Freiheit schmeckt wie Traenen und Champagner - Mein wunderbares Leben gegen den Strom
Menschen sein wollte! Ja, so ist es bei uns: Wenn sich die eine über sich selbst Gedanken macht, geht es eigentlich immer auch um die andere.
In einer stillen Stunde nahm ich sie beiseite.
»Hati, ich finde es toll, dass du deine eigenen Ziele hast. Vielleicht ist es wirklich nicht so gut, wenn wir alles immer nur zusammen machen.«
Sie schaute mich verwundert an. Damit hatte sie wohl nicht gerechnet. Erst mal entgegnete sie nichts. Gut, dann konnte ich ja weitermachen.
»Du weißt ja, mir fällt das nicht so leicht, dich wieder ziehen zu lassen, aber ich werde mich schon dran gewöhnen.«
Stimmte zwar überhaupt nicht, sollte aber so aussehen.
»Na ja, ich bin ja nicht aus der Welt.«
Wie begütigend, ganz die fürsorgliche Schwester.
»Stimmt«, stimmte ich pflichtschuldigst zu. »Und ich werde es bestimmt auch allein schaffen, mich selbstständig zu machen.«
Das war das Letzte, was ich mir hätte vorstellen können. Aber es musste jetzt gesagt werden. Es war mein einziger Trumpf. Und siehe da, sofort nahm das Gespräch eine andere Wendung. Sie wurde hellhörig und kriegte ganz große Augen.
»Du meinst, mit einem eigenen Laden?«
»Genau! Das ist mein Ziel. Nur einfach einen Beruf zu haben, das ist mir nicht genug. Ich will mein eigener Herr sein. Ich will nicht, dass mir jemand vor der Nase sitzt, der meine Kreativität bremst.«
Und jetzt setzte ich noch eins drauf. Ich wusste, ich musste hoch pokern. Alles oder nichts!
»Und eines ist klar: Ich könnte so was nur allein machen.«
Sie sagte nichts. Schaute nur auf den Boden. Ich rieb mir im Geiste schon die Hände. Gleich würde sie anbeißen, das fühlte ich. Nur noch ein Satz von mir, ein einziger Satz.
»Außer mit dir zusammen, natürlich.«
Ich ergriff ihre Hand und streichelte sie zärtlich. Das war nicht etwa gespielt. Es war mein vollster Ernst. Und die weichsten Rehaugen, die ein Mensch nur haben kann, schauten mir voller Sympathie ins Gesicht.
»Wirklich? Ist das so?«
»Ganz klar, das ist so. Ganz ehrlich.«
»Gut, dann will ich es mir überlegen.«
Und ob sie das tat. Noch während der Probezeit kündigte sie ihren Lehrvertrag und fand anschließend sofort eine Ausbildungsstelle als Friseurin.
Ich hatte meinen Beruf gefunden und meine Schwester behalten! Zumindest die Möglichkeit, einmal beruflich mit ihr zusammenzuarbeiten.
»Hati, das ist der Beginn unserer gemeinsamen Karriere!«
Gut, das war ins Blaue hineingesprochen. Ich wusste weder wo noch wann, noch wie wir das machen würden. Aber ich fühlte, dass sie mir vertraute. Womöglich glaubte sie sogar, dass ich schon alles wusste, was man wissen muss, um sich selbstständig zu machen. Sie hat jedenfalls nicht ein einziges Mal danach gefragt. Wem so viel Vertrauen geschenkt wird, der darf doch keinen Rückzieher machen!
Also begann ich tapfer selbst daran zu glauben, dass wir uns eine gemeinsame Existenz aufbauen würden. Nach langer Zeit spürte ich endlich wieder einmal jenes Vertrauen in das Leben und in mich selbst, das einen Berge versetzen lässt. Ich wusste ja: An meiner Seite würde der Mensch sein, auf den ich mich am allermeisten verlassen kann.
Es sollte allerdings noch einige Zeit dauern, bis es wirklich so weit war, dass wir gemeinsame Sache machen konnten. Unsere Lebensläufe nahmen noch so manchen Umweg, bevor sie wieder zusammenfanden. Und manche Station auf dem Weg trug den Namen eines Mannes.
Freiheit, die ich meine
München, Anfang 2008
W ann war eigentlich dein erstes Mal?«
Sibels Frage kommt wie aus heiterem Himmel. Baltayı taşa vurmak - da hat sie aber die Axt auf den Stein gehauen! Wenn sie nicht meine beste Freundin wäre …
Wir sind ganz allein im Münchner Salon, die Tür ist bereits abgeschlossen, damit wir uns in Ruhe die Haare machen können. Heute Abend müssen wir beide alles geben! Der Flagship-Store eines bekannten italienischen Modelabels wird eröffnet. Ich habe Sibel gebeten, mitzukommen, da ich keine Lust habe, mit irgendeinem männlichen Begleiter dort aufzutauchen.
Zwar haben wir schon zwei Proseccos getrunken, um uns in Stimmung zu bringen. Aber was soll jetzt diese Frage?
»Wieso fragst du mich das ausgerechnet jetzt?«
Sibel lächelt sibyllinisch.
»Ich habe nur in einem der Magazine geblättert, die du für deine Kundinnen auslegst. Da ist eine große Umfrage zu dem Thema.«
»Und, was kam dabei heraus?«, frage ich scheinbar gelangweilt. Vielleicht lässt sich eine Antwort ja vermeiden.
»Na,
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