Freiheit fuer Mama
die übliche Routine verfallen, sondern unser eigenes Ding machen wollten. Wir bekamen im Krankenhaus eine kleine Wickellektion erteilt und einen Schnellkurs im Stillen, den Rest mussten wir selbst herausfinden. Dabei half uns eine Hebamme, die jeden Tag zu uns nach Hause kam. Sie zeigte uns alles, was man wissen muss. Und wir beide konnten bald alles. Wenn der Kleine unleidlich war, versuchten wir beide , ihn zu beruhigen. Wir wickelten ihn abwechselnd. Weil ich etwas unbeweglich war, ging Ben auch einkaufen und kochte für uns. Ich stillte Paul, aber Ben machte ihn sauber. Die Hebamme sagte: »Bei Ihnen ist es so harmonisch.« Ja, wir waren wirklich ein Dreamteam. Wir hatten zwar nie genau darüber gesprochen, wie wir die Aufgaben aufteilen würden. Aber so, wie es lief, war es prima.
Bald darauf ging Bens Urlaub zu Ende. Er fuhr morgens ins Büro und kam abends gegen 19 Uhr nach Hause. Paul war dann oft schon bettfertig und bekam von Papa nur noch einen Kuss. Ich übernahm das volle Kind-Programm. Ich ging einkaufen, zum Still- und Krabbelkreis und sogar zur Babymassage. Ich lernte andere Mütter kennen, und wir zogen zusammen los, Karre schieben. Die Wäsche machte auch ich, und ich putzte die Wohnung. Eine Putzfrau war mit nur einem Gehalt nicht drin. Ben mischte nur noch am Wochenende mit.
Ich fand das in Ordnung. Mein Job als Nur-Mama war ja nicht in Stein gemeißelt, sondern vorübergehend. Ich fand es sogar ganz schön, mal was anderes zu tun, als von morgens bis abends im Büro zu sitzen und in den PC zu hacken. Etwa ein halbes Jahr nach Pauls Geburt wollte ich wieder mit dem Arbeiten anfangen. Doch es kam anders. Der in Aussicht gestellte Job wurde anderweitig vergeben, eine adäquate Alternative gab es nicht.
Natürlich sagt das Gesetz, die Firma muss dir nach dem Mutterschutz einen gleichwertigen Job anbieten, darauf hast du ein Anrecht. Doch die Realität sieht anders aus. Der »gleichwertige« Job ist oft gerade nicht verfügbar. In manchen Firmen ist das Zufall oder Pech, in manchen hat es System. Solange du keine Kinder hast, hörst du nicht so genau hin, was der Flurfunk zu diesem Thema sagt, aber wenn du irgendwann doch hinhörst, weißt du sehr bald, was läuft. Und wenn der »gleichwertige« Job eben nicht zu kriegen ist, bleibt dir letztlich nur noch die Entscheidung zwischen der zweiten Wahl und dem gepflegten Abgang. Wenn die Firma also sagt: »Sie können gerne als Assistentin arbeiten, Ihre frühere Leitungsposition mussten wir zwischenzeitlich neu besetzen«, dann kannst du zusagen oder wegbleiben. Ich blieb weg. Mit in diese Entscheidung hinein spielte, dass es schier unmöglich war, eine Kinderfrau zu finden. Wir suchten eine liebevolle, vertrauenswürdige Person, der man ein sechs Monate altes Kind anvertrauen konnte. Doch diejenigen, die sich bei uns vorstellten, waren entweder zu alt, zu jung, zu teuer, zu billig, sie wirkten unzuverlässig oder zu lässig. Kurz, keine konnte es uns recht machen. In der Kita am Ort gab es zwar ein paar Plätze für Krabbelkinder – aber die waren begehrt. Und wir waren auch nicht sicher, ob wir Paul wirklich so früh in die Krippe geben wollten.
Leben in der Komfortzone
Ich blieb also, wo ich war. Ich arbeitete im Homeoffice für meine alte Firma – dann, wenn Paul schlief. Das fand ich gar nicht so schlecht: ein bisschen was für den Kopf tun und danach Karre schieben mit den Freundinnen. Ich lebte in der »Komfortzone«, wie Bascha Mika, Autorin des Buches Die Feigheit der Frauen , den Ort nennt, in dem es sich viele Frauen angeblich gemütlich machen: zu Hause mit Kind. Ich machte es wie alle: Ich überließ den Großteil des Geldverdienens Ben und übernahm Haus, Hof und Pauls Rundum-Betreuung. Er war ein friedliches Kind und ich konnte ihn ab und an für ein paar Stunden bei einer Freundin parken und so ein bisschen Zeit für eigene Dinge gewinnen. Im Gegenzug übernahm ich dann an einem anderen Tag das Kind der Freundin stundenweise.
Diese Auszeiten brachten mir neue Energie, und ich wurde ein richtiger Haushaltsprofi. Ich machte den Joghurt selbst und buk das Brot in einem Backautomaten. Ich kochte Marmelade aus Bioerdbeeren und fror für uns ein halbes Rind ein, natürlich portioniert – und ebenfalls Bio. Ich ließ keinen Kinderflohmarkt aus, immer auf der Suche nach dem besten Kinderschlafsack, der schönsten Latzhose und dem heißesten Bobbycar. An Pauls erstem Geburtstag nähte ich sogar die kleinen Säckchen selbst, in die für
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