Freiheit fuer Mama
ordentlich ist. Sonst ist es hier nie ruhig. Und aufgeräumt schon gar nicht. Einfach deshalb, weil die Kinder und ich sonst ständig zusammen sind – und da ist eben immer etwas los.
Ich merke gerade, wie angenehm es ist, in die Wohnung zu kommen und nicht gleich bestürmt zu werden. Ja, das ist eine Wohltat! Und dass einer aufräumt, auch. Ich zupfe ein bisschen an den Blumen herum und lege die Sofakissen anders hin. Ich lese die Schlagzeile in der Zeitung und gucke die Post durch. Und zwar ohne unterbrochen zu werden, ohne dass einer sagt: »Mama, ich muss mal.« Oder: »Meine Nase läuft, ich will mal ausschnauben.« Ben ist mit den Kindern wohl noch unterwegs. Und ich habe eine kleine Auszeit nach einem langen Arbeitstag. Ich werde mir schnell einen Tee kochen, mich hinsetzen und mir so eine Brücke in den Feierabend bauen.
Dass wir jetzt noch ein Kind haben – Piet –, ist nicht das Ergebnis eines Unfalls. Wir wollten ihn unbedingt. Als Paul gut zwei Jahre alt war, hatte sich alles ganz gut eingespielt. Er ging morgens stundenweise in eine Spielgruppe, und ich hatte etwas mehr Freiraum für mich, zum Arbeiten, um Arztbesuche zu erledigen oder auch einfach, um Löcher in die Luft zu gucken. Das hätte jetzt immer so weitergehen können, denn es war sehr angenehm. Aber wir wollten kein Einzelkind. Wir selbst haben beide Geschwister und haben das auch immer geschätzt. Noch heute ist das so. Mein Bruder und ich sind ein Pott und ein Deckel, wir können uns aufeinander verlassen. Ben hat auch einen Bruder, mit dem er sich gut versteht. Das wollten wir auch für unseren Paul.
Dass es allerdings so richtig stressig mit einem kleinen Kind sein kann, ja, dass du oft völlig mit den Nerven am Ende bist, dass die Partnerschaft den Bach runtergeht und du deine kinderlosen Freundinnen nicht mehr siehst, sprich, dass das Leben wirklich sauanstrengend ist, das hatten wir zwar beide mit Paul gründlich erlebt, aber irgendwie erfolgreich verdrängt, als wir Piet planten. Oder vergessen? Oder mit etwas Distanz einfach anders wahrgenommen? Wie auch immer: Paul sollte ein Geschwister bekommen. Und er bekam es. Der kleine Bruder erblickte das Licht der Welt, als Paul gerade drei Jahre alt wurde.
Der große Knall
Herrje, das klingt jetzt so richtig perfekt: Mein Partner kümmert sich um die Kinder und ich trinke derweil Tee. Nein, wir sind keins von diesen Elternpaaren, bei denen mit den Kindern von Anfang an alles glattlief. Wir mussten Familienleben erst lernen – und sind auch heute oft noch kein richtiges Dreamteam. Aber immerhin arbeiten wir dran – und haben das Ruder auch schon ein bisschen herumgerissen. Wir haben versucht, unser Familienleben so zu gestalten, dass alle damit zufrieden sind – und dass für jeden von uns Erwachsenen auch sonst ein bisschen Luft bleibt. Denn es ist ja so: Kinder zapfen dich so lange an, bis der Akku leer ist. Gnadenlos. Doch so weit darf es nicht kommen. Selbst der beste Akku lässt sich irgendwann nicht mehr aufladen.
Bei uns war das vor einem halben Jahr so. Ich war leergezapft – und Ben wohl auch. Wir merkten beide, dass unser Modell – Mama hütet die Kinder, Papa verdient das Geld – auf Dauer nicht funktioniert. Aber es musste erst richtig krachen, damit etwas passierte:
Es ist Samstag, und wir haben Besuch von Kerstin und Nils. Piet, der damals sieben Monate alt ist, hat Hunger. Ben ruft aus der Küche: »Kannst du mal gucken, ob das so geht?« Er kocht gerade den Grießbrei für seinen Jüngsten. Ben ist nachmittags unter der Woche nicht zu Hause, darum ist er im Grießbreikochen nicht so firm.
Ich denke: Grießbrei kochen, das kann doch jedes Kind. Getreidepulver in den Topf, Milch dazu, umrühren, fertig. Aber vielleicht ist Ben nur unsicher. Und es ist ja wirklich nicht egal, ob der Brei dünn, dick oder klumpig ist. Die Konsistenz ist das A und O! Ist auch nur ein Klümpchen drin, bleibt Piets Mäulchen nach dem ersten Happen zu. Stücke im Essen mag er nicht, da verweigert er sich glatt.
Aber ich will vor unserem Besuch keine Grundsatzdiskussion darüber anfangen, ob ein Vater Dinkelbrei kochen können muss oder nicht. Ich will auch kein Gezeter, jetzt am Wochenende. Dafür habe ich gar keine Kraft, ich bin ausgepowert von der Woche. Darum gehe ich schnell in die Küche und werfe einen Blick in den Topf. Darin brodelt eine braune Masse. Dass sie so braun aussieht, dafür kann Ben nichts. Es ist ja Vollkorn, und der ist nun mal bräunlich. Aber es sind Klumpen
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