FreeBook Todesschwadron von Lissabon - EU Undercover Bd 1
beglückwünschte
sich selbst dazu, dass sie sportmäßig so gut in Form war.
Allerdings fehlte von Rebelo einstweilen jede Spur. Keiner der Passanten, die
an Jasmin vorbeieilten, glich dem nervösen Anzugträger aus dem Innenministerium.
Er musste irgendwo in einem der pittoresken Häuser verschwunden sein. Aber
wo? Vielleicht in diesem Friseursalon?
Jasmin betrat den Laden. Die Türglocke klingelte. Die Augen aller Friseure
und ihrer Kunden richteten sich auf sie.
»Ist ein Mann im dunklen Anzug hier hereingekommen?«, fragte sie auf
Englisch. Die Friseure schüttelten die Köpfe und begannen mit wortreichen
Erklärungen auf Portugiesisch, von denen Jasmin kein Wort verstand. Das
war auch nicht nötig, denn die Polizistin hatte erkannt, dass die Kerle
logen.
Jasmin verfügte über einen feinen Geruchssinn. Außerdem hatte
sie schon von Kindesbeinen an ein Faible für gute Gerüche, was möglicherweise
auf ihren Vornamen zurückzuführen war.
In dieser konkreten Situation in dem Friseursalon erkannte sie das teure Eau
de Toilette wieder, das Senhor Rebelo benutzte. Trotz der zahlreichen anderen
Düfte in dem Laden konnte Jasmin diesen Geruch innerlich »herausfiltern«.
Am anderen Ende des schlauchförmigen Salons bewegte sich ein Holzperlenvorhang
leicht hin und her. Wahrscheinlich war vor kurzer Zeit jemand schnell dort hindurch
gerannt.
»Wohin führt dieser Weg?«, fragte Jasmin und deutete auf den
Vorhang. Die Männer taten wieder so, als würden sie nur Bahnhof verstehen.
Die Polizistin hatte keinen Zweifel daran, dass sie nur aufgehalten werden sollte.
Aber da spielte sie nicht mit.
Sie zückte ihren Europol-Dienstausweis und eilte durch den Laden. Einer
der Friseure stellte sich ihr in den Weg. Sie sprang zur Seite, rammte ihm ihren
Ellenbogen in den Bauch und lief weiter. Jetzt war keine Zeit für lange
Erklärungen. Trotzdem bekam Jasmin ein schlechtes Gewissen wegen ihrer
spontanen Gewaltanwendung. In ihrer Ausbildung war ihr immer wieder eingetrichtert
worden, dass Gewalt immer nur das letzte Mittel sei. Doch in ihrem Inneren keimte
der dunkle Verdacht auf, dass sie mit dieser Einstellung in Shaws Einheit ziemlich
allein dastand ...
Darüber konnte sie sich später den Kopf zerbrechen. Jasmin gelangte
in den düsteren Hinterraum, der offenbar als Lager diente. Eine Blechtür
stand einen Spalt weit offen. Jasmin riss sie auf.
Die Europol-Beamtin gelangte auf einen Hof, der wiederum durch einen schmalen
Gang mit der nächsten Straße verbunden war. Einige Jugendliche lungerten
bei den Mülltonnen herum.
»Ist hier jemand vorbeigekommen?«, rief Jasmin ihnen zu. Die Kids
antworteten mit gestreckten Mittelfingern. Aber die Polizistin wusste, dass
sie auf der richtigen Fährte war. Trotz des süßlichen und vor
allem Übelkeit erregenden Gestanks der Abfalleimer konnte sie immer noch
einen Hauch von dem teuren Eau de Toilette erahnen. Jedenfalls war sie selbst
dieser Meinung.
Jasmin rannte schneller. Sie musste irgendwie versuchen, den Vorsprung von Rebelo
zu minimieren. Natürlich konnte jetzt keine Rede mehr von einer unauffälligen
Beschattung sein. Aber ihr Auftrag lautete, an dem Zielobjekt dranzubleiben!
Wenn Rebelo auf diese Weise türmte, hatte er gewiss etwas zu verbergen.
Nachdem die Polizistin den schmalen Durchgang hinter sich gebracht hatte, erreichte
sie einen viel befahrenen Boulevard. Sie warf einen Blick auf das Straßenschild:
Rua do Seculo. Doch hier verlor Jasmin Rebelos Fährte. Hunderte von Menschen
schoben sich auf den breiten Bürgersteigen an ihr vorbei, auf den Fahrbahnen
herrschte das übliche Lissabonner Verkehrschaos. Unzählige Gerüche,
von Autoabgasen über Frittierfett bis zu Körperausdünstungen
vermischten sich zu einem undefinierbaren Großstadt-Odem.
Die Polizistin hatte keine Ahnung, wo ihre Zielperson abgeblieben war. Dass
sie selbst sich verirrt hatte, war im Vergleich dazu unerheblich. Ihr Handy
verfügte über eine GPS-Funktion, mit der Jasmin sich im Handumdrehen
wieder zurechtfinden konnte.
Aber das änderte nichts daran, dass sie versagt hatte. Diese Erkenntnis
senkte sich wie ein bleischweres Gewicht auf ihren Brustkorb. Sie fühlte
sich minderwertig, frustriert und von ihrer eigenen Unfähigkeit gedemütigt.
Natürlich war auch ihre Polizeiarbeit beim BKA nicht eine lange Kette von
grandiosen Erfolgen gewesen.
Aber seit Jasmin für Europol arbeitete, fühlte sie
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