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Freiheit statt Kapitalismus

Freiheit statt Kapitalismus

Titel: Freiheit statt Kapitalismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sahra Wagenknecht
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unmittelbar nach Ausbruch der Krise die Garantie für die Sparguthaben übernommen, wäre die Schlange verängstigter Sparer vor Northern Rock nicht die einzige geblieben. Denn jeder ahnt doch, dass die gegenwärtigen Einlagensicherungssysteme schon den Zusammenbruch einer großen Bank nicht überleben würden, von einer Massenpleite ganz zu schweigen. Ein Bank-Run wiederum kann am Ende sogar gesunde Banken zu Fall bringen. Und man stelle sich die Situation am deutschen Kreditmarkt nach einer Insolvenz von Deutscher Bank und Commerzbank vor. Das wäre keine »Kreditklemme« mehr, sondern ein Kredit-Knockout und der direkte Weg in die wirtschaftliche Depression. Von einer auch nurzaghaften Erholung der Wirtschaft könnte dann auf Jahre keine Rede mehr sein.
    Regulierungsresistente Banker
    Die Versorgung mit Finanzdienstleistungen ist eine Lebensader der Volkswirtschaft. Sie ist in etwa so elementar für die Lebensverhältnisse der Menschen wie die Versorgung mit Wasser, Strom, Bildung oder Gesundheitsdiensten. In solchen Bereichen schadet privatwirtschaftliche Rentabilitätslogik zumeist mehr, als sie nützt.
     
    Die Stabilität des Finanzsektors ist ein öffentliches Gut. Und öffentliche Güter sollten nicht privaten Profitjägern überlassen werden.
     
    Zumal sich gezeigt hat, dass sich Stabilität und Renditeverzicht gegen den Willen der Bankgiganten nicht herbeiregulieren lassen. Vor einiger Zeit brachte der radikaler Ansichten unverdächtige ehemalige Bundesbankpräsident Weber ein vorläufiges Verbot von Dividendenausschüttungen ins Gespräch, um die Banken zu zwingen, ihre Eigenkapitalbasis zu stärken. Anlass war die ungebrochene Boni- und Dividendenfreude der eben erst mit Staatsmilliarden geretteten Finanzhäuser. Umgehend hielt ihm Deutsche-Bank-Chef Ackermann entgegen, man müsse doch »auch die Aktionäre zufriedenstellen«. Bei allen Regulierungsvorhaben müsse darauf geachtet werden, dass die Banken für die Geldgeber attraktiv blieben, sonst bringe man sie in Kapitalnot. 145
    Mit der Argumentation, schärfere Regeln beeinträchtigten die Kapitalbeschaffung der Banken und somit ihre Kreditvergabe, wurde denn auch erfolgreich jede vernünftige Regulierung in Grund und Boden lobbyiert. »Zehn Millionen Arbeitsplätze könnte es kosten, wenn man die Banken schärferen Regeln unterwerfen würde, konnte Ackermann im Juni rumposaunen, ohne gleich von weiß bekittelten Männern abgeholt zu werden«, 146 ärgerte sich die
Financial Times Deutschland
im Herbst 2010. Zu diesem Zeitpunkt stand fest, dass die Regulierungsbemühungen wieder mal im Sande verlaufen waren.
    Das Problem ist aber nicht, dass Ackermann die Politik durch leere Drohungen einschüchtert, sondern dass die private Verfügung über ein öffentliches Gut Macht begründet. Macht, die so groß ist, dass siedemokratische Politikgestaltung unmöglich macht. Zumal an Ackermanns Argumentation – zumindest sofern sie sich gegen national begrenzte Regulierungsversuche wendet – sogar etwas dran ist. Wenn ein Land die Banken deutlich schärferen Regeln unterwirft als andere Länder, könnten die Aktien der Banken dieses Landes wegen schwindender Renditechancen tatsächlich an Attraktivität verlieren. Gerade wenn die Banken künftig mit mehr Eigenkapital arbeiten sollen als in der Vergangenheit, setzt das unter privatwirtschaftlichen Bedingungen ein Geschäftsmodell mit hohen Profitaussichten voraus. Also wieder: Risiko und Zockerei statt langweiliger Kleinkredite.
    Die Finanzoligarchie entmachten
    Das eigentliche Grundproblem sei, stellt der MIT-Professor und frühere IWF-Chefökonom Simon Johnson fest, »dass der Finanzsektor sehr wirkungsvoll die Regierung gefangen genommen hat«. Johnsons Schluss daraus lautet: »Eine Befreiung wird scheitern, wenn wir nicht die Finanzoligarchie zerschlagen, die alle grundlegenden Reformen verhindert.« 147 Diese Oligarchie ist aber nur zu entmachten, wenn man ihr die Möglichkeit nimmt, über einen essentiellen Bereich der Volkswirtschaft als ihr Privateigentum zu verfügen. Der vernünftige Schluss aus den Fehlentwicklungen der letzten Jahre und Jahrzehnte sowie aus der Finanzkrise kann also nur lauten:
     
    Auch die private Säule des deutschen Finanzsektors gehört in öffentliche Hand. Und da Versicherungsleistungen ähnlich elementar wie Bankdienste sind, gilt das nicht nur für die privaten Banken, sondern auch für die Versicherungen.
     
    Die Frage von Entschädigungen stellt sich in diesem Falle

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