Freiflug (Die Ratte des Warlords II) (German Edition)
"Den deutschen Pass können Sie behalten."
" Und wozu dann das?", murmelte Kepler.
"Wollen Sie ihn nicht?", wunderte Galema sich.
"Ah, kann nicht schaden."
Galema blickte ihn einige Momente lang ohne ein Wort forschend an.
"Da Ihr Kommen sich verzögert, habe ich mir gedacht, ich besorge schon mal einige Waffen", wechselte er das Thema. "Ihre Männer meinten, Pistolen würden Ihnen zu wenig sein." Er schmunzelte. "Was brauchen Sie alles?"
"Noch keine Ahnung, Sir ." Kepler trank nachdenklich einen Schluck. "Ich muss erst Ihren Arbeitsstil kennenlernen und wissen, was wir wo und wie machen. Ich will keine Haubitze haben, wenn ich eigentlich nur eine Pistole brauche. Ich habe zwar eine Vorstellung, aber ich mache es lieber vor Ort."
"Aber für Sie kann ich schon mal eine Glock b esorgen, richtig?"
" Ja, bitte. Eine Glock Siebzehn mit Schalldämpfer, ein Schulterhalfter dafür, dass auch am Gürtel getragen werden kann und mehrere Magazine fasst..."
"Moment", unterbrach Galema ihn. "Erklären Sie das alles bitte Mister Van Bjor", wies er an. "Der wird sich für mich darum kümmern."
"Der Geheimdienstler, der mich so sorgfältig nicht befragt hat?"
" Genau."
" Gut. Dann noch etwas. Könnten Sie mir eine Fernsehsendung aufnehmen?"
"Wozu?", wunderte Galema sich.
"Damit ich höre, wie echtes Afrikaans klingt, es erleichtert mir das Lernen."
" Klar. Etwas Bestimmtes?"
"Nein, irgendwa s Profanes, eine Soap oder so."
"Kriegen Sie heute noch", versprach der Südafrikaner. "In der Botschaft kann man ein paar von unseren Kanälen empfangen, und einen Videorekorder haben die bestimmt auch. Ich bitte gleich darum. Sobald Ihr Pass fertig ist, melde ich mich. Also, bis dann, Mister Kepler, in etwa drei Wochen."
"Na hoffentlich, Sir", rutschte es Kepler heraus. "Bis dann."
3 6. Nach der Rückkehr aus Berlin kaufte Kepler drei Anzüge, als Bodyguard würde er seine Mehrzweckhose und die Kampfweste nicht mehr tragen können.
Einen Anzug benutzte er nur zum trainieren. In seiner üblichen Montur konnte er alles machen was er wollte. Nun musste er dasselbe in einem Anzug können.
Das Lernen des Afrikaans fiel ihm deutlich leichter als das Tragen eines Anz uges. Die Sprache war germanisch, aus dem Niederländischen entstanden, und hatte eine simple Grammatik. Im Vergleich zum Arabischen war Afrikaans fast schon ein Kinderspiel, allein aufgrund dessen, weil dort die Worte innerhalb des Satzgefüges kaum oder gar nicht geändert wurden, um eine grammatische Funktion auszudrücken, Arabisch hatte dagegen etliche solcher Flexionsformen. Was Kepler ungemein erheiterte, war die doppelte Verneinung, die im Afrikaans sowohl Pflicht als auch Kür war, während man sie im Deutschen nur als Bejahung verwendete. Aber in vielen Sprachen, die Kepler beherrschte, war sie auch als Verneinung grammatischer Standard, deswegen bereitete sie ihm keine Schwierigkeiten. Nach zehn Tagen konnte er sich – wahrscheinlich – passabel verständigen, wenn seine Aussprache halbwegs stimmen sollte.
Ansonsten fieberte Kepler dem Tag regelrecht entgegen, an dem er wieder eine Glock tragen konnte. Er vermisste das vertraute Gefühl der Waffe am Gürtel und musste sich beherrschen, um sich nicht in dieses Verlangen hineinzusteigern. Melissa hatte Recht gehabt. Ohne eine Waffe fühlte er sich unvollständig.
Der ersehnte Anruf kam eine Woche später und Kepler fuhr nach Berlin. Wieder per Videokonferenz teilte Galema ihm mit, dass sein Pass fertig war, dass er aber noch keine Arbeitserlaubnis hatte. Mit etwas Glück würde es nur noch eine Woche dauern, bis er ausreisen konnte. Dann lächelte Galema schuldbewusst.
"Sie werden wohl gleich meine Schwester kennenlernen, schätze ich."
"Und?"
"S ie möchte einige Tage in Deutschland verbringen. Passen Sie auf sie auf."
"Aufpassen?"
"Sie ist neugierig, manchmal sehr", sagte Galema irgendwie unschlüssig.
"Und?", fragte Kepler , nun argwöhnisch.
"Führen Sie sie aus oder so."
"Oder so?", wiederholte Kepler misstrauisch, er hatte das ungute Gefühl, dass sein neuer Boss ihm etwas Wichtiges verschwieg. "Ist das ein Test, Sir?"
" Nein", erwiderte Galema unwillig. "Lernen Sie sie einfach kennen."
" Sir, wo ist der Haken?", fragte Kepler geradeheraus.
"Sie ist das jüngste und klügste von vier Kindern und das einzige Mädchen ."
Galema s Antwort hatte stolz geklungen – und etwas tückisch.
"Ist sie sehr hübsch, Sir?", fragte Kepler daraufhin. "Mit den Augen eines Mannes gesehen, nicht mit
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