Freiheit fuer Mama
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Kleine Fluchten: Schluss mit Stillen
Ich rekele mich auf meiner Liege. Sie ist rot und weiß gestreift, doppelt gepolstert und sehr gemütlich. Ich habe mich fest in meinen Bademantel eingemummelt und schaue hinaus aufs Meer. Von drinnen. Draußen sind gerade mal fünf Grad, richtig ungemütliches Wetter. Und, yeah!, denke ich, ich muss heute nicht mit den Kids raus und sie auslüften, damit sie sich austoben können und friedlich bleiben. Ich bleibe einfach hier liegen, bis mir der Hintern eingeschlafen ist. Nicht, dass mir kalt wäre und ich mich deshalb einmummele. Nein, wir waren gerade 15 Minuten in der 80 Grad heißen Sauna. Aufguss inklusive. Die Luft, die Hugo, der Saunameister, mit seinem Handtuch aufgewirbelt hat, war so heiß, da bleibt dir glatt die Luft weg. Aber ich finde es schön, fest eingepackt in meinen Bademantel hier drinnen zu liegen. Ich fühle mich geborgen und wohlig entspannt. Und um mich herum sind meine Mädels. Auch sie schauen mit leicht glasigem Blick aufs Meer.
Sandra, Katharina und Kerstin sind alte Schulfreundinnen von mir. Wir kennen uns schon ewig und haben schon so Einiges gemeinsam erlebt: fünf Hochzeiten, eine Scheidung, zehn Geburten und neun Taufen. Wir sind über Kreuz jeweils bei irgendeinem Kind Patentante, und darum treffen wir uns auch ständig irgendwo und feiern irgendetwas, weil immer ein Kind gerade Geburtstag, Einschulung, Taufe, Kommunion oder Konfirmation hat. Aber an diesem Wochenende sind wir alle kinderlos. Wir haben FREI : kinder- und männerfrei. Wir sitzen im Entspannungsraum der Sauna des neuen Spa-Hotels in Lübeck. Drei Tage lang wollen wir hier sitzen, schwitzen und reden, so uns danach ist, und sonst gar nichts tun. Okay, gut essen wollen wir natürlich auch und vielleicht mal vor dem Frühstück an den Strand zum Joggen gehen. Aber nur vielleicht.
Heute ist der erste volle Tag, Samstag. Es ist großartig: Wir rekeln uns seit drei Stunden im Ruheraum mit Meerblick, gehen immer mal in die Sauna und auch hin und wieder schwimmen, aber nur, um den eingeschlafenen Po aufzuwecken. Und wir quatschen fast pausenlos. Quatschen, das bedeutet: Wir reden über Gott und die Welt. Die anderen im Ruheraum der Sauna sind schon ganz genervt. Das wäre noch mal eine Marktlücke für Spas: ein Raum, in dem Freundinnen sitzen und klönen können, statt sich still auszuruhen und schon wieder auf irgendwen Rücksicht zu nehmen. Wer will denn das: ruhig daliegen? Aber im Moment sind wir doch mal ganz still. Wir haben uns ausgequatscht und hängen ein bisschen unseren Gedanken nach.
Endlich bringt mir mal einer was
Gerade kommt der nette Saunameister Hugo herein. Er jongliert, nur mit T-Shirt und Handtuch um die Hüften bekleidet, auf einer Hand ein Tablett mit hohen Gläsern, randvoll mit einem eiskalten Getränk. »Ein Maracujadrink für die Damen«, sagt er galant und serviert uns mit einer leichten Verbeugung ein eiskaltes Glas. »Mit viel Frucht und ohne Alkohol«, ergänzt er. »Wir wollen ja, dass Sie gesund bleiben.« Also, von uns aus hätte es auch umgekehrt sein können. Aber der Tag ist ja noch nicht zu Ende.
Ich genieße meinen Drink. Auch die anderen sind ganz still, saugen die kühle Flüssigkeit in sich auf und schauen aus dem Panoramafenster. Ich überlege gerade, wann mir zuletzt mal jemand etwas zu trinken gebracht hat. Meistens bringe ich allen irgendetwas: Paul seine Trinkflasche, Ben seinen Kaffee und dem Kleinen die Brust. Doch, in den ersten Tagen nach Piets Geburt brachte Ben mir zum Stillen hin und wieder ein Glas stilles Wasser. Aber das ist lange her.
Tja, und nun stille ich also nicht mehr. Seit gestern ist finito. Aus und vorbei. Meine Brust tut schon kaum noch weh. Sie ist auch gar nicht mehr so rot, und auch die kleinen Bisswunden, die mir Piet mit seinen Beißerchen zugefügt hat, sind kaum noch zu sehen. Die Wärme scheint Wunder zu vollbringen. Also, das ist doch schon mal was. Und das Kind befindet sich in der akuten Phase der Entwöhnung – weit weg von mir – bei seinem Papa. Ich habe mir diesmal den Joker genommen, bin auf und davon. Diesmal habe nicht ich den Stress mit dem Abstillen, nein, den hat Ben. Das erscheint mir nur fair.
Schon 840-mal gestillt
Wenn ich ehrlich bin, musste ich auch einfach mal raus. Ich bin so ausgelaugt von der ganzen Stillerei in den letzten Monaten. Vom Aufstehen in der Nacht um eins, drei und fünf, von all dem Herumtragen – immer wartend auf ein Bäuerchen – und von der
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