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Freiheit schmeckt wie Traenen und Champagner - Mein wunderbares Leben gegen den Strom

Titel: Freiheit schmeckt wie Traenen und Champagner - Mein wunderbares Leben gegen den Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayse Auth
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immer.
    Ich würde schon sagen, dass man ein spezielles Talent benötigt, um das ästhetische Potenzial x-beliebiger Vertreter der menschlichen Rasse zu erkennen. Und natürlich eine Menge Training. Nur dann kann man zum Stylisten werden, wie ich es verstehe - vielleicht. Denn es braucht dazu noch mehr. Zum Beispiel Überzeugungskraft. Es ist leider eine Tatsache, dass die meisten Menschen Minderwertigkeitsgefühle wegen ihres Aussehens haben. O ja, das gilt auch für Menschen, die von Natur aus ein ansprechendes Äußeres haben. Gerade für die! Nach nunmehr drei Jahrzehnten Erfahrung in der Verschönerung meiner Mitmenschen, im Provinzsalon ebenso wie in der Maske von Film- und Fernsehstudios, ist mir eines deutlich geworden: Je schöner der Mensch, desto selbstkritischer ist er in der Regel hinsichtlich seines Aussehens. Jedenfalls dann, wenn er selbst in der Öffentlichkeit steht.
    Hier kommt die Überzeugungskraft des Stylisten ins Spiel. Oder vielmehr seine Vertrauenswürdigkeit. Wer an sich zweifelt, wer von sich selbst ein negatives Bild hat, wird misstrauisch. (Ich kenne das von mir selbst.) Und er neigt dazu, genau das zu tun, was ihn nur noch weiter von sich selbst entfernt. (Auch hier spreche ich aus eigener Erfahrung.) Wenn ich also sehe, wo etwas betont, wo etwas zurückgenommen werden müsste und was vielleicht der Clou werden könnte, obwohl es noch nie angedacht wurde, dann darf ich eines nicht machen: mit der Tür ins Haus fallen. Am verletzlichsten sind die Menschen an Stellen, von denen sie glauben, dass alle anderen dort hinsehen.

    Ist es nicht merkwürdig? So viele Frauen in Deutschland geben heutzutage ein Heidengeld dafür aus, sich innerlich weiterzuentwickeln. »Persönliches Wachstum« nennen sie es, und am liebsten würden sie ihre Männer gleich mit dazu bekehren. Doch wie soll das klappen, wenn eine Frau nicht gleichzeitig auch an ihrem Äußeren arbeitet? Ich behaupte: Wer sich wirklich verändern will, sollte nicht innen , sondern außen damit anfangen. Jede Frau, die sich irgendwann einmal eine neue Frisur, eine neue Garderobe oder ein neues Make-up gegönnt hat (im Idealfall gleich alles zusammen), weiß, dass sie danach von anderen Menschen ganz anders angeschaut und behandelt wird als vorher. Und das kann sich sehr positiv auf die innere Befindlichkeit auswirken. Es besteht durchaus die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau dadurch selbstsicherer, fröhlicher, positiver und optimistischer wird. Und sind das etwa keine inneren Veränderungen? Ich wünschte vielen Frauen, die an ihrem Selbstbild, an ihrem inneren Wachstum arbeiten, dass sie sich diese Selbstverständlichkeit einmal vor Augen führen.
     
     
    Damals, als ambitionierte Friseurgesellin, muss ich so manche konservative Kundin mit meinem Eifer genervt haben. Viele jedoch wussten mein Engagement auch zu schätzen und waren dankbar, überhaupt beraten zu werden. In jener Zeit habe ich die Grundlagen meines beruflichen Stils entwickelt. Haareschneiden allein würde mich nicht befriedigen. Das war mir schon klar geworden, als ich, den kreativen Furor meines Meisters bewundernd, noch Lehrling war. Aber was genau ich eigentlich wollte, das wurde mir erst jetzt bewusst: jede Frau so weiblich und so schön zu machen,
dass ihr intensivstes Leben geweckt würde! Und ich genoss es, dass immer mehr Kundinnen nur zu mir wollten.
    Meine Chefinnen begriffen, was sie an mir hatten. Das zahlte sich für mich weniger in Mark und Pfennig aus als im Entgegenkommen gegenüber meiner Lebenssituation. Ich durfte meine Arbeitszeit so einrichten, dass ich um vier Uhr nachmittags Cenk vom Hort abholen konnte. Alles schien sich einzupendeln. Ich lebte ein ganz gewöhnliches Leben, wie Millionen geschiedener und berufstätiger Mütter, die sich mit einem neuen Partner zusammengetan haben. Und es schien endlich ein gutes Leben zu werden!
    Wirklich?
    Erst wollte ich es nicht wahrhaben, um keinen Preis. Irgendwann jedoch gestand ich es mir ein: Da klaffte doch eine Lücke - mein Leben war immer noch nicht ganz rund, nicht wirklich so, wie ich es mir wünschte. Was aber fehlte denn? Hatte ich nicht immer »deutsch« sein wollen? Eine erfolgreiche, taffe Frau? Modern und emanzipiert? Nun war ich auf dem besten Wege dorthin - und, was geschah? Es war mir alles andere als recht! Mit jedem Tag weniger, selbst wenn ich es noch so entschlossen beiseite zu schieben versuchte.
    Und was sprach mein Herz?
    Mir fehlt meine Familie. Vor allem fehlt mir sie:

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