Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman

Titel: freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Fackeln zu halten.
    Sie war beschädigt. Jemand hatte mit einem offenbar vollkommen ungeeigneten Werkzeug versucht, sie in der Mitte zu teilen, sodass eine rechte und eine linke Gesichtshälfte entstehen sollten, beide leicht asymmetrisch.
    »Was … soll das?«, fragte er stirnrunzelnd.
    Elenia starrte wortlos an ihm vorbei ins Leere, aber Lif hielt seinem Blick trotzig stand.
    »Das warst du, nicht wahr?«, fragte Thor. »Deine Mutter wird nicht gerade begeistert sein, wenn sie das sieht. Ich kann mir vorstellen, dass diese Masken sehr wertvoll …« Dann erkannte er die Maske. Es war das goldfarbene Visier, das er vom Gesicht des toten Mädchens genommen hatte, und nun wurde er zornig.
    »Es ist nicht seine Schuld«, mischte sich Elenia ein, bevor ihr Bruder antworten konnte. »Er kann nichts dafür. Ich habe sie gestohlen. Und ich habe ihn auch gebeten, sie zu teilen.«
    Wozu?«
    »Fragst du das wirklich im Ernst?«, schnaubte Lif.
    Nein, natürlich nicht. Er verstand es nur im allerersten Moment nicht; einen Atemzug später dafür umso besser. Seufzend gab er Lif die beschädigte Maske zurück und machte zugleich eine müde Geste.
    »Lass uns allein, Lif. Ich möchte mit deiner Schwester reden.«
    »Etwas, das mich nichts angeht, vermute ich.«
    »Ganz recht«, sagte Thor. »Verschwinde. Sofort!«, fügte er in schärferem Ton hinzu, als Lif noch einmal widersprechen wollte.
    Der Junge gab sich redliche Mühe, ihn mit Blicken aufzuspießen, fuhr aber dann auf dem Absatz herum und stürmte davon, und Thor befahl Elenia mit einer schroffen Kopfbewegung, ihm zurück in die Kammer zu folgen. Sie gehorchte, doch der schmale Streifen ihres Gesichts, der über dem Schleier sichtbar war, nahm einen trotzigen Ausdruck an.
    »Du weißt, dass es nicht funktionieren wird«, seufzte er.
    »Was?«
    »Deine Mutter wird nicht zulassen, dass du diese Maske trägst«, antwortete er. »Sie ist ein Symbol ihres Glaubens und kein Spielzeug. Und selbst wenn«, kam er ihrem Widerspruch zuvor, »wird es dir nichts nutzen. Früher oder später wird sie dein Gesicht sehen. Und dann weiß sie, was du getan hast.«
    »Ich dachte, wir hätten es getan«, sagte sie patzig. »Außerdem ist sie beschäftigt. Sie hat ja kaum Zeit, sich um Lifthrasil zu kümmern, wie sollte sie da auch nur einen Gedanken an mich verschwenden?«
    Thor schluckte die ärgerliche Antwort herunter, die ihm dazu auf der Zunge lag. Elenia war nicht so naiv, tatsächlich zu glauben, dass sie mit dieser albernen Verkleidung auf Dauer durchkommen würde. »Ich wollte mit dir reden, Elenia«, begann er neu. »Ich gehe fort. Morgen Abend.«
    Auf Elenias Gesicht war nicht die mindeste Spur von Überraschung zu erkennen. Anscheinend hatte ihre Mutter bereits mit ihr gesprochen. Vielleicht hatte Gundri ja auch wieder gelauscht.
    »Meine Mutter wird nicht mitgehen«, sagte sie.
    »Ich weiß«, seufzte Thor. »Aber ich gehe trotzdem.« Er zögerte einen Moment, kam dann zu dem Schluss, dass er ihr die Wahrheit schuldig war, und fügte dann hinzu: »Und ich werde Lifthrasil mitnehmen.«
    »Das wird Mutter niemals zulassen!«, antwortete sie impulsiv.
    »Ihr wird wohl keine Wahl bleiben«, antwortete Thor.
    »Dann kommen wir mit!«, sagte Elenia. »Lif und ich! Wir kommen mit dir. Mutter interessiert sich sowieso nur noch für ihre Schwestern und ihre Predigten, und ich –«
    »Du weißt, dass das nicht geht, Elenia«, unterbrach sie Thor sanft.
    »Aber du brauchst uns!«, beharrte sie. »Lif ist fast erwachsen, und was er noch nicht kann, das kannst du ihm beibringen. Und wie willst du dich ganz allein um Lifthrasil kümmern? Sie ist noch ein Säugling!«
    »Und ich ein Mann?«, fragte Thor lächelnd. Er trat an den leeren Korb, in dem Lifthrasil bis vor wenigen Augenblicken noch gelegen hatte, und sah auf die zerknitterten Decken hinab. Wenn er sich konzentrierte, dann konnte er selbst jetzt noch ihren schwachen Duft wahrnehmen.
    »Du wärst erstaunt, Elenia. Ich wäre nicht der erste Mann, der ein Kind allein großzieht.«
    »Und wie soll das gehen?« Elenia klang fast schon verzweifelt. »Wer soll sich um das Kind kümmern, wenn du auf der Jagd bist oder auf dem Feld arbeitest? Wer soll sie füttern und ihr das Laufen und Sprechen und alles andere beibringen?«
    »So stellst du dir das vor?« Obwohl da eine ganz leise Stimme in ihm war, die darauf beharrte, dass ihre Einwände nicht völlig von der Hand zu weisen waren, musste er zugleich doch über ihre Naivität

Weitere Kostenlose Bücher