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freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani

Titel: freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio Paglieri
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Ermittlung von den Narben der Vergangenheit leiten lassen, aber
     diese Narben waren nun verheilt, und die jüngsten Verletzungen waren noch zu frisch, um wirklich weh zu tun.
    Ihm gelang ein weiterer Aufschlagpunkt: Der Ball sprang mit Effet aus dem Feld, 40:40. Eigentlich fehlte nicht viel, noch
     fünf Minuten Konzentration. Jetzt hätte er Lust gehabt, etwas Unorthodoxes zu probieren, einen Überraschungsangriff zum Beispiel,
     doch dann fielen ihm die Worte des Geometers ein, und er beschloß, nach den Gesetzen der Statistik zu spielen: Erster Aufschlag
     auf die Rückhand, Andreas Return geriet zu kurz, Luciani konnte ungefährdet angreifen und einen Vorhandball ins offene Feld
     setzen: Vorteil Luciani. Noch ein Aufschlag von |388| rechts, mit Effet, Return, Angriffsball auf die Rückhand, Lop. Der Smash war Lucianis Schwachpunkt, der Schlag, mit dem er
     jedesmal das Match verschenkte. Der fatale Fehler zum 4:5, bei Break- oder Satzball war fast immer ein Über-Kopf-Ball, und
     das wußte Andrea nur zu gut. Über all das dachte Marco Luciani nach, während der Ball in die Höhe stieg, dann dachte er: Leck
     mich doch, und legte seine ganze Wut in den Schlag: 6:5. Er ballte die Faust und sagte: »Auf geht’s.«
    Nun lastete der ganze Druck auf seinem Gegner. Während sie sich auf der Bank ausruhten und einen Schluck Wasser tranken, stellte
     Marco Luciani sich seinen Gegenspieler vor, wie er vor seinem Schreibtisch saß, nervös, in der Angst, einen Fehler zu begehen.
     Als der Kommissar wieder auf den Court marschierte, war er entschlossen, ihn ununterbrochen, in jedem Punkt des Feldes zu
     attackieren. Aufschlag, Longline-Return, Passierball cross, Rückhandvolley: 0:15. Noch ein Angriffsball longline, diesmal
     ein Rückhandreturn, der Passierball ging ins Aus: 0:30. Ein wütendes As, der Tatverdächtige begehrt auf, wird laut, klagt
     seine Rechte ein: 15:30. Es ist Zeit, ihn niederzubrüllen, ihn in die Schranken zu weisen. Andrea bringt wieder einen hervorragenden
     ersten Aufschlag, sieht aber reglos zu, wie Luciani den Schläger voll durchzieht und den Return genau im Eck plaziert: 15:40,
     zwei Matchbälle. Jetzt gehört der Verdächtige ihm, er ist kurz vor dem Kollaps, kurz vor dem Geständnis, jetzt heißt es nur:
     nicht übertreiben, keinen Kantersieg suchen. Keine Finten, keine Stopbälle, keine spektakulären Coups. Nur noch eine Frage,
     die entscheidende, nur noch einen Longline-Return, auf die Schwachstelle des Gegners zielen, dahin, wo es ihm am meisten weh
     tut. Der Passierball geht ins Netz, Andrea streckt die Waffen, ist ausgebrannt. Er hat seine Chance zum Sieg gehabt, seine
     zwei Breakbälle. Wahrscheinlich hatte er noch nachgedacht über |389| das, was er hätte tun und sagen können, doch danach hatte er nicht mehr die Energie gehabt, sich zu wehren.
     
    Der Zeuge bricht jetzt fast in Tränen aus, er sitzt auf seinem Stuhl im Kommissariat und seine letzten Antworten sind so leise
     gekommen, daß Nicola Giampieri sie fast nicht gehört hat: »Ja, ich habe den Zettel genommen«, »Ja, ich weiß nicht, warum«,
     »Ich weiß nicht, was ich vorhatte«, »Ich weiß es nicht, ich weiß es nicht, weiß es nicht«, »Nein, ich habe ihn nicht vernichtet,
     das hätte ich nie gekonnt …«, »Die letzten Worte eines Selbstmörders«, »Ja, das stimmt, aber inzwischen war er tot, und ich
     wollte nicht mit ihm sterben, ich wollte nicht auch sterben.«
     
    Marco Luciani rannte fast in die Umkleide, nachdem er Andrea die Hand gereicht und des Geometers mannhafte Siegerpose erwidert
     hatte. Er holte die Trainingsjacke aus der Tasche und sah, daß der Piepser einen Ruf aus dem Kommissariat anzeigte. Das ist
     Nicola, der mit der Verkäuferin geredet hat, dachte er.
    Er rief ihn vom Apparat des Clubs aus an. Die Stimme seines Vizes klang, als hätte er bei einem Preisausschreiben eben Flitterwochen
     mit Halle Berry gewonnen.
    »Es ist geschafft, Marco. Der Fall ist gelöst, ich habe gerade mit dem Schlüsselzeugen geredet und …«
    »Nein, Nicola, warte mal. Glaub ihr nicht. Bin schon unterwegs, gerade eben ist mir alles klargeworden, ich wollte dich schon
     anrufen.«
    Giampieri war sprachlos: »Aber ich sage dir, daß ich gerade den Bericht geschrieben … Es paßt alles zusammen, endlich ist
     die Sache rund.«
    »Okay, das weiß ich, aber vertraue mir, laß sie nicht weg.«
    »Wen soll ich nicht weglassen?«
    |390| »Wart auf mich, ich brauche nur zehn Minuten.« Er legte auf, ohne dem

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