Freiheit statt Kapitalismus
sich in der Vergangenheit gezeigt hat, durchaus in der Lage, Gewinne zu erwirtschaften, nur eben keine grandiosen Renditen. Und es würde es immerhin sehr unwahrscheinlich machen, dass die öffentliche Hand jemals wieder Milliardenverluste übernehmen muss. Insofern spricht alles dafür, die Staatshaftung für die Landesbanken auch formal wiederherzustellen. Zumal die Finanzkrise deutlich zeigt, dass der Staat am Ende ohnehin haftet und die Frage nur darin besteht, wofür: für Schrottpapiere und aberwitzige Finanzwetten oder für vernünftige Finanzierungen im Interesse der Allgemeinheit.
Nur mit gesunden Landesbanken kann die öffentlich-rechtliche Säule ein stabiler Träger im Finanzgebäude sein. Auch die Sparkassenbrauchen natürlich klare Rahmenbedingungen, die sie auf gemeinwohlorientiertes statt renditefixiertes Wirtschaften und eine gemeinnützige Gewinnverwendung festlegen. In vielen Sparkassengesetzen ist das nach wie vor verankert, in einigen wurde es aufgeweicht. Dessen ungeachtet haben Sparkassen wie Genossenschaftsbanken seit Jahren ein im Großen und Ganzen vernünftiges Geschäftsmodell verfolgt und sich auf die Aufgaben konzentriert, die Aufgaben des Finanzsektors sein sollten: das Angebot sicherer Anlagemöglichkeiten für die Ersparnisse der Kleinsparer und die Vergabe von Krediten an Unternehmen und Häuslebauer. Die Sparkassen sind insofern auch der Beleg, dass öffentliches Eigentum im Bankenbereich, sofern es mit klaren gesetzlichen Regeln einhergeht, zu deutlich vernünftigeren Ergebnissen führt als Geschäftsmodelle, die auf Superrendite setzen.
System institutionalisierter Haftungsfreiheit
Bleibt als dritte Säule des bisherigen deutschen Finanzsystems der Sektor der Privatbanken. Wir haben gezeigt, dass sowohl Commerzbank als auch Deutsche Bank, die beiden größten Player am deutschen Finanzplatz, ihre Fortexistenz den Milliarden verdanken, für die der Steuerzahler noch lange bluten wird, und dass sie ihre Geschäfte heute mit einer faktischen Staatshaftung im Rücken betreiben. Diese Situation ist nicht neu. In Finanzkrisen wurden private Banken immer wieder mit Steuergeld am Leben erhalten, ob in Japan, in den USA, in Schweden oder auch im Deutschland der beginnenden dreißiger Jahre.
Der internationale Bankgigant Citigroup wurde im Laufe der letzten 80 Jahre viermal von der amerikanischen Regierung gerettet: während der Weltwirtschaftskrise, nach Ausfällen mexikanischer Verbindlichkeiten Anfang der achtziger, nach dem Einbruch des gewerblichen Immobiliensektors zehn Jahre später und schließlich in der jüngsten Finanzkrise. Auch Goldman Sachs trug zum Entstehen immer neuer Spekulationsblasen bei, nach deren Platzen das noble Haus allein in den zurückliegenden Jahrzehnten direkt und indirekt mehr als 60 Milliarden Dollar an staatlichen Hilfen kassierte. 144 Sind die Unbilden überstanden und der Staat um einige Milliarden ärmer, geht alles weiter wie zuvor. Während jede Versicherung dem Sicherungsnehmer bestimmteVorschriften macht, etwa die Feuerversicherung die Einhaltung bestimmter Brandschutzvorschriften und das Installieren von Feuerlöschern verlangt, erhalten die Banken die staatliche Rückversicherung kostenlos und auflagenfrei.
Das private Bankensystem ist somit ein System institutionalisierter Haftungsfreiheit und Verlustsozialisierung bei gleichzeitiger Gewinnprivatisierung. Dass ein solches System nicht funktionieren kann, sollte klar sein. Aus dem bestehenden Dilemma gibt es zwei mögliche Auswege. Man kann versuchen, die Grundsätze der Marktwirtschaft auch im Finanzsektor zur Durchsetzung zu bringen, also die Staatshaftung aufheben und die Banken ihrem Schicksal überlassen, wenn sie sich an risikoreichen Engagements überhoben haben. Oder man kann die Staatshaftung eigentumsrechtlich komplettieren: durch Verstaatlichung der Banken, wodurch dann wenigstens auch die Gewinne auf den Steuerzahler übergehen und er ein Mitspracherecht im Hinblick auf die Geschäftspolitik erhält.
Marktwirtschaft im Finanzsektor?
Eine ganze Reihe Ökonomen vertritt erstere Lösung und hat sich mit diesem Argument auch gegen die unzähligen Bankenrettungspakete gewandt. Aber ist dieser Weg überhaupt gangbar? Immerhin sind Zusammenbrüche großer Bankhäuser in der Regel mit immensen Folgeschäden für die gesamte Volkswirtschaft verbunden. Zumal eine Bank nie allein stürzt. Fast immer lösen Bankpleiten eine Kettenreaktion aus. Hätten die europäischen Staaten nicht
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