Freiflug (Die Ratte des Warlords II) (German Edition)
Sudan geblieben und hätte den aussichtlosen Kampf gekämpft, über den er mit Sarah gesprochen hatte.
Aber nicht nur ihm hatte Oma alles bedeutet. Ihr Tod hatte die Auswirkung auf die Familie, die Kepler befürchtet hatte – sie zerfiel. Oma hatte eine nicht zu füllende Leere hinterlassen.
Omas Anstrengungen und Bemühen, ihnen der Ersatz für die Eltern zu sein, hatte Jens viel bewusster als Kepler wahrgenommen und er hatte es mehr zu schätzen gewusst. Jens' Beziehung zu Oma war inniger gewesen, als die von Kepler. Vielleicht, weil er älter gewesen war, als ihre Eltern ums Leben kamen.
Eine Woche nach der Beerdigung zog Jens' Familie in Omas Haus. Kepler hatte schweren Herzens akzeptiert, dass seine Großmutter nicht mehr war, sein Bruder dagegen schien es nicht wahrhaben zu wollen.
Bei Keplers erstem Besuch seiner Familie kam Jens ihm noch bedrückter als direkt nach Omas Tod vor, auch Sarah war nicht mehr ganz sie selbst. Ihnen beiden schien es schlechter zu gehen, aber beide verloren kein Wort über die Ursache und reagierten nicht auf Keplers Nachfragen, sondern wichen ihnen aus. Er bedrängte sie nicht, zu deutlich schloss sein Bruder ihn aus dem Leben seiner Familie aus.
Das zweite Mal besuchte er sie nur, weil Sarah ihn eingeladen hatte. Melissa kam diesmal mit, und das milderte die bedrückte Atmosphäre , weil Robert sie auf Anhieb mochte. Sie wurde ihm sofort hörig.
Drei Monate später war es Jens, der Kepler zu einem Besuch einlud. Sein Erstaunen darüber wurde aber ganz schnell aufgeklärt.
Inzwischen hatte Jens Omas Tod gezwungenermaßen hingenommen. Aber diese tiefgreifende Veränderung schien es ihm unmöglich zu machen, sein Leben weiter wie bisher zu leben. Drei Menschen, die er geliebt hatte, waren gestorben, und er wollte ein anderes Leben führen, eines, in dem die Erinnerungen an diese Menschen nicht so greifbar waren.
Aus dem Grund wollte er auswandern, worüber er Kepler pflichtbewusst in Kenntnis setzte.
"Wohin?", erkundigte Kepler sich.
"Unter die Sonne Kaliforniens ." Sarah lächelte verträumt. "Silicon Valley."
"Ich habe dort einen richtig guten Job bekommen", ergänzte Jens abfällig.
"Schön für dich, ich finde keinen, der meinen Qualifikationen entspricht", p arierte Kepler den Seitenhieb.
" Wir gehen schon Ende November", sagte Sarah schnell dazwischen.
"Alles Gute für euch", wünschte Kepler eh rlich.
Wenn es ihnen dadurch besser ging, dann war es der richtige Weg.
Jens und Sarah schienen ob seiner Zustimmung erleichtert. Jens erzählte sogar recht fröhlich, welchen Job er bekommen hat, und dass er ein Kabrio aus den Sechzigern kaufen wollte, um es zu restaurieren.
Sarah lächelte fröhlich, als Jens sagte, dass hier fast alles erledigt war. Das Haus war verkauft und sie hatten nicht mal mehr ein Auto. Und in Amerika war schon alles vorbereitet, vom Haus, über den Wagen bis hin zum Kindergarten für Bob. Kepler freute sich für seine Familie, und dass sie sich freuten. Sein Bruder und seine Schwägerin wirkten fast glücklich, beinahe erlöst.
"J etzt habe ich einen Grund, nach Amerika zu reisen", meinte Kepler beim Abschied so dahin. "Vielleicht bleibe ich auch dort."
Er hatte diesen Gedanken ohne zu überlegen ausgesprochen. Erst dann dachte er darüber nach. Melissa schien keine große Rolle in seinem Leben zu spielen.
Sarah sah ihn bedrückt an. Sie hatte anscheinend dasselbe gedacht.
14. Anfang November besuchte Kepler wieder zusammen mit Melissa die Familie seines Bruders. Aus diesem Besuch wurde Abschied. Sowohl Jens als auch Sarah wirkten sehr ängstlich. Kepler hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass Sarah ihm etwas sagen wollte, und dass Jens sie davon abhielt. Kepler war froh darüber. Er hatte zwar viele Länder dieser Welt besucht, aber seine Erfahrungen eigneten sich wirklich nicht als Grundlage für Ratschläge, wie man in einem fremden Land zurechtkam. Zudem traute er sowohl seinem Bruder als auch seiner Schwägerin absolut zu, mit so etwas fertig zu werden.
In der Woche n ach der Rückkehr aus Steinfurt bekam Melissa wieder eine Erkältung. Diesmal verlangte sie keinen Anstandsbesuch, sie wollte sich kurieren, und sich nicht von Keplers kräftezehrender Lieblingsbeschäftigung schwächen lassen. Er wandte ein, der Sex wirke eher belebend, aber er versuchte nicht, Melissa zu überreden. Stattdessen tobte er sich im Keller aus und streifte wieder bis tief in die Nacht durch Bremen.
Als Melissa zwei Wochen später anrief, hörte sie
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