Freibeuter der Leidenschaft
ich noch werden?“
„Ich weiß nicht, was konkret bedeutet, und es ist mir auch egal! Ich wusste es. Ich bin dir nicht gut genug – so wie ich nicht gut genug war für meine Mutter!“
„Das ist genau das Gegenteil von dem, was ich gerade sagte!“
„Dann lügst du“, sagte sie und schlug mit aller Kraft nach ihm.
Er umfasste ihr Handgelenk, ehe sie sein Gesicht berührte. „Ich werfe dir nicht vor, dass du wütend bist“, sagte er. „Ich war viel zu kühn letzte Nacht. Ich habe es schon so oft gesagt, das war keine Absicht, aber es ist geschehen. Es tut mir leid!“
„Mir aber nicht!“ Sie riss sich los. „Ich glaube, jetzt hasse ich dich. Ich wünschte, wir wären einander nie begegnet, und ich wünschte, ich wäre irgendwo, nur nicht hier.“
Er konnte sich weder regen noch etwas sagen. Er war vollkommen fassungslos. Sie lief zur Tür. Entsetzt eilte er ihr nach. „Warte! Du meinst das nicht …“
Sie stieß ihn von sich. „Ich meine es ernst. Lassen Sie mich in Ruhe, de Warenne. Lassen Sie mich einfach in Ruhe. Und kommen Sie niemals mehr ohne Aufforderung in mein Zimmer.“
Er erstarrte.
Sie stolperte hinaus.
Draußen in der Halle stand Eleanor und hatte offensichtlich alles mitbekommen. Clive war zu fassungslos, um auch nur darüber nachzudenken, was sie alles gehört haben mochte, aber als sie ihn mit einem kühlen Blick bedachte, ahnte er, dass er sich die Sympathien seiner Schwester gerade gründlich verscherzt hatte.
„Amanda, meine Liebe“, sagte sie und streckte die Arme nach Amanda aus, die den Tränen nahe war. „Madame Didier ist hier und ich würde dir gern helfen, eine neue Garderobe zusammenzustellen. Das wird Spaß machen! Gehen wir nach oben, Liebes, und dabei kann ich dir alles über meinen groben, herzlosen, selbstsüchtigen Bruder erzählen. Oh – habe ich vergessen, dass er außerdem überheblich, aufgeblasen und grausam ist? Aber keine Sorge. Er wird dein Zimmer nie wieder betreten.“
Amanda schniefte. „Er ist ein Bastard, aber er ist nicht grausam oder herzlos.“
Eleanor warf ihm einen bösen Blick zu, dann stieg sie Arm in Arm mit Amanda die Treppe hinauf.
„Gut gemacht“, sagte Rex, der gerade aus dem Speisezimmer trat. „Kannst du nicht einmal in deinem Leben die Hosen anbehalten?“Voller Abscheu schüttelte er den Kopf.
Clive runzelte die Stirn, erwiderte aber nichts. Die Countess betrat die Halle. Sie warf ihm einen besorgten Blick zu und folgte dann Eleanor und Amanda nach oben.
Clive lehnte sich gegen die Bibliothekstüren, das Herz tat ihm weh. Wie es schien, war es egal, was er tat, immer verletzte er Amanda, und plötzlich hasste er sich selbst. Sie verdiente das nicht. Er hatte ihr Versprechungen gemacht, und ihr eine sichere Zukunft zu bieten war eines davon.
Aber er war nicht Teil dieser Zukunft. Natürlich nicht.
Amanda trat an das Schlafzimmerfenster, während die Schneiderin ihren Koffer auspackte. Wie hatte sie nur Clive de Warenne bitten können, sie zu heiraten? Vor Verlegenheit glühten ihr die Wangen.
„Amanda?“, fragte Eleanor leise hinter ihr.
Amanda hörte sie gar nicht. Nach der vergangenen Nacht hatte sie geglaubt, sie würden ein Liebespaar sein, kein Ehepaar. Nicht einmal in ihren wildesten Träumen hatte sie erwartet, seine Frau zu werden. Sie wusste, dass sie nicht gut genug war für ihn. Aber sie war nach unten gegangen und hatte gehört, wie er über eine Mitgift und Verehrer sprach, und sie hatte begriffen, dass er ihr einen Ehemann suchen wollte. Amanda war überrascht gewesen, und sie hatte Angst. Ohne nachzudenken war sie mit diesem schrecklichen Vorschlag herausgeplatzt. Jetzt fühlte sie sich wie betäubt.
Sie hatte die halbe Erde umkreist, um ihre Mutter wiederzutreffen, aber ihre Mutter wollte sie nicht haben. Nach der letzten Nacht hatte sie geglaubt, de Warenne wollte sie als Geliebte, aber das stimmte nicht. Tatsächlich erklärte er jetzt, ihr Vormund zu sein und sie an jemand anders verheiraten zu wollen.
Amanda stand da am Fenster, verletzt, verwirrt, und versuchte, einen Sinn in ihrem Leben zu erkennen.
Sie hatte in all den vergangenen Wochen einen Plan verfolgt, gemeinsam mit de Warenne. Mit seiner Hilfe würde sie lernen, eine Dame zu werden, damit sie in die Gesellschaft eintreten und bei ihrer Mutter leben konnte. So unbeholfen ihre Bemühungen auch gewesen waren, sie war fest entschlossen gewesen, das Unmögliche zu schaffen. Sie hatte eine Lady werden wollen, zumindest nach außen hin,
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