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Freiheit schmeckt wie Traenen und Champagner - Mein wunderbares Leben gegen den Strom

Titel: Freiheit schmeckt wie Traenen und Champagner - Mein wunderbares Leben gegen den Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayse Auth
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so etwas wie eine Geheimsprache für sie, in der sie sich diskret verständigen konnten. Das Balkangebirge galt seit alters als Heimat der Geister und Zauberer. Ob auch Babannes Berufsgeheimnis dort seine Wurzeln hatte? Niemand von uns weiß es, und niemand wird es je erfahren.

Früh übt sich
    B abannes Eifer, selbst die alltäglichsten Dinge zu ritualisieren, hätte einen außenstehenden Beobachter bestimmt zum Lachen gereizt. Für uns dagegen war es meistens nicht komisch, sondern einfach nur lästig. Natürlich wussten wir, dass gottesfürchtige Muslime Namaz praktizieren müssen, das Gebetsritual mit Niederwerfungen auf dem nach Osten ausgerichteten Gebetsteppich. Das allein kostete schon viel Zeit - fünfmal täglich mindestens eine Viertelstunde. Oma hielt sich strikt daran, aber sie begnügte sich nicht damit. Vor allem hatte sie es mit dem Wasser. Offenbar galt für sie ein besonderes Reinheitsgebot, das da lautete:
    »Erst nach dem siebten Mal ist es auch für Allah rein.«
    Das bezog sich erstens auf ihre persönliche Waschordnung. Zweitens auch auf uns - und zwar mit Körper, Geist und Seele. Alles, was mit Wasser in Berührung kommen musste oder konnte, wurde siebenmal gespült. Jedes Wäschestück, jeder Apfel, jede Tasse, jede Gabel, jeder Haarschopf.
    Alles siebenmal.
    Man stelle sich den Aufwand vor! In unserer Küche gab es nur einen winzigen Wasserhahn. Und der hat nie richtig funktioniert. Trink- und Waschwasser förderten wir mit einer Handpumpe aus dem Hausbrunnen im Hof. Von dort
aus musste das kostbare Nass überall hingebracht werden, wo es gebraucht wurde. Und - puh! - das war nicht eben wenig, dank der wunderlichen Angewohnheiten unserer Gebieterin. Kann man sich vorstellen, wie viele Eimer Wasser in die Küche geschleppt und auf dem Ofen erwärmt werden mussten, bevor es in der roh gemauerten Badeecke ans Waschen gehen konnte? Genau sieben große Kellen Wasser nach dem Einseifen über jeden Körperteil!
    Die Zahl Sieben muss von besonderer Heiligkeit und magischer Kraft sein. Warum sonst hätte sich unsere Oma vor jedem Namaz mit einer sonst nie gebrauchten Kelle siebenmal Wasser aus einer besonderen Schüssel geschöpft? Es sich dann über Füße, Armgelenke, Gesicht und Hände gegossen?
    Die besondere Bedeutung der Zahl Sieben steht, soviel ich weiß, im Einklang mit der islamischen Tradition. Ob dies aber auch für das besondere Verfahren galt, mit dem Oma das Wasser für ihre Zwecke vorbereitete? Sie pumpte es jeden Morgen selbst aus dem Hofbrunnen. Dann segnete sie es in ihrem typischen, murmelnden Singsang, wobei sie uns völlig unverständliche Wörter benutzte. Immer wieder stieß sie dabei leise Laute aus, die wohl mehr energetische als sprachliche Bedeutung besaßen.
    Das von ihr besprochene Wasser setzte sie vor allem auch dann ein, wenn einer ihrer Klienten zu alt oder zu krank war, um sie persönlich aufzusuchen. Sie füllte es in ein Glas, segnete es nochmals - und, nun ja, dann spuckte sie hinein … Also, wohl nicht wirklich, sondern nur mit einem leisen »pfft«, mehr Luft als Speichel. Darauf gab sie das gefüllte Glas dem Beauftragten des Siechen mit, damit er es trank.

    Eine willkommene Abwechslung, ja ein allwöchentliches Freudenfest für uns war es, wenn es galt, Oma die Haare zu waschen. Eine aufwendige Prozedur, die jedes Mal gut zwei Stunden in Anspruch nahm. Es machte uns großen Spaß, ihr dabei zur Hand zu gehen. Zunächst versammelten wir rings um die Badeecke eine ganze Galerie von Gefäßen, randvoll mit erwärmtem Wasser. Dann setzte Babanne sich auf einen Diwan (Küchenstühle besaßen wir nicht) und nahm ihr Kopftuch ab. Das allein war schon ein Ereignis! Wir sahen sie ja sonst nie ohne das Tuch, das sie immer so tief ins Gesicht zog, dass man im Profil fast nur ihre Nase sah.
    Jetzt löste sie ihren Dutt. Was für ein Moment, wenn sich diese hüftlange, grauschwarze Lockenpracht über Omas Rücken ergoss! Nun durften wir sie von oben nach unten durchkämmen. Sorgfältig nahmen wir uns einen Strang nach dem anderen vor und lösten vorsichtig die Knötchen auf. War es geschafft, dass alles in voller Länge, glatt und gelockert, den Rücken hinunterfloss, ging es an die Reinigung. Sie hockte sich dazu auf den Sitzstein in der Badeecke, warf ihre Mähne mit einem Ruck nach vorn über den Kopf, beugte sich vor, und wir begannen sie zu shampoonieren. Danach schütteten wir ihr Unmengen warmes Wasser über den Kopf, das hatte schließlich siebenmal zu

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