Freiheit fuer Mama
drin, das sehe ich sofort. Und dafür kann Ben was. Er hat nicht gut genug gerührt! Ein Film läuft in mir ab. Wenn Piet nichts isst, dann ist er quengelig. Und wenn er quengelig ist, ist der ganze schöne Nachmittag dahin. Und wenn der Nachmittag dahin ist, ist es auch der Abend, weil unser Kind nicht ins Bett findet, wenn es überdreht ist. Und wenn der Abend dahin ist, drehe ich durch. Ich brauche unbedingt ein bisschen Ruhe. Denn ich kann nicht mehr. Zwei kleine Kinder zu haben ist super anstrengend!
Andere Väter haben rechts das Kind auf der Hüfte und kochen mit links Brei. Oder Pasta oder Risotto. Nur meiner kann das nicht. Ich bin genervt, so genervt! Ich schubse Ben vom Herd weg, reiße ihm den Schneebesen aus der Hand und rühre wie eine Verrückte im Topf. Weg, weg, weg mit den Klumpen! Fast koche ich selbst. Muss man hier eigentlich alles selber machen? Nicht mal am Samstag hat man frei! Ich könnte platzen. Ich könnte den verdammten Brei an die Wand schmeißen – oder Ben über den Kopf schütten.
Ben steht betreten neben mir. Sein Rücken ist gebeugt, die Schultern hängen herunter. Wie ein begossener Pudel steht er da. Ein bisschen tut er mir schon leid. Darum spreche ich betont ruhig, als ich sage: »Wir tun noch etwas Wasser dazu, Schnecki, dann wird es gehen.« Ich übergebe den Topf an Ben. Der gießt und rührt, und rührt und gießt. Bald sieht der Brei ganz passabel aus. Er taucht seinen Finger hinein, leckt ihn ab und probiert. »Der ist ja fad, muss das nicht etwas süßer?«
Süßer? Der Brei wird mit Obstmus abgeschmeckt, das ist süß genug. Und wie kann der Mann seinen Finger in den Brei tauchen! Hat der eigentlich noch nie was von Hygiene gehört? Vielleicht hat er EHEC ! Kleine Kinder können an den fiesen Bakterien sterben – und Erwachsene auch. Ein paar Keime reichen, und du wirst krank. In mir läuft noch ein Film ab. Was ist, wenn Piet krank wird? Dann hätte ich wieder alles an der Hacke: Kotze wegmachen, volle Windeln entsorgen, Bettzeug waschen. Rund um die Uhr wäre ich nur am Rödeln. Männer machen sich über so etwas ja keine Gedanken. Sie gehen einfach zur Arbeit und sind fort.
»Finger weg!«, fauche ich. Meine aufgesetzte Gelassenheit ist dahin. »Das ist ja eklig, dass du da einfach reinfasst. Noch nie was von EHEC gehört? Außerdem geht gerade wieder Magen-Darm um.« Ben zuckt richtig zusammen, dann dreht er sich um. Er strafft die Schultern, steht jetzt ganz gerade. Er knallt die Müslischale auf den Tisch und geht zu Tür. »Mach deinen Scheiß doch alleine«, schreit er. »Ich bin hier ja eh nur der Depp.« Dann donnert er die Tür zu, dass die Glasscheibe nur so klirrt.
Was war das denn?, denke ich. Sonst ist er doch nicht so aufbrausend. Er ist eher der Typ, der sich still und leise zurückzieht, wenn ihn etwas stört. Aber vielleicht geht es ihm ja wie mir: Ich bin oft richtig geladen. In mir staut sich immer so viel an. Mit Kind hat man ja kaum Zeit, mal einen Gedanken zu Ende zu denken oder zu reflektieren, warum man gerade sauer, genervt oder aggressiv ist. Geschweige denn, es zu verdauen. Irgendwann brennt dann die Sicherung durch, weil sich so viel aufgestaut hat. Meistens bei mir. Ben verdrückt sich lieber, wenn es heiß wird. Aber das heißt ja nicht, dass er nicht verärgert ist. Er lässt es nur nicht so raus.
Das wird es wohl sein. Ben fühlt sich kontrolliert und entmündigt. Weil ich ihm nicht mal zutraue, etwas so Banales wie einen Babybrei zu kochen. Weil ich mich in alles einmische und ihm immer gute Ratschläge gebe. Aber er wirkt auch immer so hilflos. Er hatte mich ja gerufen und gebeten, nach dem Brei zu gucken.
Der Haushaltstrottel
Keine Minute dauert es, da steht Kerstin in der Küchentür. Sie hat unser Gezeter gehört und grinst. »Das kenne ich. Nils ist auch so ein Haushaltstrottel. Er kann überhaupt nicht kochen. An den Grießbrei lasse ich ihn nicht mehr ran, der brennt bei ihm immer an.« Sie kommt richtig in Fahrt und lästert, was das Zeug hält. Zum Einkaufen könne sie ihren Mann nur mit Zettel schicken, sonst kaufe er grundsätzlich die falschen Sachen. Und wenn er mal Staub saugt, muss sie immer noch mal nachsaugen. Am besten laufe es, wenn er gar nicht da sei und sie alles alleine mache.
Kerstin ist eine gute Freundin von mir, keine Frage. Aber sie lebt ganz traditionell. Sie ist zu Hause und kümmert sich um die Kinder. Nils verdient das Geld und ist weitgehend raus aus dem Kinderprogramm. Füttern, Wickeln und
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