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Freiheit statt Kapitalismus

Freiheit statt Kapitalismus

Titel: Freiheit statt Kapitalismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sahra Wagenknecht
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Buch ein von Lippmann arrangiertes Treffen mit diversen Hedge-Fonds-Managern, in dessen Verlauf er diese überzeugte, gegen die von der Deutschen Bank kreierten Hypothekenpapiere zu wetten. Die Deutsche Bank wollte an diesen Deals als Vermittler zwischen der Long- und der Short-Seite verdienen, also zwischen denen, die die Papiere gutgläubig kauften, und jenen, die daran verdienen wollten, dass sie sich als wertlos erwiesen. Da die Papiere so konstruiert waren, dass Letzteres relativ offensichtlich war, fragte einer der Hedge-Fonds-Manager Lippmann ungläubig:
     
    »Who is the idiot on the other side? – Wer ist der Idiot auf der anderen Seite?« Die Antwort von Greg Lippmann, die uns für alle Zeit für Josef Ackermanns Finanzhaus einnehmen sollte, lautete: »Düsseldorf. Stupid Germans. They take rating agencies seriously. They believe in the rules. – Düsseldorf. Dumme Deutsche. Die nehmen Rating-Agenturen noch ernst. Sie glauben an die Regeln.« 37 Einer der teilnehmenden Investoren resümierte nach diesem Treffen: »However corrupt you think this industry is, it’s worse. Für wie korrupt immer man diese Industrie hält – es ist schlimmer.« 38
     
    Wer waren die »dummen Deutschen« aus Düsseldorf? In der schönen Rheinmetropole hatten die IKB und die WestLB ihren Sitz. Es spricht vieles dafür, dass beide Großabnehmer der von den Deutschbankern konstruierten Papiere waren. Mehrere Deals der IKB mit den Deutschbankern sind belegbar. Dass die Deutsche Bank freudig auf den Wertverlust von Papieren wettete, die sie zeitgleich der IKB aufschwatzte, kommentiert Ackermann heute zynisch: »Es stimmt, wir hatten zeitweise eine andere Marktauffassung als die IKB.« 39 Die Deutsche Bank verkaufte der IKB allerdings nicht nur ihren Finanzmüll, sondern war gleichzeitig Treuhänder bei der Administration des berüchtigten Rhineland-Funding-Conduits, dem sie auch die Kreditlinien bereitstellte, ohne die die IKB die toxischen Papiere nicht hätte erwerben können.
    Ackermann killt die IKB
    Der Tragödie letzter Teil bestand darin, dass die Deutsche Bank den Zusammenbruch der IKB auslöste, indem sie ihr ebendiese Kreditlinie sperrte und den Präsidenten der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Jochen Sanio, telefonisch informierte, dass die kleine Bank bald zahlungsunfähig werden würde und überaus zweifelhaftes Zeug in ihren Zweckgesellschaften habe. Gerüchten zufolge soll die Deutsche Bank noch schnell ein Päckchen IKB-Aktien leerverkauft haben, bevor Ackermanns Anruf bei Herrn Sanio selbige auf Talfahrt schickte, womit sie noch ein letztes Mal am IKB-Desaster verdiente.
    Der renommierte Wirtschaftsstrafrechtler Walter Perron meint mit Blick auf diese traurige Geschichte: »Das Verhalten von Mitarbeitern der Deutschen Bank gegenüber der IKB kann den Straftatbestand des Betruges verwirklichen.« 40 Perron ist C4-Professor in Freiburg und hat einen Standardkommentar zum Strafgesetzbuch mitverfasst, unter anderem zu Untreue und Betrug. Auch Axel Boetticher, ehemals Richter am Bundesgerichtshof, forderte 2008 eine strafrechtliche Untersuchung der Vorgänge um den Zusammenbruch der IKB. Gleiches sollte eigentlich auch für die meisten Landesbanken gelten, denen von diversen Investmentbanken – und gewiss immer auch von der Deutschen – Schrottpapiere in Milliardenumfang angedreht wurden. Papiere, von deren Wertlosigkeit die Verkäufer oft so überzeugt waren, dass sie mit hohen Summen auf den Einbruch wetteten. Keine der beteiligten Banken wurde dafür bisher in Deutschland rechtlich oder finanziell zur Verantwortung gezogen.
    Macht statt Markt
    Tatsächlich gibt es kaum einen Markt, der so wenig mit dem zu tun hat, was man normalerweise unter »Markt« versteht, wie der heutige globale Finanzmarkt. Für die ökonomische Theorie ist ein Markt ein Ort, an dem viele Leute irgendwelche Dinge anbieten und wieder andere Leute diese Dinge nachfragen, wodurch sich bestimmte Preise bilden. Die Preise haben dann Rückwirkungen auf die Produktion und das Angebot. Eine Grundbedingung dafür, dass ein Markt funktioniert, besteht darin, dass kein Akteur – kein Anbieter und auch kein Nachfrager – sogroß sein darf, dass er den Preis eines Gutes oder die Menge, in der es sich auf dem Markt befindet, nach Lust und Laune bestimmen kann. Genau das aber ist auf den heutigen Finanzmärkten der Fall. Fast alles wird von ganz wenigen Akteuren bestimmt.
    Das globale Investmentbanking wird von einem Oligopol

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