Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Freiheit statt Kapitalismus

Freiheit statt Kapitalismus

Titel: Freiheit statt Kapitalismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sahra Wagenknecht
Vom Netzwerk:
für die Erzeugerkapazitäten der Energiekonzerne und überhaupt für die meisten Bereiche der privatisierten Grundversorgung. Denn nahezu überall werden ja »Monopolrenditen« erwirtschaftet. In manchen Bereichen würden vermutlich schon Mindestlöhne, eine generelle Universaldienstverpflichtung für alle Anbieter oder hohe Investitionsauflagen die privaten Renditeritter zum freiwilligen Rückzug bringen. Wird beim Thema Rücknahme der Privatisierungspolitik vor allem über die Kosten geredet, ist das ein Vorwand. Eingebettet in entsprechende Gesetze, wäre die Rückverstaatlichung für die öffentliche Hand sehr viel billiger als die fortgesetzte Abzocke von Bürgern und Staat durch private Anbieter.
    Ein neues Geschäftsmodell
    Verantwortlich für die Erbringung der Leistungen sollte jeweils die öffentliche Ebene sein, auf der sie am besten demokratisch kontrolliert werden können. Stadtwerke, Müllentsorgung, Wohnungen, Krankenhäuser und Nahverkehr sollten ihren Platz wie früher in der Kommune oder in interkommunalen Verbünden haben. Post, Telekommunikation, Eisenbahn und Energienetze beim Bund. Bildung bei Ländern und Bund.
    Natürlich löst die Rückübertragung des Eigentums an die öffentliche Hand allein das Problem nicht. Es geht vor allem um ein anderes Geschäftsmodell, das Gemeinwohl vor Gewinn setzt. Gemeinwohlheißt: Leistungen für alle zu moderaten Preisen, abgesichert durch Sozialtarife für Geringverdiener. Gemeinwohl heißt aber auch: Umweltgesichtspunkte sind wichtiger als Rentabilität, Nah- und Fernverkehr müssen vor allem attraktiv sein und sich nicht unbedingt rechnen. Die Energieerzeugung muss den Übergang zu erneuerbaren Energieträgern umsetzen, statt den Atomausstieg weiter hinauszuzögern.
    Ein neues Geschäftsmodell durchzusetzen schließt ein, nicht nur die Privatisierungen zurückzunehmen, sondern auch die fatale Kommerzialisierung jener Bereiche der Grundversorgung, die noch in öffentlichem Eigentum sind, aber heute ähnlich geführt werden wie private Unternehmen. Niemand braucht einen »integrierten Logistikkonzern« mit über 500 Tochterfirmen, darunter Spediteure und Luftfrachtunternehmen, der vor lauter Geschäftigkeit vergisst, Gleise und Züge so zu warten, dass der Fahrgast auch bei Hitze und Schnee sein Ziel erreicht. Die Bahn hat sich um den Schienenverkehr zu kümmern, um Personen und Fracht und sonst um nichts. Und zwar in dem Land, in dem sie ansässig ist, allenfalls noch im grenzüberschreitenden Verkehr. Aber nicht in fernen Ländern oder gar auf anderen Kontinenten. Es spricht viel dafür, dass eine Bahn, die sich darauf konzentriert, die Menschen und Frachtgüter durch attraktive Angebote von der Straße zu holen, nicht kostendeckend arbeiten kann. Zum Ausgleich würden andere Bereiche wie Post und Telekom auch bei Rückkehr zu vernünftigen Löhnen, Sozialtarifen und bei Wiederherstellung eines ordentlichen Postfilialnetzes sehr wahrscheinlich – wie in der Vergangenheit – Überschüsse erwirtschaften.
    Ebenso stünde im Bereich der Stadtwerke nicht nur die Rekommunalisierung der Gesamtpalette der Leistungen, sondern auch die Rückkehr zu einem auf die Versorgung der jeweiligen Region konzentrierten Geschäftsmodell auf der Tagesordnung. Es ist nicht Aufgabe von Stadtwerken, sich internationale Beteiligungen als Renditebringer ins Portefeuille zu holen. Auch das war und ist bereits Ausdruck einer Kommerzialisierungsstrategie, bei der der öffentliche Auftrag trotz öffentlichem Eigentum unter die Räder kommen muss.
    Gesetzlich verankerter Auftrag und demokratische Kontrolle
    Die sozialen und ökologischen Verpflichtungen eines gemeinnützigen Geschäftsmodells müssen gesetzlich festgeschrieben, ihre Einhaltung demokratisch kontrolliert werden. Das ist im Falle öffentlicher Anbieter deutlich leichter als im Falle privater, weil der Kontrolleur öffentlicher Betriebe zugleich der Eigentümer ist. Die öffentliche Hoheit über die Grundversorgung der Bürger ist ein erster Schritt zur Wiederherstellung echter Demokratie. Kommunalvertreter bekommen endlich wieder Gestaltungsmacht. Sie können die Entwicklung der Mieten ebenso beeinflussen wie die Wasserpreise. Und sie sind bei Fehlentwicklungen – etwa unverhältnismäßigen Preiserhöhungen – haftbar zu machen. Das Gleiche gilt auf Bundesebene.
    Eine öffentliche Grundversorgung der Bürger mit den wichtigsten Leistungen für Lebensqualität ist per se noch keine Garantie zur Lösung aller Probleme.

Weitere Kostenlose Bücher