Freiheit fuer Mama
muss ich mich nicht hetzen. Den Job in der Agentur habe ich erfolgreich zu Ende gebracht.
Jetzt will ich noch versuchen, zwischen meinen beiden Universen Kinder und Job längere Brücken zu bauen. Es ist wirklich sehr anstrengend, direkt vom Schreibtisch ins Alltagsleben mit den Kids zu wechseln und dabei auch noch geduldig, freundlich und gelassen zu sein. Doch das kann ja nicht so schwer sein: Wenn ich mittags ein paar Minuten früher mit dem Arbeiten aufhöre, dann habe ich etwas Luft, um mich auf die Kleinen einzustellen. Es wäre sicher auch klug, externe Termine per Bahn statt mit dem Auto wahrzunehmen. Im Zug kann ich Zeitung lesen, nochmals alle Unterlagen durchgehen oder noch eine Runde schlafen. Und so kann ich mir auch eine ganz lange Brücke zwischen Kita und Kundenjob bauen.
8
Ende mit dem Förderwahn: Ich mach mich nicht mehr kaputt
Es ist halb sieben, abends. Ich sitze im Garten und trinke eine Weißweinschorle. Ich habe auch etwas zum Knabbern neben mir stehen, Tortillachips. Die liebe ich über alles. Die Kinder hocken drinnen vor dem Fernseher und mümmeln ein bisschen Rohkost. Eine Dreiviertelstunde dürfen sie heute Kika gucken. Es ist sicher pädagogisch nicht sehr wertvoll, dass ich sie vor dem Fernseher parke. Aber eine andere Chance, um ein bisschen Zeit für mich zu haben und von meinem Stresslevel runterzukommen, habe ich nicht. Ben ist nicht da, er ist auf einer Fortbildung und kommt nicht vor elf. Wenn er wüsste, dass die Kids vor der Glotze sitzen und dabei essen, würde er die Krise kriegen. Aber er ist ja nicht da.
Hier im Garten ist es friedlich. Kaum ein Geräusch ist zu hören, es ist ideal zum Abschalten. Egal, wie blöd der Tag war, in meinem grünen Zimmer komme ich immer sofort runter, ob ich im Liegestuhl vor mich hindöse oder im Beet wühle. Eine Gartentherapie, das wäre doch noch mal eine Marktlücke. Du bringst gestresste, ausgelaugte und kaputte Menschen, zum Beispiel Mütter, in einen Garten und drückst ihnen eine Schaufel in die Hand. Dann lässt du sie mit den Pflanzen herummachen oder buddeln. Eine halbe Stunde später sind sie garantiert wieder fit.
Ich versuche seit einiger Zeit, mir diese kleine Pause einzuräumen, bevor das Abendprogramm richtig losgeht. Wenn ich das hinkriege, dann verläuft auch der Rest des Abends harmonisch. Diese abendliche Ruhe in meinem Gartenstuhl kann ich so richtig genießen. Inzwischen. Denn das war nicht immer so. Oft war ich vom Nachmittagsgeschäft viel zu aufgedreht und ausgepowert für ein bisschen Feierabendmuße.
Dieser Zustand der Unruhe am Abend kommt oft nur daher, dass wir Mamas nachmittags zu viel auf dem Zettel haben. Die Kinder haben jeden Tag volles Programm. Sie gehen zu verschiedenen Kursen und Stunden. Und wir müssen immer mit, da wir sie überall hinbringen. Wir fahren mit dem Auto von A nach B und dann nach C und dann wieder zurück nach B und A. Montags ist Kindertanz und Fußball, dienstags Kinderturnen, mittwochs Kinderenglisch und donnerstags Schwimmen und Musikschule. Am Freitag haben wir frei. Ein einziger Wahnsinn ist das. Zwischendurch habe ich immer mal ein bisschen Leerlauf. Aber dann laufe ich wirklich oft leer und ohne Ziel herum. Ich gehe einkaufen oder gucke, was es Neues bei Tchibo gibt.
Und abends bin ich dann sternhagelvoll. Natürlich nicht vom Alkohol, sondern von all dem Herumgefahre und Rumgehetze. Danach geht es zu Hause ja nonstop weiter: Abendessen, Kinder in die Badewanne und dann alle Mann ins Bett. Danach bist du unter Strom wie nach zehn Tassen Kaffee. Wenn du den ganzen Tag wie der Hamster im Rad herumgerast bist, dann stellt sich nur schwer die Ruhe ein.
Einmal kam ich von so einem Powernachmittag zurück und wollte später noch mit Freundinnen ins Kino. Ich schaffte es sogar rechtzeitig, aber ich konnte mich überhaupt nicht auf den Film konzentrieren, denn mir schwirrte der Kopf. Mir rasten all die Dinge durchs Hirn, die ich nicht geschafft hatte. Ich hatte es nicht geschafft, das Geburtstagsgeschenk für meinen Bruder zu kaufen, hatte nicht die Biokiste im Naturkostladen abgeholt und den Kindern nichts Anständiges zum Abendessen vorgesetzt. Es gab wieder nur Brote. Da beschloss ich, dass sich etwas ändern muss. Dass ich es am Nachmittag ruhiger angehen lassen muss und dass auch abends, vor dem Kinder-ins-Bett-bringen-Marathon, ein wenig Muße für mich herausspringen soll. Aber wie das so ist. Bis ich wirklich etwas änderte, verging noch ein bisschen Zeit.
Glücklich
Weitere Kostenlose Bücher