benno.
»Am besten, wir hauen ab«, sagte Hans Münkoff. »Sobald hier die Hölle los ist, sollten wir uns aus dem Staub machen. Da wird niemand auf einen alten Kahn achten, der die Elbe hinuntertreibt.«
Benno nickte zustimmend: »Ja, das sollten wir tun. Tillys Männer werden niemanden schonen, wenn sie erst einmal in der Stadt sind.«
Er überlegte kurz, dann fuhr er fort: »Ich muss euch noch etwas erzählen. Kurz bevor mich die beiden Jungen gefunden hatten, kam ich am Haus der Emmerichs vorbei. Und wisst ihr, wer dort mit mir gleichzeitig ankam?«
»Kaufmann Emmerich«, antwortete Rosa spontan, »oder sein Zwillingsbruder.«
»Nein, es war tatsächlich Klaus Emmerich!«, fuhr Benno fort. »Ich wollte es zuerst nicht glauben. Aber Pfarrer Bake kam auch gerade vorbei und hat ihn sofort erkannt. Der Emmerich hämmerte wie ein Wilder mit beiden Fäusten an die Tür, bis seine Frau Berta das Fenster öffnete. Als sie ihn sah, schrie sie voller Panik: ›Geh weg, du böser Geist! Geh weg! Lass mich zufrieden.‹ In diesem Moment krachte eine Bombe ins Haus. Berta Emmerich war sicherlich auf der Stelle tot, denn sofort stand alles in Flammen. Das Haus brannte wie Zunder. Klaus Emmerich hat immer nur ›Nein! Nein! Nein!‹ geschrien und sich die Haare gerauft.«
»Bestimmt dachte er, ich hätte seiner Frau schon das Geld zurückgebracht«, sagte Rosa.
Benno nickte: »Ja, so sah es aus. Er jammerte nicht wegen seiner Frau oder seines Hauses, sondern wegen seiner Dukaten. Wie vom Teufel besessen wollte er ins Haus stürmen, als ein brennender Balken herunterfiel und ihn zu Boden riss. Pfarrer Bake und ich haben ihn sofort darunter hervorgezogen, doch dem war nicht mehr zu helfen. Seine Brust war zerquetscht, und aus den Ohren lief Blut. Er hat dann dem Domprediger alles mühselig gebeichtet, ehe er für immer die Augen schloss: Der Leichnam war demnach tatsächlich sein Bruder Kurt gewesen, der am Schlag verstorben war.«
»Ich hab's mir doch gedacht!«, fiel Rosa ihm ins Wort. »Der Tote war sein Zwillingsbruder.«
»Genau! Durch Zufall war er bei seinen Geschäftsreisen über ihn gestolpert. Nach dem Tod der Eltern waren Klaus und Kurt getrennt worden. Doch von da an haben sie ihre Ähnlichkeit ausgenutzt, um gute Geschäfte zu machen. Nachdem Kurt am Schlag verstorben war, sah Klaus Emmerich eine Möglichkeit, mit seinem Geld zu verschwinden und unterzutauchen.«
Benno räusperte sich und fuhr dann fort: »Seine Frau sei noch geiziger gewesen als er. Sie habe ihm das Leben zur Hölle gemacht. Jeden Tag nur Gekeife und Gezänk. Deshalb
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