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Freibeuter der Leidenschaft

Freibeuter der Leidenschaft

Titel: Freibeuter der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joyce Brenda
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makellos geschnittenem Rasen vorbeikam und an ebensolchen Hecken. Der sechsspännige Wagen gehörte der Countess, und die sechs Pferde, die ihn zogen, waren schwarz, mit weißen Blessen und goldbeschlagenen Trensen und Zügeln. Auf den lackierten Ebenholztüren prangte das Wappen der de Warennes, eine goldene fleur de lis vor rotem Hintergrund. Die Sitze waren aus saphirblauem Samt. Amanda saß mit Eleanor auf dem Platz gegen die Fahrtrichtung. Offenbar waren die vorwärts gewandten Plätze für den Adel reserviert, daher saßen dort die Countess und Lizzie.
    Vor ihnen lag ein großer, dunkler Steinpalast, die Residenz des Viscount Harrington, wo er mit seiner Tochter wohnte, einer der reichsten Erbinnen des Landes.
    Seit sie Mayfair verlassen hatten, hatten die Damen unablässig geplaudert. Sean wurde jeden Tag in der Stadt erwartet, und Eleanor starb fast vor Aufregung, denn sie hatte ihn so sehr vermisst. Tyrell hatte geschworen, er würde auf den Carrington Ball mitkommen. Lizzie fühlte sich scheußlich und wäre am liebsten in Harmon House geblieben: Im Februar sollte ihr viertes Kind kommen. Nach zwei Jungen war sie sicher, dass nun noch ein Mädchen kommen sollte. Die Countess erinnerte sie, die Kinder in die Obhut der Kindermädchen zu geben.
    Amanda hörte nichts von alldem.
    Ihr erstes maßgeschneidertes Kleid war angekommen, und sie trug cremiges Elfenbein, mit einer hellgrünen Pelerine und einem passenden Hut. Ehe sie das Haus verließ, war Clive aufgetaucht, um ihr eine kleine Kette mit schimmernden Perlen um den Hals zu legen. „Eine Dame braucht Schmuck“, meinte er leise.
    Amanda war so sehr gerührt, Tränen waren ihr in die Augen getreten. Sie hatte sich daran erinnern müssen, dass sie nur Freunde waren, sonst nichts, niemals.
    Jetzt vermochte sie nicht einmal zu atmen, geschweige denn zu weinen. Es gab so vieles, was sie tun musste und auf keinen Fall tun durfte. Sie musste knicksen, sobald Lady Harrington die Halle betrat, und durfte ihr nicht direkt in die Augen sehen. Eine demütige Haltung war stets angemessen. Wenn die Countess ihre Hand ausstreckte, sollte sie die Luft darüber küssen. Sprich nur, wenn du angesprochen wirst. Sprich ruhig und langsam – bescheiden! Warte mit dem Hinsetzen, bis ein Stuhl angeboten wird, und setz dich niemals vor der Countess oder irgendjemandem sonst, der einen höheren Rang bekleidet – was so ziemlich für jeden in London galt. Wenn kein Stuhl da ist, steh nur da und lächle demütig. Wenn es ein Wort gab, das sie nicht vergessen durfte, dann war es: bescheiden.
    Es gab auch einige unverfängliche Themen für die Konversation: das Wetter, der Garten, Kleider, Einkäufe, die Pläne für den Sommer. Michelle hatte Amanda angewiesen, sich an diese Themen und nur diese Themen zu halten – er hatte sie sie auswendig lernen lassen. Aber nachdem Clive ihr die Perlen gegeben hatte, hatte er sich zu ihr geneigt und lächelnd gesagt: „Wenn du nur du selbst bist, wird sie dich lieben.“
    Amanda bezweifelte das.
    „Amanda? Du siehst so elend aus wie ich mich heute früh gefühlt habe“, sagte Lizzie, streckte den Arm aus und tätschelte ihr das Knie.
    Amanda schreckte hoch. Die zukünftige Countess of Adare war sehr mit ihren Kindern beschäftigt, daher hatten sie bisher nur ein- oder zweimal miteinander gesprochen, aber Amanda hatte nie eine liebenswertere und weniger furchteinflößende Frau getroffen. Tatsächlich hatte sich eines ihrer Gespräche ergeben, als die zukünftige Countess ein mit Mehl bestäubtes Kleid trug und einen Schokoladenfleck auf der Nase hatte. Offenbar liebte sie es zu backen und hatte Süßigkeiten für die Kinder gemacht.
    Amanda versuchte zu lächeln, aber es gelang ihr nicht. Sie konnte nicht einmal sprechen. Dies war ihr erster gesellschaftlicher Besuch, und sie war fest davon überzeugt, als Hochstaplerin entlarvt zu werden.
    „Oh Liebes“, sagte Lizzie und drückte ihr diesmal die Hand. „Möchtest du eine Geschichte hören?“
    Das Letzte, was Amanda wollte, war, eine Geschichte zu hören, aber sie konnte nicht sprechen, also konnte sie auch nichts dagegen sagen.
    „Ich war fast mein ganzes Leben lang in Tyrell verliebt, schon als Kind. Aber er war der Erbe eines Earls und wusste nicht einmal, dass es mich überhaupt gab – jedenfalls glaubte ich das.“ Sie lächelte ein wenig verschmitzt. „Jedenfalls waren wir recht arm, und obwohl ich Tyrell so liebte, hätte ich nie gedacht, dass er mich eines Tages zur Frau

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